Handel

Was der Räumungsverkauf beim Ludwigshafener Modehaus Schad zu bedeuten hat

Seit 1888 ist das Traditionsgeschäft Schad in Ludwigshafen bekannt für seine Pelz- und Leder-Kollektionen. Jetzt findet ein kompletter Abverkauf von Pelzen und Fellen zu reduzierten Preisen statt. Das steckt dahinter

Von 
Julian Eistetter
Lesedauer: 
Geschäftsführer in vierter Generation: Andreas Schad vor einem der prägnanten Räumungsverkaufsplakate. © Christoph Blüthner

Ludwigshafen. Allzu viele hochwertige Einzelhandelsgeschäfte hat die Ludwigshafener Innenstadt nicht mehr zu bieten. Einer der wenigen verbliebenen Traditionsbetriebe mit Renommee ist Pelz-Schad in der Ludwigstraße. 1888 gegründet, wird „Christian Schad. Handwerk, Mode & Accessoires“ inzwischen in vierter Generation von Andreas Schad geführt. Doch wer derzeit an den Schaufenstern in der Fußgängerzone vorbeiläuft, dem fallen große „Räumungsverkauf“-Plakate ins Auge. Eine Schließung des Fachgeschäfts kündigen diese jedoch nicht an, wie der 63-jährige Inhaber auf Anfrage dieser Redaktion versichert.

Das Ehepaar Schad will nach mehr als 40 Jahren im Geschäft in Zukunft etwas kürzertreten

Gleichwohl wird es einen Einschnitt bei dem Spezialisten für Pelze und Lederwaren geben. Denn die Abteilung Pelze und Lammfell soll vollständig und dauerhaft geschlossen werden. Noch bis Anfang kommenden Jahres verkauft Schad die Lagerbestände daher zu deutlich vergünstigten Preisen ab.

„Ich bin seit mehr als 40 Jahren im Geschäft und hatte durchgehend Sechs-Tage-Wochen“, berichtet er im Gespräch. „Das ist einfach viel.“ Vergangenen Sommer hätten er und seine Frau Ulla, die als Angestellte im Laden arbeitet, die Öffnungszeiten vorübergehend verkürzt - freitags nur noch bis mittags und samstags gar nicht mehr geöffnet. „Da haben wir mal gemerkt, wie schön das ist. Wir wollen einfach etwas kürzertreten“, sagt Schad. Auch mit Blick auf die Gesundheit. „Wir machen aber nicht zu“, betont er. Das habe er auch schon vielen Kunden versichert, die besorgt nachgefragt hatten. „Drei oder vier Jahre machen wir auf jeden Fall noch weiter.“

Andreas Schad leitet den Familienbetrieb in vierter Generation. Seine Frau Ulla arbeitet als Angestellte im Laden.

© © Christoph Bluethner

Fürs Erste habe man sich nun entschlossen, sich von den reinen Winterartikeln zu trennen, also dem Lammfell- und Pelzsortiment. Ein wenig habe da mit Blick auf die Pelze auch der heutige Zeitgeist und das veränderte Konsumverhalten mit hineingespielt, räumt Schad ein. Denn für Kritiker sind Pelze überflüssige Luxusprodukte, die der alleinige Grund für das Töten von Tieren seien. So schreibt der Deutsche Tierschutzbund auf seiner Internetseite etwa, dass jährlich weltweit 21 Millionen Tiere wie Nerze, Füchse, Marderhunde, Chinchillas und Kaninchen für die Pelzindustrie sterben. „Pelze sind etwas in Verruf geraten“, fasst der Inhaber die Gemengelage zusammen.

Was der Inhaber als Hauptgrund für die Trennung von der Pelz- und Lammfell-Abteilung nennt

Der Hauptgrund sei das jedoch nicht. Vielmehr schlagen die großen Lagerbestände von Fellen und Pelzen auf den Geldbeutel. „Da hängen viele Teile, die wir vorfinanzieren müssen. Wir haben also Werte im Lager“, sagt Schad. Dass man diese nun um bis zu 50 Prozent reduziert abgebe, „treibt einem schon die Tränen in die Augen“, erklärt der 63-Jährige. „Aber sind wir mal ehrlich, mit 10 oder 15 Prozent Rabatt lockt man heute doch niemanden mehr hinter dem Ofen raus.“

Produkte aus reiner (gewalkter) Merino-Wolle wird es bei Schad in Ludwigshafen auch weiterhin geben. © © Christoph Bluethner

Bis mindestens Ende des Jahres soll der Abverkauf laufen, Stammkundinnen und -kunden seien zuerst informiert worden. Andreas und Ulla Schad empfehlen, in jedem Fall einen Termin zu vereinbaren. Denn die Frequenz im Geschäft habe durch die Aktion schon deutlich zugenommen. „Das ist schon deutlich mehr als normal“, sagt Schad, der auch den 6. Januar, der in Baden-Württemberg ein Feiertag ist, gerne mitnehmen möchte. „Der funktioniert als Einkaufstag in Rheinland-Pfalz traditionell gut.“

Das Traditionsgeschäft Schad wird definitiv nicht in Familienhand bleiben - die Nachfolge ist ungewiss

Ein weiterer Faktor, dass die Schads ihr Pensum langsam herunterfahren, ist, dass es bislang noch keine Nachfolgeregelung für das Traditionsgeschäft gibt. „Wir haben zwei erwachsene Söhne, die den Betrieb aber nicht übernehmen werden“, sagt Andreas Schad. In Familienhand wird das Modehaus also definitiv nicht bleiben. „Wir sind gewissermaßen die letzte Generation. Das war auch ein Grund für die Entscheidung.“

Trotz Schließung der Pelz-Abteilung: In der Werkstatt werden weiterhin Sonderanfertigungen gemacht

Weiter in Betrieb bleibt auf jeden Fall die Werkstatt des Fachgeschäfts. Dort werden auch künftig noch Sonderanfertigungen, Reparaturen und Änderungen auch an Pelz- und Lammfell-Kleidung vorgenommen, verspricht der gelernte Kürschner Schad. „Das machen wir seit Jahrzehnten und werden es auch weiter tun.“ Bereits sein Urgroßvater Christian Schad, der den Betrieb im Jahr 1888 als Hut- und Pelzgeschäft gründete, war Kürschnermeister. Er war 26 Jahre alt, als er den Laden - damals in der Ludwigstraße 4 - eröffnete. Mit seiner Frau Margret hatte er vier Kinder, unter anderem Ludwig, der die Faszination für das Kürschnerhandwerk in der Familie weitertrug. Bei Urenkel Andreas Schad wird diese Linie nun aber definitiv enden.

Mehr zum Thema

Infrastruktur

Hauptbahnhof Ludwigshafen: Bäckerei-Eröffnung als Hoffnungsschimmer?

Veröffentlicht
Von
Julian Eistetter
Mehr erfahren
Finanzen

Parkgebühren: Wo Ludwigshafen im Vergleich zu Mannheim und Heidelberg steht

Veröffentlicht
Von
Julian Eistetter
Mehr erfahren
Gastronomie

Irish Pub in Ludwigshafen: Wie drei Stammgäste ihre Bar retten

Veröffentlicht
Von
Julian Eistetter
Mehr erfahren

Mit der Schließung der Pelzabteilung werden auch die großen Leuchtreklamen mit der entsprechenden Aufschrift von der Ladenfront verschwinden, wie Andreas Schad im Gespräch ankündigt. Die kleineren Schilder mit der Aufschrift „Chr. Schad. Pelzmode“ werden aber hängen bleiben. Sie symbolisieren die reiche Firmen- und Familiengeschichte. „Außerdem machen wir die Maß- und Sonderanfertigungen in unserer Werkstatt ja weiterhin“, sagt der Geschäftsführer.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke