Ludwigshafen. Heruntergelassene Rollläden, abgeklebte Schaufenster und jede Menge Wehmut - wer dieser Tage durch das Ludwigshafener Rathaus-Center läuft, der kann die sich anbahnende Schließung förmlich greifen. Fast alle Geschäfte in der einst so belebten Mall sind inzwischen geschlossen, die übrigen werden in den kommenden drei Wochen bis Jahresende folgen. „Nach fast 40 Jahren endet die Erfolgsgeschichte unseres Reformhauses im Rathaus-Center. Unser Umzug ist mit Wehmut und vielen guten Erinnerungen verbunden“, schreibt etwa der Chef des Reformhauses Escher, Joachim Escher, in einem Aushang. Er ist mit seinem Geschäft in die Ludwigstraße 10 gezogen.
Insgesamt sechs Läden sind derzeit in dem 1979 eröffneten Einkaufszentrum, das zugunsten der neuen Stadtstraße abgerissen wird, noch geöffnet: TK Maxx, Christ, Blume 2000, Ditsch, New York Nails und Schuh Rapid. „Zur Hochzeit waren es 85 Geschäfte“, berichtet Center-Manager Christoph Feige im Gespräch mit dieser Redaktion. Ende der Woche wird auch TK Maxx die Segel streichen und die Türen im Rathaus-Center für immer schließen. Mit den übrigen Betreibern werde das Vorgehen noch genauer besprochen. „Am 31. Dezember wird die Immobilie an die Stadt übergeben, bis dahin muss alles leergeräumt sein“, sagt Feige. Dann endet auch die Zuständigkeit der ECE, von der die Stadt das Center für rund 43 Millionen Euro erworben hat, um mehr Planungssicherheit beim Hochstraßenabriss zu bekommen.
Das Rathaus-Center
- Das Rathaus-Center wurde im Jahr 1979 eröffnet. Es gilt als der Nordpol der Ludwigshafener Innenstadt.
- Der Rathaus-Turm war lange Jahre Verwaltungssitz. Daneben befinden sich der Stadtratssaal und eine Mall in dem Center. Das Stadtmuseum hat bereits seit Wochen geschlossen.
- Ab 20216 mussten die oberen Etagen des Rathaus-Turms wegen mangelhaften Brandschutzes geräumt werden. Fast alle Abteilungen der Verwaltung sind inzwischen in Ausweichquartiere gezogen.
- 2019 kaufte die Stadt das Rathaus-Center für rund 43 Millionen Euro von der ECE. 2020 wurde der Abriss beschlossen, der 2022 beginnen soll.
Abriss bietet auch Chancen
„In diesem Fall kann man wirklich von müssen sprechen, denn wir hätten das Center gerne weiterbetrieben“, sagt Feige. Die Lage mit der Scharnierfunktion zwischen Nord/Hemshof und Innenstadt sowie der Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr habe stets für gute Frequenz gesorgt. Eine Abschlussfeier für das Rathaus-Center werde es indes Corona-bedingt nicht geben. „Wir haben uns dafür mit der Verlosung eines 5000-Euro-Shopping-Gutscheins bei unseren treuen Kunden bedankt“, so Feige.
Doch welche Folgen wird die Schließung des „Nordpols“ der Innenstadt auf die City haben? Nicole Rabold, Leiterin des Geschäftsbereichs Infrastruktur und Digitale Wirtschaft bei der Industrie- und Handelskammer Pfalz, erwartet zumindest kurzfristig starke Auswirkungen. „Gerade für die Händler und Dienstleister im Umfeld des Centers wird das gravierend sein“, sagt sie im Gespräch mit dieser Redaktion. Die Laufkundschaft werde weitestgehend wegbrechen und die Frequenz drücken. Daneben sei auch durch die jahrelange Baustelle in diesem Bereich mit deutlichen Beeinträchtigungen zu rechnen.
Der Wegfall des Rathaus-Centers als traditionelle Anlaufstelle für einen treuen Kundenstamm sei also durchaus ein herber Einschnitt für Ludwigshafen. „Das Center war ein Magnet und auch für die Nahversorgung der Menschen in der nördlichen Innenstadt wichtig“, sagt sie. Gleichwohl sieht Rabold die Entwicklung auch als Chance für die Innenstadt. „Der Stadtumbau, der sich in den kommenden Jahren in Ludwigshafen vollziehen wird, birgt auch große Möglichkeiten.“
So müsse sich die Struktur der City - wie in vielen anderen Städten auch - grundlegend ändern. „In Ludwigshafen haben wir sehr weitläufige Ladenflächen, wenn wir die zwei Achsen Ludwigstraße und Bismarckstraße betrachten“, sagt Rabold. Eine Konzentration auf einen kleineren Bereich sei perspektivisch sinnvoller. Daneben werde der Handel in Zukunft nicht mehr der alleinige Faktor für einen Besuch in der Innenstadt sein. „Es wird mehr Verweilqualität, Kulturangebote und Gastronomie brauchen.“
„Komplett neue Innenstadt“
Der Abriss des Rathaus-Centers - so einschneidend er auch sein möge - sei ein Teil dieser Chance. „Wir werden in ein paar Jahren eine komplett neue Innenstadt haben mit der ebenerdigen Stadtstraße und dem Quartier City West“, blickt Rabold in die Zukunft. Entscheidend sei dann auch, was an die Stelle des heutigen Rathaus-Centers komme.
Dass der Abriss des „Nordpols“ für viele Ludwigshafener ein emotionales Thema ist, versteht Rabold. „Dieser Charakter als Wahrzeichen ist sicher auch ein Grund, weshalb das Center so lange funktioniert hat - auch nach Eröffnung der Rhein-Galerie in unmittelbarer Nähe.“
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