Ludwigshafen. Er hat fünf Geschosse, ein Walmdach mit Ziegeleindeckung und bis zu zwei Meter dicke Wände aus Stahlbeton. Im Hochbunker am Oggersheimer Bahnhof fanden im Zweiten Weltkrieg Mitarbeiter der Bahn, Soldaten und Zivilisten Schutz. Mittlerweile steht das Bauwerk in der Prälat-Caire-Straße seit einigen Jahren leer. Die Deutsche Bahn als Eigentümerin hat keine Verwendung mehr dafür, wie eine Sprecherin auf Anfrage sagt. Und deshalb kommt der Bunker jetzt bei einer Auktion unter den Hammer. Es ist das zweite Mal, dass ein Ludwigshafener Schutzbau auf diese Weise den Besitzer wechselt.
Wie bereits im Sommer 2019, als ein Bunker zwischen Bismarckstraße und Ludwigsplatz für 29 100 Euro erworben wurde, wird das Gebäude auch diesmal vom Berliner Auktionshaus Karhausen versteigert, das für seine außergewöhnlichen Objekte bekannt ist. Mit einer Nutzfläche von rund 256 Quadratmetern plus 36 Quadratmeter Kellergeschoss wird der Bunker in der Anzeige angegeben. „Zentrales Treppenhaus, einfache und zweckgebundene Ausstattung und vereinzelt alte Einrichtungsgegenstände“, steht weiter in der Beschreibung. Lage direkt am S-Bahnhof Oggersheim, gegenüber Wohnbebauung.
Bereits mehr als 200 Anfragen
Matthias Knake, Vorstand der Karhausen AG, sieht in dem Bunker viel Potenzial. „Die Nachfrage ist groß. Wir haben bereits jetzt mehr als 200 Anfragen“, berichtet er im Gespräch mit dieser Redaktion. Bei einer Besichtigung im Vorfeld der Auktion seien mehr als 30 Interessierte dabeigewesen. Für die Versteigerung rechnet Knake daher mit hoher Beteiligung. „Das Mindestangebot liegt bei 17 500 Euro. Ob er dann letztlich für 30 000, 50 000 oder sogar 100 000 Euro weggeht, ist ganz schwer einzuschätzen“, so der Auktionator.
In Bezug auf die Nutzung der Immobilie sei im Grunde „das volle Programm“ denkbar, wie Knake sagt. Das reiche von Lagerflächen über Probenräume bis hin zu Erlebnisangeboten wie Lasertag oder ähnlichem. „Noch einmal eine Stufe drüber wäre eine gewerbliche Nutzung für Büros oder sogar eine Wohnnutzung“, sagt er. In diesem Fall müsste aber eine Menge Geld in die Hand genommen werden, etwa um Fenster in die dicken Stahlbeton-Wände zu schneiden. Zudem ist das Gebäude denkmalgeschützt, was weitere Auflagen mit sich bringt.
Beim Kauf zu beachten sei zudem, dass die besonderen Bedingungen der Deutschen Bahn AG gelten. Dabei gehe es etwa um zu akzeptierenden Lärm, Wegerechte und Leitungen. Der Zustand des Bunkers sei zudem insgesamt „sanierungsbedürftig“, wie aus der Anzeige hervorgeht. Von „Feuchtigkeitsschäden, Salpeterausblühungen, Verunreinigungen und tierischem Befall“ ist dort zu lesen.
Einer der sich aus der Nähe davon überzeugen konnte, ist Klaus-Jürgen Becker. Der Mitbegründer des Arbeitskreises Bunkermuseum Ludwigshafen e.V. und stellvertretende Leiter des Stadtarchivs hat an der Besichtigung teilgenommen. Er wollte sich ein Bild davon machen, ob das vom Arbeitskreis lange gehegte Ziel, in Ludwigshafen ein Bunkermuseum einzurichten, in Oggersheim möglich wäre. Vor Ort sei er etwas geschockt gewesen, berichtet er im Gespräch. „Der Bunker ist zwar in einem guten Zustand. Aber weil jemand die Kippfenster hat offen stehen lassen, gibt es einen unkontrollierten Taubenbefall. Auf gut Deutsch gesagt ist alles komplett zugeschissen“, sagt Becker. „Für eine Reinigung sind sehr hohe Kosten zu erwarten, ich habe mich schon mal etwas schlau gemacht.“
500 Menschen fanden Schutz
Becker bedauert den sorglosen Umgang mit dem Bauwerk. „Es ist ein tolles Gebäude. Wer es kauft, der bekommt einen tollen Bunker mit wirklich viel Potenzial“, schwärmt er. Für ihn und den Verein wären die hohen Folgekosten jedoch keinesfalls zu stemmen.
Nach Angaben des Historikers handelt es sich bei dem Gebäude um einen „klassischen Bunker der Deutschen Reichsbahn“. Er sei im Jahr 1942 in der zweiten Bunkerbau-Welle erreichtet worden. Während die zwischen 1940 und 1941 gebauten Bunker noch Wohnzwecken dienten und kunstvoller gestaltete Fassaden hatten, hätten die der zweiten Welle reine Schutzzwecke erfüllt. Später folgte noch eine dritte Welle, so Becker. Der Oggersheimer Bunker sei verhältnismäßig klein, da auch der Bahnhof recht klein war. „Dicht gedrängt fanden hier etwa 500 Menschen Schutz“, sagt der Experte. Bestimmt war er in erster Linie für Bahnarbeiter und reisende Soldaten. „Doch auch Arbeiter von den umliegenden Äckern steuerten den Bunker bei Luftangriffen an.“
Insgesamt 46 Bunker gibt es in Ludwigshafen, teilweise mit kreativer Nutzung. So haben Bernd und Anika Albert mit dem „kulTurm“ in der Rollesstraße einen Ort für Veranstaltungen und Gastronomie geschaffen. Und die BASF hat einen Bunker in der Karl-Müller-Straße als Sockel für ihr „Creaton Center“ genutzt. Was mit dem Bunker in Oggersheim passiert - auch Becker wird es mit Spannung verfolgen.
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