Landau/Ludwigshafen. Auffällig sei die Familie gewesen, sagt die junge Frau im Zeugenstand. Die Eltern hätten einen unhygienischen Eindruck gemacht, ihre Kleidung sei oft schmutzig gewesen - genauso wie die des wenige Wochen alten Sohns. Auch hätte sich das Paar in der Vergangenheit im Wartebereich gestritten, berichtet die 28-Jährige. Sie hat als Medizinische Fachangestellte in einer Ludwigshafener Kinderarztpraxis gearbeitet. In der Praxis, in die Nina R. und Ismail I. am Morgen des 15. Oktober 2018 ihren schwer verletzten Säugling brachten. Schwer misshandelt und sexuell missbraucht von seinen eigenen Eltern, so der Vorwurf der Anklage. Am Freitag ist am Landauer Landgericht mit der Vernehmung zweier Zeuginnen der neu aufgerollte Prozess gegen das Ex-Paar weitergegangen.
Die 28-Jährige hat am 15. Oktober in der Praxis gearbeitet. Sie hat den kleinen Jungen gewogen, ehe die Kinderärztin die massiven Verletzungen feststellte. „Er hat durchgehend nur geweint. Die ganze Zeit“, sagt die Zeugin über den Zustand des Säuglings. Die Eltern hätten einem merkwürdigen Eindruck gemacht. Nina R. habe fast die ganze Zeit telefoniert und durchgegeben, was aktuell passiere. Ismail I. habe desinteressiert gewirkt und die 28-Jährige gefragt, woher sie komme und ob sie einen Freund habe.
Über die Verletzung im Genitalbereich des Babys - nur eine von unzähligen am gesamten Körper - habe der Vater zu einer ihrer Kolleginnen in vulgärer Weise gesprochen, berichtet die Zeugin. Auf Nachfrage von Nina R.s Verteidiger Alexander Kiefer, warum sie diese Information nicht schon bei der polizeilichen Vernehmung oder bei der ersten Hauptverhandlung in Frankenthal genannt habe, sagt sie jedoch nur: „Ich weiß es nicht.“
Dass seit dem Vorfall inzwischen vier Jahre vergangen sind, macht sich bei der anderen Zeugin bemerkbar. Die 66-Jährige hatte die Familie als Hebamme bei der Geburtsvorbereitung im Ludwigshafener Klinikum kennengelernt und auch die Nachsorge nach der Geburt übernommen. Sie kann sich jedoch an viele Details nicht mehr erinnern. Anzeichen für eine Misshandlung des Kindes habe sie aber bei ihren Besuchen nie feststellen können.
Erstes Urteil aufgehoben
Dabei soll der Säugling laut einem Gutachten aus der ersten Hauptverhandlung schon zum Zeitpunkt ihrer letzten Besuche gebrochene Rippen und Schienbeine gehabt haben. „Sowas würde jeder sofort erkennen“, so die verrentete Hebamme.
Wie berichtet, waren Nina R. und Ismail I. vom Frankenthaler Landgericht bereits zu Haftstrafen von je dreieinhalb Jahren wegen Misshandlung Schutzbefohlener durch Unterlassung verurteilt worden. Ein aktives Tun hatte das Gericht keinem der beiden nachweisen können. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf die Revision der Angeklagten hin auf.
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