Massive Kritik

Ludwigshafener Stadtrat wirft Landrat Körner Erpressung vor

"Kuhhandel", "Geschacher" und "Erpressungsversuch": In der Sitzung des Ludwigshafener Stadtrates fielen deutliche Worte gegen Clemens Körner, Landrat des Rhein-Pfalz-Kreises. Was die Fraktionen so auf die Palme brachte

Von 
Julian Eistetter
Lesedauer: 
Dass der Hauptsitz des Rhein-Pfalz-Kreises (oben links) nah an der Hochstraße Nord liegt, lässt sich jedenfalls nicht von der Hand weisen. © Bernhard Zinke

Ludwigshafen. Der Wunsch des Rhein-Pfalz-Kreises, seinen Hauptsitz von Ludwigshafen nach Schifferstadt zu verlegen, ist lange bekannt. Der Zwang der Stadt Ludwigshafen, die Hochstraße Nord abzureißen und durch eine neue Trasse zu ersetzen, ebenso. Nun hat der Kreis, dessen Domizil in unmittelbarer Nähe der Brücke liegt, gegen den Planfeststellungsbeschluss für Abriss und Neubau der B 44 geklagt - und diese Klage zumindest in den wesentlichen Teilen jüngst wieder zurückgenommen.

Im Gegenzug sicherte Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) - die in der Vergangenheit stets betont hatte, wie wichtig der Verbleib der Kreisverwaltung in der Stadt wäre - dem Landrat Clemens Körner (CDU) zu, ihn bei der Verlagerung des Kreishauses unterstützen zu wollen. Denn dafür muss erstmal ein Landesgesetz geändert werden.

Nach der Klage des Kreises gegen den Planfeststellungsbeschluss bleibt ein fader Beigeschmack

Für viele Beobachter, insbesondere in der Ludwigshafener Kommunalpolitik, hat diese Vereinbarung einen ziemlich faden Beigeschmack. Und so gab es bei der Stadtratssitzung am Montag eine ordentliche Breitseite gegen den Landrat und dessen fragwürdiges Vorgehen.

Landrat Clemens Körner hatte stets beteuert, das Hochstraßen-Projekt durch die Klage nicht blockieren zu wollen. © Rhein-Pfalz-Kreis

„Das ganze Prozedere ist mehr als befremdlich“, sagte etwa SPD-Fraktionschef David Guthier, um in der Folge noch deutlicher zu werden: „Wir hoffen, dass das ein einmaliger Vorgang bleibt und diese Art des Erpressungsversuchs in Zukunft nicht wieder vorkommt.“ Rumms.

SPD-Fraktionschef kritisiert unnötige Verschwendung von Steuergeldern

Unter interkommunaler Zusammenarbeit stelle sich Guthier jedenfalls etwas anderes vor. „Wir brauchen kein Gegeneinander unter Nachbarn“, betonte er. Überhaupt hätte es für die jetzige Vereinbarung keine Klage gebraucht, wenn man offen miteinander kommuniziert hätte. So seien sinnlos Steuergelder verschwendet worden durch juristische Beratungen und Prüfungen.

Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren

Etwas moderater trat da Peter Uebel (CDU) auf, der aber ja auch das gleiche Parteibuch wie Landrat Körner besitzt. „Wir hätten uns einen zügigeren Ablauf gewünscht“, sagte er. Nun sei „der Stein aber aus dem Weg geräumt“. Dass die Kreisverwaltung der Stadt den Rücken zukehre, sei dennoch schmerzhaft, sagte er mit Blick auf die vielen Arbeitsplätze.

Raik Dreher (Grünes Forum und Piraten) war da anderer Meinung. „Reisende soll man nicht aufhalten“, zitierte er eine viel bemühte Floskel. Clemens Körner habe ein „mieses Ding gedreht“, das Vorgehen sei unverantwortlich und einer Kreisverwaltung nicht würdig, kritisierte er. Für die Immobilie und das Grundstück, die von der Stadt nach dem Umzug übernommen werden sollen, dürfe „kein Cent zu viel“ gezahlt werden, so Dreher.

FDP: "Man sieht sich immer zweimal im Leben"

Thomas Schell, Fraktionschef der FDP, ließ sich sogar zu einer gut verpackten Drohung hinreißen. „Man sieht sich immer zweimal im Leben“, rief er, nachdem er seinem Entsetzen über die Praktiken des Landkreises Ausdruck verliehen hatte. Der Kreis und dessen Bewohner würden die Ludwigshafener Infrastruktur dankend in Anspruch nehmen, das unlautere Vorgehen könne dem Nachbarn deshalb durchaus noch auf die Füße fallen.

Die Linke spricht von  einem „Kuhhandel“

Für viel Pathos bekannt, enttäuschte auch Bernhard Wadle-Rohe (Die Linke) in seinem Beitrag nicht. Er sprach von einem „Kuhhandel“, „politischem Geschacher“ und einer jahrelangen „Täuschungskomödie“. Mit der Klage gegen das wichtige Bauprojekt habe der Landrat die Zustimmung der Stadt und des Ludwigshafener Stadtrates förmlich erzwungen. „Damit setzt Clemens Körner einen weiteren Stein in der Mauer zwischen Kreis und Stadt“, so Wadle-Rohe. Dabei bedürfe es vielmehr eines Bekenntnisses zu der historisch gewachsenen Verbindung zwischen Stadt und Rhein-Pfalz-Kreis.

Mehr zum Thema

Großprojekt

Hochstraße Nord in Ludwigshafen: Rhein-Pfalz-Kreis nimmt Klage zurück

Veröffentlicht
Von
Julian Eistetter
Mehr erfahren
Ludwigshafen

Körner weist Kritik wegen Klage zurück: Landrat fühlt sich ungerecht behandelt

Veröffentlicht
Von
red
Mehr erfahren
Großprojekt

Helmut-Kohl-Allee in Ludwigshafen: Viel Kritik an Klage des Landkreises

Veröffentlicht
Von
Julian Eistetter
Mehr erfahren

Trotz heftiger Kritik am Kreis gibt es Zustimmung zur Verlagerung des Hauptsitzes

Bei der Abstimmung am Ende stimmten zumindest SPD und CDU dann aber doch für die Unterstützung des Kreises bei der Verlegung ihres Sitzes. „Weil es der Sache dienlich ist“, sagte der angesäuerte David Guthier. Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck wies darauf hin, dass die Stadt ohnehin keine Befugnisse in dieser Sache habe, sondern dies eine Entscheidung des Landes sei. Der Kreis habe sich jedoch von einem positiven Votum aus Ludwigshafen eine Signalwirkung nach Mainz erhofft.

Das Grundstück könne die Stadt in Zukunft tatsächlich gut nutzen, erklärte die Rathauschefin. Denn es liegt mitten im künftigen Quartier City West und könnte ein wichtiger und dringend benötigter Bildungsstandort im Hemshof werden.

Nicht nur der Rhein-Pfalz-Kreis hat im Übrigen gegen den Planfeststellungsbeschluss für das Projekt Helmut-Kohl-Allee geklagt, sondern noch eine weitere Partei. Der Stadtrat sprach sich dennoch dafür aus, die Planungen jetzt zügig voranzutreiben, ohne auf den Ausgang zu warten. Die Chancen auf Erfolg der Klage seien verschwindend gering, versicherte Björn Berlenbach, Geschäftsführer der Bauprojektgesellschaft Ludwigshafen.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke