Ludwigshafen. Mehr als zwei Jahre Corona-Trübsal sind vorbei. Zwei Jahre ohne größere Veranstaltungen, Feste und Partys. Eine Leidenszeit, von der Vereine und Ehrenamtliche in der Pfalz nun eigentlich geglaubt hatten, sie überwunden zu haben. Doch kaum ist die Pandemie zumindest vorübergehend kein Hindernis mehr, tut sich bei den Planungen ein neues Problem auf: Die Neufassung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) durch das Land Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr. Es soll für mehr Sicherheit bei öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel sorgen - doch für die Organisatoren bringt es strenge Auflagen mit sich. Vereine, Ehrenamtliche und Fasnachter aus Ludwigshafen schlagen Alarm.
„Das Thema hat uns am letzten Wochenende überrollt. Es gibt ganz viele Fragen, die beantwortet werden müssen. Die Auflagen sind nicht zu erfüllen, vor allen Dingen nicht für ehrenamtlich tätige Vereine und Arbeitsgemeinschaften“, kritisiert Christoph Heller, Präsident des Großen Rates der Ludwigshafener Karnevalvereine. „Veranstaltungen stehen auf der Kippe. Das ist im Ehrenamt nicht zu leisten!“, betont er.
Tatsächlich hat der Paragraf 26 des POG in diesem Jahr schon für den Ausfall eines Großereignisses in der Region gesorgt. So wurde der Erlebnistag Deutsche Weinstraße, der vor Corona jährlich 250 000 bis 300 000 Menschen anlockte, mit Verweis auf die neuen Regelungen abgesagt.
Die Fasnachter in Ludwigshafen sehen jedenfalls ihre Kampagne in Gefahr. „Es kann nicht sein, dass im Ergebnis unsere Brauchtumsausübung wie der große Fasnachtsumzug der Schwesterstädte Mannheim und Ludwigshafen verhindert wird durch unverhältnismäßige Sicherheitsauflagen“, sagt Heller. „Alle Kerwen und Straßenfeste sind im Fokus, es geht um Veranstaltungen unter freiem Himmel. Unsere Straßenfasnacht, die wir bereits mehr als zehn Jahre ohne jeden Sicherheitsvorfall durchführen, ist auch mit dabei“, zählt er auf.
Gitterwände als Abtrennung
Als konkretes Beispiel für eine der Auflagen nennt er den Fasnachtsumzug. Dort müssten künftig zwischen den Umzugswagen und dem Publikum Gitterwände als Abtrennung aufgestellt werden. „So viele Gitterwände für die gesamte Strecke gibt es doch überhaupt nicht. Außerdem braucht man an jeder Kreuzung Personal, das die Gitter im Notfall für Rettungskräfte öffnen könnte.“ Bei einer Delegiertenversammlung des Großen Rates zuletzt hätten zahlreiche Vereinsvertreter die neuen Regelungen scharf und emotional kritisiert, da sie das Brauchtum und das gesamte ehrenamtliche Engagement in Gefahr sehen.
Der Paragraf 26 des POG regelt etwa, dass Veranstaltungen unter freiem Himmel mit voraussichtlich mehr als 5000 Besuchern drei Monate im Voraus bei der Ordnungsbehörde angemeldet werden müssen, Großveranstaltungen mit mehr als 15 000 Besuchern zeitgleich oder 30 000 Besuchern an einem Tag sogar sechs Monate. Für Großveranstaltungen ist künftig die Kreisordnungsbehörde zuständig. Bis drei Monate vor einer Großveranstaltung muss der Organisator ein Sicherheitskonzept vorlegen und einen Ordnungsdienst beauftragen. Bei kleineren Veranstaltungen kann die örtliche Ordnungsbehörde ebenfalls ein Sicherheitskonzept und einen Wachdienst verlangen, sofern dies aufgrund einer besonders hohen Personendichte, der Gegebenheiten des Veranstaltungsortes oder wegen Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden erforderlich scheint.
Eine Sprecherin des Innenministeriums erläutert auf Anfrage, dass bei einem Karnevalsumzug in einem Dorf mit 400 Einwohnern also kein Sicherheitskonzept erforderlich ist, solange nicht mehr als 5000 Besucher kommen und keine besondere Gefährdungslage anzunehmen ist. Gleiches gelte auch für einen Umzug mit mehr als 5000 Besuchern in einem größeren Dorf, solange die örtliche Ordnungsbehörde informiert und alle relevanten Stellen bei der Planung einbezogen seien.
Bei Großveranstaltungen sei hingegen immer ein Sicherheitskonzept vorzulegen, in dem mögliche Risiken beschrieben und passende Vorkehrungen dargelegt werden. Konkreter Anlass für die Nachschärfung des Gesetzes seien die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Festival Rock am Ring in den Jahren 2015 und 2016 gewesen, als die Veranstaltung jeweils wegen Unwettern abgebrochen werden musste. Daneben sollen Gefahren durch Amoktaten, Terrorismus und Allgemeinkriminalität gemindert werden.
Dafür hat Heller zwar auf der einen Seite Verständnis. „Ein gewisses Risiko hat man aber immer im Leben“, sagt er. Der Große Rat werde jedenfalls alles versuchen, gegen die neuen Regeln vorzugehen. „Wir lassen uns unsere Fasnacht nicht kaputtmachen“, sagt er. Er habe bereits Abgeordnete im Bundes- und Landtag angeschrieben, um auf die Situation der Ehrenamtlichen aufmerksam zu machen.
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