Sicherheit

Vollzugsdienst hat in Ludwigshafen mit viel "Macho-Gehabe" zu kämpfen

Personalprobleme und zeitaufwendige Fälle machen dem Kommunalen Vollzugsdienst in Ludwigshafen zu schaffen. Und in der Chemiestadt habe man es mit einer ganz speziellen Klientel zu tun, sagt der Bereichsleiter

Von 
Julian Eistetter
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Zwei Mitarbeiter des KVD sind im Bereich der Rhein-Galerie unterwegs. © Stadt

Ludwigshafen. Die Corona-Pandemie ist auch am Kommunalen Vollzugsdienst (KVD) der Stadt Ludwigshafen nicht spurlos vorbeigegangen. Insbesondere personell, wie bei einem Pressegespräch am Freitag deutlich wurde, bei dem die Verantwortlichen des Bereichs Öffentliche Ordnung eine Bilanz für das Jahr 2022 vorgelegt haben.

Von 48 Stellen beim Vollzugsdienst waren gegen Ende der Pandemie nur noch 25 besetzt, wie KVD-Abteilungsleiter Peter Sebastian berichtete. „Wir hatten einen personellen Aderlass zu verkraften“, sagte er. Aktuell sei der Trend jedoch wieder etwas positiver - 34 Stellen sind ab Mai besetzt.

Vollzugsdienst rückt seltener aus

Das fehlende Personal wirkte sich auch auf die Einsatzzahlen des KVD im vergangenen Jahr aus. Lagen die Zahlen vor der Pandemie über 11 000, so rückten die Einsatzkräfte 2022 insgesamt „nur“ knapp 6400 Mal aus. Laut Martin Graf, Leiter des übergeordneten Bereichs Öffentliche Ordnung, sind die sinkenden Zahlen aber auch dadurch zu erklären, dass die einzelnen Fälle immer zeitaufwendiger werden.

Ein gutes Beispiel seien die Einsätze, die das Landesgesetz über Hilfen bei psychischen Erkrankungen (PsychKHG) betreffen. Dieses kommt bei Menschen zur Anwendung, die wegen psychischer Erkrankungen oder starker Rauschmittelbeeinflussung eine Gefahr für sich oder Dritte darstellen.

Drogenmissbrauch bei immer mehr junge Menschen 

Während in Baden-Württemberg in solchen Fällen die Polizei zuständig ist, sind es in Rheinland-Pfalz die Ordnungsdienste. 1129 solcher Einsätze gab es in Ludwigshafen 2022. „In den vergangenen Jahren sind die Fälle deutlich angestiegen, jetzt haben sich die Zahlen auf einem hohen Niveau stabilisiert“, so Graf. Auffällig sei, dass immer mehr junge Menschen in Erscheinung treten, Drogenmissbrauch und Suchtverhalten spielen dabei eine erhebliche Rolle.

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Zeitaufwendig sind die PsychKHG-Einsätze, weil die KVD-Mitarbeiter einen Transport ins Krankenhaus zum Guten Hirten oder bei Jugendlichen ins St. Annastift organisieren müssen. Bis ein solcher Krankentransport verfügbar ist, könne viel Zeit vergehen.

Aggressives Verhalten von Betrunkenem 

Generell sei die Handhabe bei solchen Personen sehr schwierig, sagte Graf. Es gebe durchaus einige Kandidaten, die immer wieder in Erscheinung treten und die Einsatzkräfte auf Trab halten. „Aktuell haben wir einen Fall, wo es in Absprache mit der Staatsanwaltschaft darum geht, die Person aus dem Verkehr zu ziehen“, berichtete der Bereichsleiter. Immer wieder sei diese unter Alkoholeinfluss auf andere Menschen losgegangen.

Per sogenannter Zwangseinweisung soll die Person nun in einer Klinik untergebracht werden, ein Gerichtserlass ist erforderlich. Nach zwei bis vier Wochen muss der Betroffene jedoch wieder entlassen werden - oder es braucht einen erneuten Beschluss.

Hier gibt es viel Macho-Gehabe. Man will zeigen, wie stark man ist
Martin Graf Bereichleiter Öffentliche Ordnung

Neben PsychKHG-Fällen setzt der KVD insbesondere die Gefahrenabwehrverordnungen durch, geht also gegen aggressive Bettelei, illegales Lagern und die nicht eingehaltene Hunde-Anleinpflicht vor. Auch bei akuten Lärmbelästigungen und zur Nachlasssicherung wird der KVD gerufen, er führt Gaststätten- und Jugendschutzkontrollen durch.

Dabei werden die Einsatzkräfte längst nicht immer warmherzig empfangen. „Gerade in der Pandemie wurden wir für alles verantwortlich gemacht“, so Peter Sebastian. Hinzu komme, dass es in Ludwigshafen eine spezielle Klientel gebe, wie Martin Graf berichtete. „Hier gibt es viel Macho-Gehabe. Man will zeigen, wie stark man ist.“ Deshalb sei eine gute Ausrüstung wichtig.

Grafs Wunsch ist es, dass der KVD mit Bodycams ausgestattet wird und über den Polizeifunk kommunizieren kann. Blaulicht und Sirenen sollen die Fahrzeuge ab 2024 bekommen. Taser hält der Bereichsleiter allerdings nicht für erforderlich.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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