Carl-Bosch-Gymnasium - Unbekannte schreiben Beleidigungen gegen Geflüchtete auf Tafel / Putins Krieg verherrlicht / Anzeigen bei Polizei und Staatsanwaltschaft

Ukrainisches Volk als Nazis beschimpft - Parolen an Ludwigshafener Schule aufgetaucht

Von 
Julian Eistetter
Lesedauer: 
Symbolbild © Julian Stratenschulte/dpa

Ludwigshafen. Ein Vorfall am Carl-Bosch-Gymnasium sorgt bei der ukrainischen Gemeinschaft in Ludwigshafen für Beunruhigung. Unbekannte haben in einem Raum, in dem auch einige vor dem Krieg in ihrem Heimatland geflüchtete Kinder und Jugendliche Sprachunterricht erhalten, anti-ukrainische Parolen und Beleidigungen auf eine Tafel geschrieben. Daneben seien das ukrainische Volk als Nazis beschimpft und der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland verherrlicht worden, wie aus einem Schreiben von Valentyna Sobetska, Vorsitzende der Kinderhilfe Ukraine Rhein-Neckar für Novograd-Volynskji, an die Schulleitung hervorgeht.

In kyrillischer Schrift wurden die Parolen an die Tafel geschrieben. © privat

Die Ermittlungsbehörden sind über den Vorfall informiert. „Es ist eine Anzeige gegen Unbekannt eingegangen. Wir prüfen nun die strafrechtliche Relevanz“, sagt Hubert Ströber, Leitender Oberstaatsanwalt in Frankenthal, auf Anfrage dieser Redaktion. Und auch die Ludwigshafener Polizei setzt sich mit dem Thema auseinander, wie ein Sprecher berichtet. „Ich kann den Vorgang bestätigen. Die Schulleitung hat Anzeige erstattet“, sagt er. Es sei davon auszugehen, dass der oder die Täter aus dem schulischen Umfeld kommen. Dass sich Externe Zutritt zu den Räumen verschafft haben, sei nicht anzunehmen.

„Ich bin erschüttert und besorgt über den heutigen Vorfall an Ihrer Schule. Diese Besorgnis teile ich mit den Eltern der ukrainischen Kinder des Carl-Bosch-Gymnasiums und den hier in Ludwigshafen lebenden Ukrainern“, schreibt Sobetska. Die Beleidigungen in russischer „Gossensprache“ würden eine Bedrohung der ukrainischen Schüler bedeuten. Sobetska, die sich sehr für die Unterstützung der Geflüchteten in der Stadt einsetzt, fordert eine „rückhaltlose Aufklärung“ des Geschehens. „Nach Schülerberichten sei es bereits in der Vergangenheit an der Schule zu Beschimpfungen der ukrainischen Schüler durch Mitschüler in russischer Sprache gekommen“, heißt es in dem Schreiben weiter. „Die Eltern befinden sich in großer Sorge.“

Pädagogische Aufarbeitung

Schulleiter Ulf Boeckmann verweist auf Anfrage an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als Schulaufsichtsbehörde. Diese stehe in engem Austausch mit der Schulleitung, wie eine Sprecherin mitteilt. Neben der Anzeige seien das Kollegium und der Schulelternbeirat informiert worden. „Solche Vorkommnisse sind inakzeptabel, und wir tolerieren ein solches Verhalten in unseren Schulen in keiner Weise“, betont die Sprecherin. „Es ist deshalb umso wichtiger, dass auch diese Konflikte an den Schulen besprochen werden, damit Vorurteile frühzeitig ausgeräumt werden können.“ Dabei helfe der Schulpsychologische Dienst.

Die Lehrkräfte des Carl-Bosch-Gymnasiums werden den Vorfall nach Angaben der Sprecherin nun mit ihren Klassen „umgehend pädagogisch aufarbeiten“. Es laufen interne Nachforschungen, um den oder die Verantwortlichen ausfindig zu machen. Dabei erhalte die Schule alle notwendige Unterstützung. Welche Konsequenzen die Schmierereien für den- oder diejenigen haben könnte, ist noch offen.

Der ADD sind bislang keine weiteren Fälle dieser Art in ihrem Zuständigkeitsbereich bekannt. „Weder von Anfeindungen ukrainischer Schülerinnen und Schüler noch von Konflikten mit russisch-stämmigen Schülerinnen und Schülern“, so die Sprecherin.

Russisch ist zweite Fremdsprache 

Das Carl-Bosch-Gymnasium in der Innenstadt hat einen russischen Schwerpunkt. Als einziges Gymnasium in Rheinland-Pfalz bietet es Russisch als zweite Fremdsprache an. Die Sprache hat an der Schule eine lange Tradition, 1972 wurde sie als zweite Pflichtfremdsprache neben Französisch eingeführt.

Nach dem Vorfall wollen die Betroffenen nicht die gesamte Schule unter Generalverdacht stellen oder in ein schlechtes Licht rücken. „Die ukrainischen Schüler haben dort von Mitschülern und Lehrkräften auch viel Solidarität erfahren. Die Lehrer trugen gelb-blaue Armbänder und T-Shirts mit ukrainischen Symbolen“, betont Sobetska. „Für diese Zeichen sind wir sehr dankbar. Es soll und darf jetzt nicht sein, dass ein Vorfall - so besorgniserregend er auch ist - die ganze Schule in Misskredit bringt.“ Eine transparente Aufarbeitung sei daher wichtig.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

Thema : Krieg in der Ukraine

  • Politik Vertrieben, verhaftet, verfolgt

    Der Widerstand in Russland war oft weiblich. Viele der mutigen Frauen sind im Gefängnis oder ins Ausland geflohen

    Mehr erfahren
  • Besuch in Czernowitz Peter Kurz in Mannheims Partnerstadt: „Krieg ist allgegenwärtig“

    Pressekonferenz im sicheren Keller: Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz hat die ukrainische Partnerstadt Czernowitz besucht. Mit seinem Amtskollegen hat er über den Krieg und den großen Wunsch der Ukraine gesprochen

    Mehr erfahren
  • Nuklearwaffen Atomares Wettrüsten: Arsenale des Schreckens

    Die Welt steuert auf einen nuklearen Rüstungswettlauf zu, nachdem Russlands Präsident Putin das "New-Start-Abkommen" mit den USA eingefroren hat. Wo ist die Gefahr eines Atomkrieges am größten?

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen