Ludwigshafen. Ob Helmut Kohl als Kind wohl mit dem Rad zur Schule gefahren ist? Bei der Stadttour von Helmut van der Buchholz jedenfalls ist die Gruppe in Ludwigshafen auf den Spuren des Politikers unterwegs und legt die wenigen Hundert Meter vom Max-Planck-Gymnasium bis zur Hohenzollernstraße mit dem Rad zurück.
An diesem Ort im Stadtzentrum startet die Radtour
Aber von vorne. Die elf Kilometer lange Tour startet nicht in Friesenheim an Kohls Elternhaus, sondern in der Innenstadt. Auf dem Weg zum Startpunkt rollen die Reifen über locker gewordene Pflastersteine, Zigarettenstummel und versuchen, auf dem Boden klebenden Kaugummis auszuweichen.
Alle, die an diesem Abend unterwegs sind, scheinen das gleiche Ziel anzufahren: den Bürgerhof. Bei strahlendem Sonnenschein stehen dort vor dem Eingang des Parkhauses viele Fahrräder: ein Buntes mit rot lackiertem Rahmen und einer Klingel, auf der ein blauer Dino aufgedruckt ist, aber auch E-Bikes mit metallisch glänzenden Rahmen.
Auffällig farbenfroh ist auch das pinke T-Shirt von Tour-Guide van der Buchholz, der sich riesig über die vielen Teilnehmer und Teilnehmerinnen freut. Später wird er verraten: „Das war die Tour, die in diesem Jahr bisher am besten besucht war.“
Was Sauna-Besuche im Hallenbad mit dem Kanzler zu tun haben
Bekannt geworden ist der Mann mit dem zerzausten Haaren durch „Germany’s Ugliest City Tours“. Der Name der alternativen Stadtführungen greift das Klischee Ludwigshafens auf, angeblich die hässlichste Stadt in Deutschland zu sein. „Dass Helmut Kohl hier gelebt hat, macht Ludwigshafen weder schöner noch hässlicher“, sagt van der Buchholz und lacht.
Dass er dem Altkanzler eine eigene Tour in seinem Programm widmet, hängt nicht nur damit zusammen, dass Kohl gebürtiger Friesenheimer ist. Der Politiker passt laut van der Buchholz nämlich auch perfekt in die Reihe „Die sieben Weltwunder von Ludwigshafen“. „Denkt man an die sieben Weltwunder, denkt man auch an die Statue des Koloss von Rhodos. Und unser Koloss ist eben Helmut Kohl.“
Den Vergleich mit dem Koloss könnte manch einer wohl auch wörtlich verstehen. Denn im Hallenbad Nord soll der Altkanzler laut van der Buchholz eine eigene Waage gehabt haben. Nach einem Sauna-Aufenthalt, nur bedeckt mit einem Handtuch, soll Kohl auf der Waage offenbar überprüft haben, ob beim Schwitzen auch ein paar Gramm von den Hüften geschmolzen sind.
Aus welchem Stadtteil kommt Helmut Kohl gebürtig?
Ohnehin erfährt die Gruppe viel über Kohls Leben in Ludwigshafen. „Das Geburtshaus kannte ich noch nicht“, erzählt die Ludwigshafenerin Ulla Jakob - und das, obwohl sie während der Tour einige zusätzliche Information parat hat. Etwa als die Gruppe vor der Wallfahrtskirche in Oggersheim steht. Nebenan in der Festhalle sei Kohl zum Wählen gegangen. Van der Buchholz berichtet wiederum, dass der Politiker vor allem an Weihnachten den Gottesdienst in der Kirche besucht habe.
Nicht weit entfernt in der Gemeindekirche in Friesenheim habe Kohl geheiratet. Denn bevor er nach Oggersheim gezogen ist, lebte die Familie in Friesenheim. Für viele ist dieser Fakt besonders erstaunlich, nehmen doch die meisten an, Kohl sei gebürtig aus dem Stadtteil Oggersheim. Ebenso überraschend ist, dass es am Geburtshaus in der Hohenzollernstraße kein Schild gibt, dass Kohl dort einst gewohnt hat.
Diese Gerüchte gibt es um einen Geldkoffer in der CDU-Zentrale
Nach dem Politiker benannt werden soll dafür die Helmut-Kohl-Allee, die bis 2023 anstelle der Hochstraße Nord entstehen soll. Noch ist davon aber nicht viel zu sehen. Während van der Buchholz von den Plänen für den Ausbau der Straße berichtet, rauschen hinter der Gruppe die Autos auf den Hochstraßen vorbei. Direkt hinter van der Buchholz schraubt sich das Rathaus-Center in den Himmel. „Manche wollen eine sechsspurige Straße, andere finden das zu überdimensional und wollen, dass es nicht nur um Autos geht.“
An anderen Bauvorhaben war Kohl seinerzeit politisch beteiligt. Etwa, so bezeichnet es van der Buchholz, am Platz der Deutschen Einheit als „Lebenswerk des Altkanzlers“. Unweit von diesem Platz entfernt, nämlich in der CDU-Zentrale in der Benckiserstraße, wurden Pläne dieser Art politisch besprochen. Viel spannender als Politik findet die Gruppe aber den Fakt, dass dort im Keller große Mengen Geld aufgebewahrt worden sein sollen. Ein Teilnehmer erzähl, dass er das Gerücht gehört habe, dass dort 100 000 DM in einem Koffer lagerten und irgendwann ihren Weg in die ehemalige Hauptstadt Bonn gefunden hätten, wo Kohl im Kanzleramt entscheidende Gespräche für die deutsche Wiedervereinigung führte.
Wieso Wachmänner eine Straße in Oggersheim kontrollieren
Staatsgäste empfing der Altkanzler aber auch in Ludwigshafen. Von der Doppelhaushälfte in seinem Elternhaus in Friesenheim zog es den Altkanzler in ein nobleres Viertel in Oggersheim. „Wenn man hier ein paar Mal mit dem Rad vorbeigefahren ist, kamen schon mal ein paar Männer aus dem Wachhaus neben an und haben geschaut, was hier so los ist und ob von uns eine Gefahr ausgeht“, erzählt van der Buchholz.
Direkt vor dem riesigen Wohnhaus in der Marbacher Straße machen auch die meisten Fotos. Viel zu sehen ist nicht, da die meisten Fenster nicht zur Straße ausgerichtet sind. Einzig der Schriftzug auf dem Briefkasten verrät, welche Familie hier wohnte. Trotz seines Todes steht der Vorname des Altkanzlers noch immer auf dem Briefkasten.
Aus diesen Städten sind zwei Männer extra für die Tour in die Pfalz gekommen
Noch etwas fällt auf: Je weiter sich die Gruppe von der Innenstadt entfernt, desto grüner wird es und desto besser sind die Radwege. „Und auf der Fahrt hierher haben wir viel von der Stadt gesehen“, sagen Daniela Amgarten und Frank Mowak, die schon öfter bei einer Tour dabei waren. „Es ist cool, zu erfahren, wo sich das Leben von Kohl abgespielt hat“, sagen Markus Filbert und Marco Gulino. Die beiden sind extra aus Hanau und Darmstadt zur Tour gekommen. In Ludwigshafen waren sie zwar schon zu Besuch, dennoch fragen sie sich am Ende der Tour: „Wo geht es hier eigentlich zum Oggersheimer Bahnhof?“ Helmut Kohl kannte den Weg dorthin bestimmt ziemlich gut - und vielleicht sogar die Route zur Brauerei. Denn dorthin geht es für einen Teil der Gruppe im Anschluss an die Tour.
Infos zu den Touren gibt es hier.
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