Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Vermaledeite Zeit: Rückzug der Ludwigshafener OB Jutta Steinruck war absehbar

Auch wenn Einordnungen der Amtszeiten von Politikern wohl besser erst vorgenommen werden, wenn einige Jahre ins Land gegangen sind, so kann man zu den bisher fast sieben Jahren von Jutta Steinruck als Ludwigshafener Oberbürgermeisterin schon jetzt feststellen: Glück sieht anders aus. Oder wie es womöglich Andreas Brehme ausgedrückt hätte: „Haste Scheiße am Fuß, dann haste Scheiße am Fuß“.

Gerade erst etwas mehr als ein Jahr im Amt, da wurden die irreparablen Schäden an der Hochstraße Süd bekannt - eine Trasse, die wie ein Menetekel über ihrer Zeit als Oberbürgermeisterin hängt. Nein, von Glück kann wahrlich keine Rede sein, denn nahezu jedes ihrer Jahre im Amt war von den großen Krisen dieser Zeit geprägt.

Steinruck stellte sich all diesen Herausforderungen mit ganzer Kraft. Sie produzierte keine Skandale, arbeitete fleißig, aber oft glücklos. Sie war auch am Wochenende viel in der Stadt unterwegs. Sie kämpfte wie eine Löwin für ihr Ludwigshafen und war am Ende -angesichts der Haushaltslage - meistens arm wie eine Kirchenmaus. Zwischen ihrem eigenen Anspruch und dem, was effektiv für ihre Stadt heraussprang, klafften oft Lücken. Ihre Unzufriedenheit darüber war greifbar und mündete in manch unerklärlichem Alleingang, der das Verhältnis zu Partei und Fraktion belastete. Dort galt sie irgendwann auch als etwas selbstverliebt und egozentrisch. Resultat war der von viel Radau begleitete Austritt aus der Partei im Sommer 2023. Steinruck ist keine Frau, die die feine Klinge gut führen kann. Sie ist vielmehr authentisch, direkt und frei heraus. Das sind Eigenschaften, die in der Politik heute nicht mehr regelmäßig zum Erfolg führen und ein sehr dickes Fell erfordern. Nervlich und körperlich war sie zuletzt nicht immer topfit, nachdem sie Krisen bewältigen musste, die kein OB vor ihre in dieser Frequenz kannte. Ihr Verzicht ist daher konsequent und ihr letztes Jahr im Amt hoffentlich glücklicher als die vorherigen.