Ludwigshafen. Der Verzicht Jutta Steinrucks (parteilos) auf eine erneute Kandidatur für das Amt der Oberbürgermeisterin Ende September 2025 hat in den größten Fraktionen des Ludwigshafener Stadtrats nicht für überraschte Gesichter gesorgt. Die Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD und AfD zollen Steinruck jeweils großen Respekt für ihre konsequente Entscheidung.
Vor allem bei ihrer früheren Partei - Steinruck trat im Sommer 2023 aus der SPD aus - klingt aber auch Kritik an ihrem Stil durch. „Jutta Steinruck geht mit einer durchwachsenen Bilanz“, urteilen der SPD-Fraktionsvorsitzende David Guthier und seine Kolleginnen und Kollegen. Einerseits sei es ihr gelungen, die großen Verkehrsinfrastrukturvorhaben mit der Hochstraße Süd und dem Projekt Helmut-Kohl-Allee voranzutreiben und Akzente im Bereich des sozialen Wohnungsbaus zu setzen, gleichzeitig seien andere drängende Probleme nicht zufriedenstellend bearbeitet worden.
Dazu zählten, so die Genossen, eine klare Entwicklungsperspektive für die Innenstadt mit mehr Aufenthaltsqualität, Angebote für Jung und Alt, die Schaffung von Begegnungsstätten und weniger Autos. Es brauche zukünftig einen kooperativeren Führungsstil, bei dem der Teamgedanke stärker im Mittelpunkt stehe, kritisiert die Fraktion gleichwohl.
CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Uebel findet, dass Steinrucks Verzicht-Erklärung einer Abrechnung mit der verfehlten Landes- und Bundespolitik entspreche. Sowohl in Mainz als auch in Berlin und Brüssel hätten die Kommunen nicht den Stellenwert, den sie eigentlich als Zentren des gesellschaftlichen Lebens haben müssten. In ihrer Erklärung nenne Jutta Steinruck den fehlenden Willen zu einer fairen Finanzausstattung der Städte und Gemeinden. „Land und Bund haben Ludwigshafen finanziell ausbluten lassen. Jutta Steinruck zieht daraus ihre ganz persönliche Konsequenz“, so Uebel. Auf jeden Fall gebühre ihr Dank für ihre Arbeit in den letzten Jahren und Respekt für die jetzige Entscheidung. Steinruck habe mit vielen Krisen zurechtkommen müssen. Das sei oft nicht vergnügungssteuerpflichtig gewesen. „Wir als CDU und insbesondere ich als Fraktionsvorsitzender waren nicht immer im Gleichklang mit Steinruck, aber immer getragen vom Willen, das Beste für die Stadt zu erreichen“, schließt der CDU-Fraktionschef.
„Ohrfeige für Regierungspolitik in Mainz und Berlin“
Die AfD-Fraktion mit Johannes Thiedig an der Spitze bezeichnet den Verzicht Steinrucks und die dazugehörige Erklärung als „eine Ohrfeige für die Regierungspolitik der vergangenen Jahrzehnte aus Berlin und Mainz“. Diese Politik habe nicht nur Ludwigshafen ruiniert und im Grunde unverwaltbar gemacht. Thiedig geht davon aus, dass die Regierungen sowohl in Mainz als auch in Berlin - allen leeren Versprechungen zum Trotz - auch in Zukunft uneinsichtig blieben und ihren „desaströsen Kurs“ in Sachen kommunaler Unterfinanzierung weiter unbeirrt fortsetzten.
Thomas Schell, Fraktionsvorsitzender der FDP im Ludwigshafener Stadtrat, unterstreicht in seiner Stellungnahme, wie sehr die Liberalen es schätzen, dass Steinruck eklatante Fehlleistungen des Landes Rheinland-Pfalz bei der Finanzierung der Stadt offen aufzeige. Sie wisse, was Selbstverwaltungsfreiheit für eine Kommune bedeute.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ludwigshafen_artikel,-ludwigshafen-respekt-und-kritik-so-reagiert-der-ludwigshafener-stadtrat-auf-steinrucks-verzicht-_arid,2241851.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/ludwigshafen_artikel,-ludwigshafen-nach-verzicht-auf-neue-kandidatur-ludwigshafener-ob-steinruck-rechnet-mit-der-grossen-po-_arid,2241722.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Vermaledeite Zeit: Rückzug der Ludwigshafener OB Jutta Steinruck war absehbar