Ludwigshafen. Müll, Lärm, Streit ums Parken, Alkoholexzesse bis hin zu Prostitution – die Probleme, die Monteursunterkünfte und illegale Pensionen nach sich ziehen, sind vielfältig. Diese schießen nicht nur in Oppau wie Pilze aus dem Boden, sondern auch in anderen Stadtteilen. Das Geschäftsmodell ist lukrativ: Statt Wohnungen werden einzelne Zimmer, Betten oder gar Matratzen zu Wucherpreisen vermietet. Leidtragende sind die Anwohner und normale Wohnungssuchende. Der Ärger ist groß und inzwischen formiert sich Widerstand: So sammelten Anwohner in drei Tagen rund 300 Unterschriften und schrieben einen Protestbrief an die Stadtspitze und die Fraktionen im Stadtrat. Unter dem Betreff „Oppau wehrt sich“ fordern sie, dass die Stadt etwas unternimmt (wir berichteten).
Mit dem Thema hat sich nun der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung befasst. Die Mehrheit stimmte für einen Antrag der FWG, wonach die Verwaltung eine Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum erstellen soll. Diese soll eine rechtliche Handhabe sein, um besser gegen die Auswüchse dieser Unterkünfte vorgehen zu können.
In der Debatte gingen die Meinungen auseinander: „Ich bin über jede Unterstützung im Kampf gegen Problemimmobilien dankbar“, begrüßte Oppaus Ortsvorsteher Frank Meier (SPD) die Initiative der FWG. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Julia Appel bezweifelte dagegen, dass eine neue Satzung die Probleme lösen könne. „Das ist Augenwischerei, reine Schaufensterpolitik, um den Leuten etwas vorzumachen“, kritisierte sie. Das geltende Recht reiche schon aus, um gegen illegale Unterkünfte vorgehen zu können. Dazu bedürfe es aber einer ausreichenden personellen Ausstattung der Verwaltung. Der Einsatz einer „Taskforce“ aus Polizei, Ordnungsamt und Zoll habe sich bisher als sinnvoller erwiesen.
„Modernes Sklaventum“
„Das Problem betrifft nicht nur Oppau“, betonte Süd-Ortsvorsteher Christoph Heller (CDU) und verwies auf vermehrten Zuzug aus Südosteuropa in die Innenstadt. Auf Briefkästen klebten mitunter bis zu 20 Namen. „Da werden Matratzen für 200 bis 400 Euro im Monat vermietet. Das ist eine Form des modernen Sklaventums“, meinte Heller. Die Leute würden als Billigarbeitskräfte angeheuert und dann werde ihnen der wenige Lohn für eine schäbige Unterkunft abgeknöpft. Es gehe auch um mehr als um die Ruhestörung von Anwohnern. Ganze Stadtviertel könnten sozial wegkippen, wie in der Mannheimer Neckarstadt. Die Folgen seien Vermüllung, Schwarzarbeit, Prostitution und Wegzug der früheren Bewohner.
Gisela Witt (Grüne) bezifferte die Zahl legaler Unterkünfte für Monteure in Ludwigshafen auf rund 1200 Betten, Tendenz steigend. Die Arbeiter lebten in Drei- bis Acht-Bett-Zimmern und zahlten dafür zehn bis 15 Euro pro Nacht. Allein in Oppau würden 500 solcher Betten angeboten. Bedenklich seien auch die Verstöße gegen die Corona-Verordnungen, denn momentan dürften nicht mehr als zwei Personen in einer solchen Wohnung leben, sagte Witt. Sie schätzte, dass etwa 20 Prozent des Ludwigshafener Wohnungsmarkts für die Vermietung an Billigarbeitskräfte genutzt werde.
OB Jutta Steinruck (SPD) sieht die Ursachen vor allem auf europäischer Ebene. Dort sei es bisher versäumt worden, den gemeinsamen Binnenmarkt sozial zu regulieren. Ordnungsdezernent Andreas Schwarz (SPD) verwies auf die jüngsten Erfolge trotz zusätzlicher Aufgaben durch Corona. Zudem stehe die Stadt in regem Austausch mit der BASF, die die Sache ernst nehme und an einer gemeinsamen Lösung interessiert sei.
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