Ludwigshafen. Ob es das letzte Stück des wöchentlichen Brots ist, das zu Stein gewordene Brötchen vom Vorabend oder das übrig gebliebene Schokocroissant vom Familienbesuch am Wochenende - regelmäßig landen in deutschen Haushalten Backwaren im Mülleimer. Um für dieses Problem zu sensibilisieren und die Wertschätzung für Brot und Co. zu steigern, hat die Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen (HWGLU) in Zusammenarbeit mit der Bäckerei Görtz das Projekt „BrotWert“ gestartet.
Mit gezielter Verbraucherkommunikation - analog wie digital - sollen Bäckereikundinnen und -kunden dabei angesprochen werden, wie der Projektverantwortliche Philipp Tachkov von der HWGLU im Gespräch mit dieser Redaktion berichtet. „Es handelt sich um ein Thema, das fast jeden angeht und eine allgemeine Relevanz hat“, stellt der Diplom-Kaufmann fest. Im Kontext der Lebensmittelverschwendung würden Backwaren einen „signifikanten Anteil“ ausmachen, sagt er.
„Mit unserem Projekt wollen wir zu mehr Wertschätzung für die Produkte beitragen und dazu, dass letztlich weniger weggeworfen und mehr verbraucht wird“, erläutert er. „BrotWert“ läuft seit Ende 2022 und hat im laufenden Jahr so richtig Fahrt aufgenommen. Bis Spätsommer 2024 soll es abgeschlossen sein.
Umfrage mit 600 Teilnehmern
Die erste wesentliche Projektphase sei laut Tachkov eine Umfrage unter Bäckereikunden gewesen. Rund 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beteiligten sich an der Erhebung, in der unter anderem Fragen zum Einkaufsverhalten, dem Umgang mit Backwaren im Haushalt, Lagerung und letztlich auch Entsorgung gestellt wurden. Daneben wurden die Verbraucher auch gefragt, welche Themen sie in diesem Zusammenhang besonders interessieren und wo sie sich vielleicht Hilfestellungen wünschen.
Erste Ergebnisse aus der Umfrage liegen bereits vor. So haben 66 Prozent der Befragten angegeben, manchmal oder sogar regelmäßig Reste von Brot oder Backwaren wegzuwerfen. Die naheliegenden Gründe dafür sind in der Regel, dass Brot falsch gelagert (rund 70 Prozent), schlicht zu viel gekauft oder weniger als gedacht verbraucht wurde. Eine Erkenntnis ist laut Tachkov, dass bei Familien mit Kindern mehr Brot-Reste wegfliegen als bei anderen Gruppen. Das sei plausibel, da der Verzehr von Kindern schwerer abzuschätzen sei, Pausenbrote nicht gegessen würden und ähnliches. „BrotWert“ soll deshalb auch gezielt diese Gruppe adressieren, so der Projektverantwortliche.
Vor allem jüngere wollen Tipps
63 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher gaben in der Umfrage zudem an, dass sie gerne besser zur optimalen Lagerung oder Haltbarmachung von Backwaren informiert wären. Besonders ausgeprägt ist dieser Wunsch der Auswertung zufolge mit 72 Prozent bei der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen. Auch an allgemeinen Tipps gegen Lebensmittelverschwendung besteht in dieser Altersgruppe ein großes Interesse.
„Letztlich geht es bei dem Projekt auch darum, alte Erkenntnisse wieder mehr ins Bewusstsein zu bringen und darüber zu sprechen“, sagt Peter Görtz, Geschäftsführer des Ludwigshafener Unternehmens und nimmt damit auf die Zahlen der jüngsten befragten Altersgruppe Bezug. „Manche Dinge, die die Großeltern noch selbstverständlich wussten, sind heute vielleicht nicht mehr so bekannt.“ Dabei gehe es jedoch keinesfalls darum, zu belehren. „Wir wollen aufklären“, betont er.
Alles stehe unter dem großen Schlagwort „Wertschätzung“. „Wir als Bäckerei haben natürlich auch ein Interesse daran, dass bewusst eingekauft wird. Das liegt uns allen am Herzen“, sagt Görtz. Er hat die Erfahrung gemacht, dass es für Kundinnen und Kunden insbesondere dann schwierig wird mit der Einschätzung, wenn größere Mengen gekauft werden. Doch auch ganz praktische Fragen zur Haltbarkeitsdauer und Verzehr würden die Menschen beschäftigen.
Viele Kanäle nutzen
Welche konkreten Ansatzpunkte sich daraus für das Projekt „BrotWert“ ergeben, wird jetzt zwischen Hochschule und Bäckerei Görtz abgestimmt. „Was wir genau machen wollen, wird Anfang des Jahres geklärt“, berichtet Philipp Tachkov. Ziel sei es, die Kunden auf mehreren Kanälen anzusprechen und zu informieren. „Wir wollen natürlich gerne die Filialen nutzen für Aktionen. Aber auch über die Webseite und die App von Görtz sowie über die sozialen Medien sollen Tipps und nützliche Infos für Verbraucher ausgespielt werden. „Da gibt es einen ganzen Strauß an Möglichkeiten.“
Nach der Anwendungsphase soll dann laut Tachkov eine Auswertung des gesamten Projektes stattfinden. Auch dafür ist wieder eine große Umfrage vorgesehen. „Wir wollen natürlich ermitteln, wie das Projekt bei den Leuten ankam und was den Menschen vielleicht besonders geholfen hat“, sagt er. Dass Bäcker Görtz als Praxispartner bei dem Projekt mit dabei ist, freut Tachkov und das Team von der Hochschule. „Aber natürlich ist ein verbesserter Kundenservice und der Nachhaltigkeitsaspekt auch für die Unternehmen von großem Interesse“, sagt er.
Mehr Infos im Internet: https://imi.hwg-lu.de/projekte
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