Finanzen - Gremium verabschiedet Haushalt / Grundsteuer B steigt nach hitziger Debatte auf 525 Prozentpunkte

Nach hitziger Debatte im Stadtrat: Wohnen in Ludwigshafen wird teurer

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Julian Eistetter
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Wohnen wird in Ludwigshafen teurer. Der Stadtrat hat auf Druck der Aufsichtsbehörde einer Erhöhung der Grundsteuer zugestimmt. © Bernhard Zinke

Ludwigshafen. Nach monatelangen Debatten hat der Ludwigshafener Stadtrat ein weiteres Mal den Haushalt für das Jahr 2022 verabschiedet. Dies war erforderlich, da die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) den im Dezember erstmals beschlossenen Etat der hoch verschuldeten Stadt bislang noch nicht genehmigt hatte (wir berichteten). Als Voraussetzung für die Zustimmung zu dem Zahlenwerk hatte die Behörde die deutliche Erhöhung der Grundsteuer-Hebesätze gefordert. Der im Dezember gefundene Kompromiss einer Anhebung der Grundsteuer B auf 487 Prozentpunkte war nicht ausreichend.

Und so gab der Stadtrat am Montag nach erneut hitziger Diskussion mit knapper Mehrheit grünes Licht für die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 420 auf 525 Prozentpunkte. Eigentümer müssen also künftig mehr für ihre Grundstücke zahlen, und auch Mieter dürften die Erhöhung deutlich zu spüren bekommen.

Zwei Anträge abgelehnt

Genau das hatte bereits im Vorfeld der Sitzung für heftige Diskussionen gesorgt. Noch im Dezember waren sich alle Fraktionen einig, dass eine solche Erhöhung den Bürgern nicht zuzumuten sei. In der vergangenen Hauptausschuss-Sitzung lenkte die SPD dann ein. Gemeinsam mit den Grünen im Rat, dem Forum und Piraten sowie der AfD sorgten die Sozialdemokraten für eine Mehrheit von 32:26. Gegen den Antrag der Verwaltung stimmten CDU, FWG, FDP, Linke und Bürger für Ludwigshafen.

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CDU und FWG sowie Bürger für Ludwigshafen brachten jeweils Änderungsanträge ein, die abgelehnt wurden. Christdemokraten und Freie Wähler zielten darauf ab, bei dem Kompromissvorschlag zu bleiben, die Grundsteuer B auf 487 Punkte zu erhöhen. Angesichts der Sozialstruktur in Ludwigshafen sei eine massivere Erhöhung nicht zumutbar, argumentierte CDU-Fraktionschef Peter Uebel. Er zeigte sich enttäuscht von der SPD, die eingeknickt sei. Schuld an der finanziellen Misere der Stadt habe in erster Linie das Land, doch auch Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck und Kämmerer Andreas Schwarz (beide SPD) hätten lange Zeit ein klares Gesamtkonzept zur Haushaltskonsolidierung vermissen lassen. Rainer Metz (FWG) verwies auf die ohnehin schon explodierenden Kosten in sämtlichen Lebensbereichen. Die Erhöhung der Grundsteuer treffe letztlich die sozial Schwachen. Mit 24:34 Stimmen wurde der Antrag jedoch letztlich abgelehnt.

"Man muss wissen, wann Schluss ist"

Noch deutlicher war die Mehrheit gegen den Antrag der Bürger für Ludwigshafen, die die aktuellen Hebesätze von 320 (Grundsteuer A) und 420 (Grundsteuer B) beibehalten wollten. Erhöhungen seien den Bürgerinnen und Bürgern in diesen Zeiten nicht zuzumuten, sagte Fraktionschef Hans-Joachim Spieß mit Blick auf die Inflation. Er wunderte sich über den Sinneswandel der anderen Fraktionen, da sich an der Situation seit Dezember nichts zum Guten verändert habe.

David Guthier (SPD) betonte, dass auch die SPD sich mit der Steuererhöhung schwer tue. Man wolle die Stadt aber nicht kaputtsparen und für mögliche Folgen eines weiterhin nicht genehmigten Haushalts verantwortlich sein. Dies hätte nämlich zur Folge, dass öffentliche Einrichtungen wie die Stadtbibliothek, der Pfalzbau oder der Wildpark geschlossen werden müssen und keine freiwilligen Leistungen an Vereine ausgezahlt werden können.

Grundsteuer

  • Bei der Grundsteuer A (landwirtschaftliche Betriebe) steigt der Hebesatz nach Vorschlag der Stadt von 320 auf 400 Prozentpunkte. Mehrertrag: 25 000 Euro jährlich.
  • Der Hebesatz der Grundsteuer B (für bebaute und unbebaute Grundstücke) steigt nach dem Stadtratsbeschluss von 420 auf 525 Prozent. Das hat Mehreinnahmen von jährlich 7,8 Millionen Euro zur Folge.
  • Damit ist der Kompromissvorschlag einer Anhebung auf 487 Prozentpunkte vom Dezember überholt.
  • In Mannheim liegt der Hebesatz der Grundsteuer B bei 487 Prozent, in Heidelberg bei 470. 

Für Johannes Thiedig (AfD) gab es keine andere Alternative, als der Steuererhöhung und dem Haushaltsplan zuzustimmen. „Die ADD hat deutlich gemacht, dass es keine weiteren Verhandlungen mehr geben wird“, sagte er. „Wer heute ablehnt, der muss dazu stehen - auch zu den Folgen“, sagte er.

Hans-Uwe Daumann (Grüne im Rat) fühlte sich in den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ versetzt. „Wir müssen rauskommen aus dieser Scheindiskussion. Es macht keinen Sinn, einen Kompromiss vorzuschlagen, der bereits gescheitert ist“, sagte er mit Blick auf den Antrag von CDU und FWG. Vielmehr sollten sich diese Fraktionen nun kompromissbereit zeigen, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zu erreichen. Raik Dreher (Forum und Piraten) konstatierte, dass man sich der Erhöhung der Grundsteuer nicht mehr entziehen könne. „Irgendwann muss man wissen, wann Schluss ist.“ Die ADD sitze am längeren Hebel und seine Fraktion wolle den Bürgern nicht erklären, dass Einrichtungen geschlossen werden.

Dank der Rathauschefin

Thomas Schell wiederholte seinen Vorwurf, dass er den Stadtrat von der ADD „erpresst“ sehe. „So funktioniert Demokratie nicht. Dass die ADD Forderungen stellt und wir keinen Spielraum haben“, kritisierte er. Die acht Millionen Euro Mehreinnahmen durch die Erhöhung seien zudem ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch Liborio Ciccarello verweigerte für die Linke die Zustimmung zur Erhöhung. Der ADD müsse signalisiert werden: „Bis hier hin und nicht weiter!“ Die SPD habe mit ihrer Kehrtwende der Stadt diesbezüglich einen Bärendienst erwiesen.

Alle Kritik half am Ende nichts, die Steuererhöhung kommt. Oberbürgermeisterin Steinruck bedankte sich für den Mut, den Menschen in der Stadt die Lebensqualität zu erhalten. „Sie haben den Bürgern Vieles gelassen, was wir ihnen sonst hätten nehmen müssen.“

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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