CO2-Steuer

Müllentsorgung in Ludwigshafen wird wohl teurer

Es droht ein Preisanstieg von bis zu 34 Prozent: Grund dafür ist die vom Bund beschlossene Ausweitung der CO2-Steuer auf die Abfallverbrennung

Von 
Ulli Heidelberger
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Im Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk Ludwigshafen werden Abfälle aus der Vorderpfalz, der Westpfalz und Rheinhessen verwertet. © Bernhard Zinke

Ludwigshafen. Die sogenannten CO2-Steuer soll auf Abfallverbrennungsanlagen ausgeweitet werden. Eine entsprechende Änderung des Brennstoff-Emissionshandels-Gesetzes (BEHG) soll noch im September im Bundestag beschlossen werden. Das hätte erhebliche Auswirkungen auf die Verbrennungspreise von Hausmüll, ist sich Thomas Grommes sicher.
 
Im Klartext: Die Restmüllentsorgung wird teurer, warnt der Geschäftsführer der Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk Ludwigshafen GmbH (GML), die Abfälle aus der Vorderpfalz, der Westpfalz und Rheinhessen verwertet.

„Wir sind nicht gegen Klimaschutz - ganz im Gegenteil. Was wir aber für einen wirkungsvollen Klimaschutz benötigen, sind Regelungen, die eine Wirkung entfalten“, betont Grommes. „Bei uns entsteht den Eindruck, dass das geplante BEHG dem Staat nur neue Einnahmequellen generiert, ohne eine Lenkungswirkung zu entfalten. Das ist unverhältnismäßig, und wir hoffen, dass dies so nicht beschlossen wird.“

Müllverbrennung in Emissionshandel einbezogen

Das Bundeskabinett habe am 14. Juli ohne Diskussion und ohne Änderungen den Entwurf des BEHG für die Bundestagsbefassung beschlossen. Nach seiner Verabschiedung würden auch in Müllheizkraftwerken verbrannte Abfälle in den Emissionshandel einbezogen werden, obwohl Abfälle gar keine Brennstoffe im üblichen Sinne sind.

„Sie werden ja nicht abgebaut, gefördert oder hergestellt, um sie als Brennstoff zu nutzen“, so Grommes. „Müllheizkraftwerke sind nicht die Inverkehrbringer dieser angeblichen Brennstoffe, werden aber den kostspieligen Folgen unterworfen.“

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GML befürchtet Preisanstieg um bis zu 34 Prozent

In der vorgelegten Fassung sei das Gesetz praktisch nicht umsetzbar: So sei es ökonomisch unbestimmt, denn es fehle eine klare Vorgehensweise in der Mengenbestimmung des CO2. Es werde zwar ein Zertifikatspreis von 35 Euro pro Tonne CO2 (ab 2026 bis zu 65 Euro) benannt, wie die CO2-Mengen aber ermittelt werden sollen, bleibe unbestimmt.

Bisher wurden dafür sogenannte Emissionsfaktoren diskutiert, die sich danach richten, wie viele Tonnen CO2 je Tonne Restabfall emittiert werden. Beschlossen sei bisher aber nichts. Grommes: „Wie soll die GML auf dieser ungeklärten Basis ihre Preisplanung 2023 bis 2027 machen, die unsere kommunalen Eigentümer aber von uns für deren eigene Abfallgebühren-Kalkulation erwarten dürfen?“

Im Sinne umsichtiger kaufmännischer Planung rechne die GML mit erheblichen Mehrkosten von anfangs rund 4,4 Millionen Euro, die ab 2026 auf bis zu 8,2 Millionen Euro steigen könnten. Das entspricht einem Plus von 18 bis 34 Prozent, bezogen auf die bisherige Preis- und Umsatzplanung.

Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk Ludwigshafen

  • In der GML sind die entsorgungspflichtigen Städte Ludwigshafen am Rhein, Frankenthal/Pfalz, Neustadt an der Weinstraße, Mannheim und Speyer sowie die Landkreise Alzey-Worms, Bad Dürkheim, Rhein-Pfalz-Kreis und die Anstalten Zentrale Abfallwirtschaft Kaiserslautern (ZAK) sowie der Entsorgungs- und Baubetrieb der Stadt Worms (ebwo) zusammengeschlossen.
  • Das Entsorgungsgebiet umfasst rund 2600 Quadratkilometer mit einer Million Einwohnern, was einem Viertel der Rheinland-Pfälzer entspricht.
  • Jährlich werden mehr als 210 000 Tonnen Abfälle verwertet. Nach Abzug des Eigenbedarfes (Betriebsstrom) konnten vom Energieversorger TWL aus dem Hochdruckdampf der GML etwa 69 Millionen Kilowattstunden Strom abgegeben werden, was dem jährlichen Bedarf von rund 18 500 Vier-Personen-Haushalten entspricht.
  • Zusätzlich hat TWL 225 Millionen Kilowattstunden Fernwärme aus dem Hochdruckdampf der GML produziert, was den Wärmebedarf von rund 22 000 Haushalten deckt. Restmüll als Brennstoff spart so jährlich etwa 55 000 Tonnen CO2 ein. 

Kosten für GML nicht kompensierbar

„Diese Kosten sind für die GML nicht kompensierbar, weil wir ein reines Entsorgungsunternehmen sind und keinerlei Energieerlöse haben“, warnt Grommes. „Für unsere Eigentümer kommt hinzu, dass bei ihnen, den entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften, die Umsatzsteuer als zusätzlicher Aufwand entsteht.“

Die GML mit ihren heute 28 Millionen Euro Jahresumsatz würde ein vollkommen ungewolltes „Wachstum“ vollziehen: Der Umsatz würde um 4,4 bis 8,2 Millionen auf 32,4 bis 36,2 Millionen Euro (plus 16 beziehungsweise plus 29 Prozent) wachsen - ein Betrag, der in voller Höhe an den Staat abgeführt werden muss. „Wir halten eine Preiserhöhung durch eine staatliche Abgabe in einer Größenordnung, dass wir unsere Preise um 18 bis 34 Prozent anheben müssen, für absolut unangemessen und dem Bürger auch nicht vermittelbar!“

Keine Abfallvermeidung

Die zu erwartende, erhebliche Steigerung des Verbrennungspreises werde nicht die Wirkung haben, dass Verbraucher weniger Abfall erzeugen und somit weniger CO2 entsteht. Oder anders gesagt: Eine Abfallverbrennungsanlage könne keinen Abfall vermeiden. Sie könne nur verbrennen, was ihr vom Abfallerzeuger angeliefert wird.

„Wer eine Wirkung erzielen will, muss Produkte wie Kunststoffe mit Emissionszertifikatsgebühren belasten und nicht die Abfälle. Oder in dem BEHG Instrumente für die Anlagenbetreiber einbauen, in CO2-Minderungstechnologien zu investieren - und diese Investitionen über geringere Emissionszertifikatsgebühren zu refinanzieren. Ein solches Instrument findet sich aber nicht im BEHG!“

Die GML sei stolz darauf, viele Jahre erfolgreiches Kosten- und Synergiemanagement betrieben zu haben. Über 25 Jahre sei der Verbrennungspreis sinkend oder konstant. Dieser Erfolg werde mit den Kosten der Emissionszertifikate auf einen Schlag zunichtegemacht.

Unterm Strich werde sich der stark steigende Verbrennungspreis in den Abfallgebühren widerspiegeln. Wie groß diese Auswirkungen sein werden, müssen die kommunalen Gebührenhaushalte entscheiden.

Freier Autor

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