Im November 1973 hob Christoph 5 zu seinem ersten Einsatz an der damals gerade mal fünf Jahre jungen Berufsgenossenschaftlichen (BG) Klinik in Ludwigshafen-Oggersheim ab. Statt signalgelb war der Rettungshubschrauber damals feuerrot. In Dienst gestellt wurde er vom Bundesinnenministerium für die zivile Luftrettung. Unterstellt war er dem Bundesgrenzschutz. Am Wochenende wird das Jubiläum gefeiert - gemeinsam mit dem 55. Geburtstag der BG Klinik: am Freitag mit einem Festakt und am Samstag mit einem Tag der offenen Tür. Christoph 5 war, wie die Nummerierung schon verrät, einer der ersten Rettungshubschrauber überhaupt in Deutschland. Christoph heißen sie übrigens alle, benannt nach dem Schutzpatron der Reisenden. „Es ging darum, die Regionen in Deutschland möglichst schnell abzudecken“ erläutert Paul-Alfred Grützner, Ärztlicher Direktor der BG Klinik, im Gespräch mit dieser Redaktion. Nach München, Frankfurt, Köln und Hannover war Ludwigshafen und damit der Rhein-Neckar-Raum das fünfte Gebiet, das einen Rettungshubschrauber zugeordnet bekam. Prominenter Gast der Übergabefeierlichkeiten am 16. November 1973 war der damalige Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher. Und schon damals sprach beim Termin auch ADAC-Präsident Franz Stadler, obwohl Christoph 5 erst im Jahr 2006 offiziell Teil der ADAC Luftrettung wurde.
Tag der offenen Tür
- Die BG Klinik feiert den 50. Geburtstag der Rettungshubschrauberstation und den 55. Geburtstag der Klinik am Samstag mit einem Tag der offenen Tür.
- Am Hubschrauber-Hangar können Christoph 5 und weitere Fahrzeuge aus dem Rettungsdienst besichtigt werden.
- Die BASF Werkfeuerwehr und Berufsfeuerwehr Ludwigshafen sind auch vor Ort.
- Besucher können sich in der BG Klinik selbst an OP-Instrumenten ausprobieren.
- Der Tag der offenen Tür findet am 30. September von 11 bis 16 Uhr statt.
Viel mehr Unfälle damals
„Die Hubschrauber haben damals das Rettungswesen revolutioniert“, sagt Grützner, der selbst neun Jahre lang als Notarzt geflogen ist. Es seien damals viel mehr und vor allem viel schwerere Unfälle passiert als heute. Der Straßenverkehr war damals - statistisch belegbar - deutlich gefährlicher. „Die Gurtpflicht war ja noch nicht eingeführt. Es gab unwahrscheinlich viele Kopf-, Augen- und Gesichtsverletzungen, weil die Unfallopfer beim Zusammenprall gegen die Windschutzscheiben geflogen sind“, erläutert der Professor. Überhaupt gebe es heute gerade mal fünf Prozent der tödlichen Unfälle, verglichen mit den Unfallzahlen des Jahres 1973. Mit den Hubschraubern ging auch eine deutliche Steigerung der Qualifikation des Rettungspersonals einher. Damals wie heute bekommen die Besatzungen der Rettungshubschrauber nämlich vor allem schwerste Verletzungen zu sehen. Deshalb müssen die Besatzungen aus Pilot, Notfallsanitäter und Notarzt sich blind verstehen. Da muss jeder Handgriff sitzen. „Denn Zeit ist in der Traumaversorgung einer der kritischsten Faktoren überhaupt“, weiß Grützner.
Erste Stunde entscheidet
Die Notfallmedizin kennt die „goldene Stunde der Traumatherapie“ („golden hour of shock“) Das bedeutet, dass ein Patient die besten Überlebenschancen hat, wenn er binnen einer Stunde nach dem Unfall im Krankenhaus versorgt wird. Dann müssen die schwersten Verletzungen beherrscht und die Blutungen gestillt sein.
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Nicht zuletzt deshalb ist es ein überschaubar großes Personal, das die Einsätze fliegt: 15 Ärzte der BG Klinik mit entsprechend großer Notfallerfahrung, dazu hoch qualifizierte Notfallsanitäter des DRK Vorderpfalz und Piloten der ADAC-Luftrettung. Eine Fluktuation der Teams gibt es kaum. Die Besatzungen sind ganz besondere Charaktere. „Erfahrene Notfallsanitäter sind wie eine Lebensversicherung“, betont der Ärztliche Direktor. Und die Piloten seien extrem gut ausgebildet, müssten mit unzähligen Unwägbarkeiten, Stromleitungen und mitunter schwierigem Gelände an den Einsatzorten zurechtkommen. Grützner schwärmt: „Die Qualität der Mannschaft ist sensationell.“
Aktuell fliegt Christoph 5 rund 1600 bis 1700 Einsätze pro Jahr. Mittlerweile sind weniger als die Hälfte schwere Unfälle der Grund. Der größere Teil der Patienten hat einen medizinischen Notfall, einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt. Auch in solchen Fälle kommt es auf Schnelligkeit und Qualität der Versorgung an. Die Patienten müssen schnellstmöglich dorthin gebracht werden, wo sie optimal versorgt werden können. Es sei wichtig und richtig, medizinisch hoch spezialisierte Schwerpunktzentren zu bilden, unterstützt Grützner durchaus aktuelle gesundheitspolitische Pläne.
Vor fünf Jahren bekam Christoph 5 eine neue Rettungshubschrauberstation. Die alte sollte abgerissen werden. Doch dann kam Corona - und Christoph 5 bekam Verstärkung von Christoph 112. Diese fliegende Intensivstation, die schwerstkranke Covid-Patienten bundesweit in andere Krankenhäuser verlegte, nutzte die alte Station. Doch mittlerweile ist Christoph 5 wieder allein in Ludwigshafen - und trotzdem kaum dort anzutreffen. Denn die Maschine - aktuell ist ein Airbus EC135/H135 im Einsatz -hebt vier bis fünf Mal pro Tag ab. Um Menschenleben zu retten.
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