Ludwigshafen. 20 Jahre lang war die Sozialdemokratin Anke Simon Ortsvorsteherin im Ludwigshafener Stadtteil Mundenheim. Und sie wäre es gerne noch mindestens fünf weitere Jahre geblieben. Doch dann kam Raymond. Raymond Höptner, um genau zu sein.
Der junge Mann, den in der Chemiestadt bis dato nur kommunalpolitische Tieftaucher kannten, katapultierte die Amtsinhaberin bei der Stichwahl mit 60,9 Prozent der Stimmen förmlich aus ihrem Büro. Wer ist der neue Hoffnungsträger der CDU, der mit 24 Jahren nicht nur der jüngste Ortsvorsteher Ludwigshafens aller Zeiten sein wird, sondern auch der erste schwarze?
Raymond Höptner ist in Mundenheim aufgewachsen
„Ich lebe in Mundenheim, seit ich denken kann, bin hier aufgewachsen. Deshalb kennen die Menschen mein Gesicht“, sagt der Nachwuchspolitiker bei einem Treffen am Ortsvorsteherbüro, in dem er in den kommenden fünf Jahren viele Stunden verbringen wird. Er trägt ein schwarzes T-Shirt, die cremefarbene Hose endet über den Knöcheln, an den Füßen schwarz-glänzende Sneaker. Durch die Brille schauen freundliche Augen, das Grinsen ist breit.
„Das hätte aber niemand erwartet“, sagt er mit Blick auf das eindeutige Ergebnis der Stichwahl gegen die langjährige Landtagsabgeordnete Simon. „Ich war schon beim ersten Wahlgang total überrascht“, so Höptner. „Aber ich freue mich sehr, das bestätigt meinen guten Wahlkampf.“
Die „After-Work-Schorle“ und andere Ideen kamen im Wahlkampf gut an
Gemeinsam mit dem Ortsvorsitzenden Jan Sommer und seinem Umfeld habe er neue Ideen entwickelt, die Menschen zu erreichen. „Man muss den Leuten etwas bieten, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen“, sagt der 24-Jährige. Und so kamen Formate wie die „After-Work-Schorle“, gemeinsames Fußballschauen oder eine „Ladies Night“ zustande. „Frauen gehen statistisch seltener wählen als Männer und interessieren sich weniger für Politik. Dem wollten wir damit entgegenwirken“, erklärt Höptner.
Der 24-Jährige ist Mundenheimer durch und durch. Er besuchte die Grundschule Schillerschule, kam auf die Karolina-Burger Realschule plus und wechselte dann aufs Heinrich-Böll-Gymnasium („weil ich nur Einser geschrieben habe“). Seinen Abschluss machte er dann an der Berufsbildenden Schule Wirtschaft I. Höptner, Sohn ghanaischer Einwanderer, die sich in Ludwigshafen kennengelernt haben, engagiert sich schon lange in der Pfarrei Heilige Petrus und Paulus, war seit seiner Kommunion Messdiener und später Gruppenleiter. Er ist überzeugt, dass Gott ihm den richtigen Weg weist.
Das christliche Menschenbild ist es auch, das ihn später zur CDU bringt. „Sie vertritt die Werte, die ich am meisten teile“, berichtet er. Zudem sei er in der Zeit aufgewachsen, in der Angela Merkel Bundeskanzlerin war. „Mit ihr habe ich schon immer sympathisiert.“ 2020 tritt er schließlich in die Partei ein und wird ein Jahr später direkt in den Kreisvorstand gewählt. Für den damaligen Bundestagsabgeordneten Torbjörn Kartes arbeitet er in dessen Wahlkreisbüro. „So ist der Stein ins Rollen geraten“, berichtet Höptner, der sein Studium der Politikwissenschaften in Berlin bald abschließen wird. Als Werkstudent arbeitete er dort bis Ende Juni im Bundesfinanzministerium mit. „Ich habe also auch schon die große Bundespolitik kennengelernt“, sagt er.
Seit bald zehn Jahren als Fußball-Schiedsrichter erfolgreich
Neben seinem kirchlichen Engagement ist Höptner seit 2015 auch auf vielen Fußballplätzen in der weiteren Region unterwegs. Damals machte er den Schiedsrichter-Schein und erwies sich in der Folge schnell als gefragter Mann an der Pfeife. Er leitet Spiele in der Landes- und Bezirksliga und war als Assistent sogar in der Oberliga dabei. „Ich habe einen ausgesprochenen Sinn für Gerechtigkeit“, erklärt der 24-Jährige seine Motivation, den Job des oft ungeliebten Schiedsrichters zu übernehmen. „Ich kann gut mit Menschen umgehen und auch in hitzigen Situationen die Ruhe bewahren.“ Diese Fähigkeiten werden ihm auch in der Politik helfen, ist er sicher. Die Schiedsrichterei müsse er dafür nun erstmal zurückfahren.
Rassismus hat Höptner in all den Jahren nur selten erlebt. Einmal habe ihn ein Zuschauer als „Mohrenkopf“ beschimpft, erinnert er sich. Auch im Alltag habe er wenig Probleme gehabt. „Wenn Leute mich nicht kennen, sind sie schon öfter erstmal distanziert. An den Blicken erkenne ich, dass ich lieber fern bleiben soll.“ Seit der großen Flüchtlingsbewegung ab Ende 2015 sei das mehr geworden. „Insgesamt habe ich in Ludwigshafen aber kaum Rassismuserfahrungen gemacht. Ich spreche aber nicht für andere.“
Wahlerfolg der AfD - auch in Mundenheim - beschäftigt ihn
Dass er nun in einem Stadtteil zum Ortsvorsteher gewählt wurde, in dem mehr als 20 Prozent der Wähler bei der vergangenen Kommunalwahl ihr Kreuzchen bei der AfD gemacht haben, beschäftigt Raymond Höptner. „Das zeigt mir, dass vielleicht auch Menschen, die mich vordergründig mögen, im Hintergrund eine Partei wählen, von der zumindest Teile Menschen wie mich aus dem Land raushaben möchten“, sagt er. Er wisse aber auch, dass keinesfalls jeder AfD-Wähler ein Rassist sei. „Viele wollen ihren Protest den etablierten Parteien gegenüber kundtun, mit denen sie nicht zufrieden sind. Das ist aber nicht die Lösung. Die AfD benennt lediglich Probleme, wird sie aber nicht lösen.“
Er selbst richtet seine politische Arbeit für die CDU nach einem Zitat des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy aus: „Fragt euch nicht, was euer Land für euch tun kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt.“ Es müsse mündige Bürger geben, die in ihrem Stadtteil für das Gute mit anpacken, so Höptner. Daher will er die Aktion „Saubere Stadt“ in Mundenheim wiederbeleben, auch ein Straßenfest soll es endlich wieder geben.
Trotz seines kleinen politischen Coups hat Höptner keinen Karriereplan in der Schublade liegen. „In der Politik gibt es selten einen geradlinigen Weg“, sagt der 24-Jährige. Er wolle sich nun erst einmal fünf Jahre in Mundenheim beweisen. „Ich nehme alles, wie es kommt“, sagt der gläubige Christ. Einen schwarzen Oberbürgermeister hatte Ludwigshafen jedenfalls auch noch nicht.
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