Ludwigshafen. Ein Mieter, der nicht zahlen will, ein aufwendiger Heizungseinbau oder schlicht und ergreifend Ärger mit dem Nachbarn - Sebastian Schröer bekommt dieser Tage die gesamte Palette von möglichen Vermieter-Problemen zu hören. Der 38-Jährige ist neuer Vorsitzender des Vereins Haus und Grund Ludwigshafen, der die Interessen von rund 2800 Grundeigentümern in und aus der Chemiestadt vertritt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten private Haus- und Wohnungseigentümer in der Korrespondenz mit Mietern, Eigentümergemeinschaften, Nachbarn oder dem Bauamt. Besonders viele Anfragen kommen zur Grundsteuerreform und zur CO2-Abgabe ins Haus, berichtet Schröer. „Da beobachten wir eine große Unsicherheit“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion.
Als Vorsitzender folgt der Rechtsanwalt auf Karlheinz Glogger, der den Verein 45 Jahre lang geführt hatte. Schröer selbst ist seit zehn Jahren als Berater bei Haus und Grund dabei gewesen, bevor er das Ehrenamt antrat. „In dieser Zeit ist die Mitgliederzahl stetig gewachsen. Während Corona herrschte dann etwas Stagnation, aber wir gehen von einem weiteren Zuwachs aus“, so der 38-Jährige. Dabei will der Verein künftig auch verstärkt jüngere Mitglieder werben. „Denn unser aktuelles Publikum ist schon ein älteres. Weil sich die meisten Menschen heute eben erst im Alter eigenen Grundbesitz leisten können“, sagt Schröer. Auch Wohnungseigentümer würden immer häufiger bei Haus und Grund Mitgliedschaften abschließen. „Einfach, weil es da ein riesiges Streitpotenzial gibt. Wo eine Eigentümergemeinschaft existiert, da gibt es auch Gemeinschaftseigentum, man kann nicht tun und lassen, was man will.“ Durch ein neues Wohnungseigentumsgesetz aus dem Dezember 2020 seien zudem Hausverwaltungen gegenüber Wohnungseigentümern gestärkt worden. „Diese haben jetzt weniger Rechtsschutz vor Eingriffen in deren Substanz“, erläutert Schröer.
- Der Verein Haus und Grund trauert um seine langjährige Geschäftsführerin Pia Sauer. Wie der Vorsitzende Sebastian Schröer und der Ehrenvorsitzende Karlheinz Glogger mitteilen, starb sie Mitte Juli überraschend im Alter von 61 Jahren. Sauer kam 1991 ins Team von Haus und Grund und übernahm 2001 die Geschäftsführung. „Ohne sie ging mit der Zeit nichts mehr“, so Glogger.
- „Sie hatte den Durchblick. Wenn es um Nebenkostenabrechnungen ging, haben nicht selten unsere Anwälte bei ihr nachgefragt. Die fachliche Kompetenz war das eine, ihre menschliche Art, die Empathie, mit der sie den Mitgliedern begegnete, war ihre andere Seite“, würdigt der Ehrenvorsitzende die Verstorbene. An Sauers Tod habe der Verein derzeit noch schwer zu knabbern, so Schröer. Die kommissarische Nachfolge übernimmt Christiane Heller. „Pia Sauer werden wir alle schmerzlich vermissen.“
Irritationen bei Vermietern
An der allgemeinen Wohnungspolitik stört Sebastian Schröer vor allem, dass vieles künstlich verkompliziert werde. Dies zeige sich aktuell an dem geplanten Gesetzesentwurf zur CO2-Steuer. Erstmals sollen sich danach auch Vermieter an den Abgaben für Heizöl und Erdgas beteiligen. Die genaue Verteilung hänge aber von vielen Faktoren ab, was bei Vermietern für Irritationen sorgt. Gleiches gilt für die Grundsteuerreform. Grundeigentümer müssen neuerdings detaillierte Angaben zu den Werten ihrer Anwesen machen. In Fragebögen werden Wohnfläche, Baujahr, Renovierungen und vieles weiter abgefragt. Wer ein gebrauchtes Haus gekauft hat, steht oft ratlos da. „Dazu bekommen wir wirklich ständig Anfragen“, sagt Karlheinz Glogger, der als Ehrenvorsitzender noch weiterhin in der Geschäftsstelle aushilft.
Auch die jüngst vom Ludwigshafener Stadtrat beschlossene Erhöhung der Grundsteuer B von 420 auf 525 Punkte sehen viele Vermieter kritisch. „Allerdings sitzen da ja Vermieter und Mieter im selben Boot, da es alle betrifft“, sagt Schröer. Der Verein Haus und Grund bedauere in diesem Zusammenhang, dass die Autonomie der Stadt eingeschränkt sei, da die Steuererhöhung auf Druck der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) durchgebracht worden sei. „Nach ihrem Amtsantritt hatte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck bei unserer Mitgliederversammlung noch zugesichert, dass es keine Grundsteuer-Erhöhung geben wird“, erinnert sich der 38-Jährige.
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„Mietpreisbremse ein Papiertiger“
Seit Oktober 2020 gilt in Ludwigshafen eine Mietpreisbremse. Diese besagt, dass bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen die zulässige Miete höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete plus zehn Prozent angehoben werden darf. „In der Praxis haben wir dazu in Ludwigshafen aber quasi keine Fälle“, berichtet Schröer. „Die Mietpreisbremse erweist sich hier als Papiertiger.“ Glogger meint, dass die Mieten insgesamt in Ludwigshafen nicht auf einem solch hohen Niveau seien, um ein solches Instrument zu benötigen.
Insgesamt bewertet Schröer, der mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern im Stadtteil Süd lebt, Ludwigshafen als einen attraktiven Standort für einen Grundstücks- oder Hauskauf. „Hier gibt es noch gute Preise, auch wenn sie natürlich ebenfalls gestiegen sind. Aber nicht in dem Maße wie in Heidelberg oder Speyer“, sagt er. Schröer, der hauptberuflich in der Kanzlei am Hafen arbeitet, schätzt die hohe Lebensqualität in der Chemiestadt. „Ich wehre mich auch gegen den Vorwurf der ,hässlichsten Stadt’. Natürlich leben wir hier in einer sehr schönen Region, in der Ludwigshafen als Industriestadt etwas heraussticht.“
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