Jubiläum

Ludwigshafener Kaffee-Rösterei Mohrbacher: Familientradition seit 100 Jahren

Die Kaffee-Rösterei Mohrbacher ist einer der wenigen verbliebenen Traditionsbetriebe in Ludwigshafen. Jetzt wird er 100 Jahre alt. Auch Angela Merkel kam schon in den Genuss

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Julian Eistetter
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Katja Müller-Altmann betreibt die Privat-Kaffee-Rösterei Mohrbacher in Ludwigshafen gemeinsam mit ihrem Bruder Jörg Bischof. © Christoph Blüthner

Ludwigshafen. Als die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel im August 2017 für einen Wahlkampftermin auf den Theaterplatz vor dem Ludwigshafener Pfalzbau kam, da wurde ihr zum Abschied eine Tüte in die Hand gedrückt. Darin befand sich ein Päckchen mit einer exklusiv für sie zusammengestellten Kanzlerinnen-Mischung der Kaffee-Rösterei Mohrbacher. „Ausgewogen“ und „diplomatisch“ sollte sie sein. Ob die Alt-Bundeskanzlerin, die dafür bekannt war, ihren Gästen eigenhändig Kaffee oder Tee zu servieren, von der Mischung gekostet hat, ist nicht überliefert.

Kaffee-Rösterei Mohrbacher: Ein Aushängeschild für Ludwigshafen

Falls ja, dann müsste sie wohl noch heute zu den Kunden des Traditionsbetriebes gehören. Zumindest, wenn man die Worte der Geschäftsführerin Katja Müller-Altmann heranzieht: So gut wie jeder, der einmal einen Kaffee der Privat-Kaffee-Rösterei Mohrbacher probiert habe, komme wieder, sagt diese voller Überzeugung. Unzählige Liebhaber des Heißgetränks müssen das gewesen sein. Denn Mohrbacher wird am kommenden Mittwoch genau 100 Jahre alt.

Ob nun Merkel zu den Mohrbacher-Fans zählt oder nicht - die Anekdote zeigt jedenfalls eines ganz deutlich: Die traditionsreiche Kaffee-Rösterei ist eines der wenigen noch verbliebenen Aushängeschilder Ludwigshafens.

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Gegründet 1924 von Hans Mohrbacher als Kolonialwarengeschäft

Gegründet wird der Betrieb am 1. Mai 1924 von Hans Mohrbacher als Kolonialwarengeschäft in der Mundenheimer Straße 233. „Für meinen Großvater stellte sich damals die K-Frage: Kaffee oder Kohle?“, berichtet die heutige Geschäftsführerin Müller-Altmann im Gespräch mit dieser Redaktion. 21 Jahre alt war der Mann damals und wollte sich selbstständig machen. Im selben Alter übernahm Müller-Altmann dann übrigens Jahre später den Betrieb, den sie seit bald 28 Jahren gemeinsam mit ihrem Bruder Jörg Bischof als Geschäftsführerin in dritter Generation leitet.

Jörg Bischof an der gusseisernen Röstmaschine. © Christoph Blüthner

In der Zeit der Geschäftsgründung ist Kaffee noch selten und entsprechend teuer. Anfangs werden in dem Kolonialwarenladen also auch noch Schnaps und andere Artikel verkauft, ehe der Kaffee einen immer größeren Raum einnimmt.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wird das Haus vollständig zerstört

Einen herben Rückschlag erlebt die Familie im Zweiten Weltkrieg. Mit dem zweitletzten Luftangriff auf die Chemiestadt wird das fünfstöckige Biedermeierhaus vollständig zerstört. Nur zwei Jahre später ist es aus den Trümmerteilen aber zumindest soweit wieder aufgebaut, dass der Betrieb erneut aufgenommen werden kann. „Im Jahr 1954 wurde dann die Röstmaschine aufgestellt“, berichtet die 48-jährige Müller-Altmann.

Das Haus in der Mundenheimer Straße 233 wurde im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört. Das Bild zeigt das wieder aufgebaute Geschäft. © Christoph Blüthner

Schwere Zeiten erleben Kaffee-Röstereien auch durch den Aufstieg des 1949 gegründeten Unternehmens Tchibo. „Die haben ihre Kaffee-Pakete mit Geschirrtüchern oder anderen kleinen Beilagen verschickt“, berichtet Müller-Altmann. Dieses Geschäftsmodell sei gut angekommen, viele kleine Röstereien seien untergegangen. „Wir selbst haben es irgendwie überlebt, aber die Familie hat viel privates Geld reingesteckt“, so die Chefin.

Bei Mohrbacher wird der Kaffee noch von den Chefs geröstet und von Mitarbeitern handverlesen

Während die blonde Frau in ihrer weißen Arbeitsmontur im Verlese- und Probierraum des Betriebs von früher erzählt, ist im Hintergrund ein permanentes Rieseln zu hören. Zwei Frauen sitzen an Verlesemaschinen und sortieren mit flinken Handbewegungen zu helle oder zu dunkle Kaffeebohnen aus, die vor ihnen über ein kurzes Fließband laufen. Auch Steine und andere Fremdkörper werden hier herausgepickt. „Bei uns wird alles noch handverlesen“, berichtet Müller-Altmann.

Qualitätskontrolle: Bei Mohrbacher wird der Kaffee noch handverlesen. © Christoph Blüthner

Die Geräte haben fast schon historischen Charakter, andernorts werden sie in Museen ausgestellt, so die 48-Jährige. Auch die gusseiserne Röstmaschine ist noch immer in Betrieb, bedient wird sie ausschließlich von Jörg Bischof und Katja Müller-Altmann. „Das Rösten ist das erste, was man lernt“, erklärt diese. Im Laden mitgeholfen hat sie schon als junges Mädchen, vorne im Verkauf. Der Weg zur Nachfolgerin ihres Vaters als Geschäftsführerin war also gezeichnet.

Diese aktuellen Herausforderungen sieht die Geschäftsführerin von Mohrbacher

Die zunehmende Digitalisierung auch im Kaffee-Geschäft ist ihren Angaben nach eine herausfordernde Entwicklung der vergangenen fünf bis sechs Jahre. Sämtliche Einkäufe - insgesamt etwa 100 Tonnen Kaffee pro Jahr aus Ländern wie Tansania, Kenia, Nicaragua, Mexiko oder Indien - müssen rückverfolgbar sein, Lieferketten einwandfrei ersichtlich. „Letztlich muss heute jeder kleine Kaffeebauer in Afrika einen Computer besitzen, in der Praxis ist das oft schwer“, sagt Müller-Altmann.

Im Keller des Betriebs in der Mundenheimer Straße lagern Säcke voller Kaffee. Der Großteil der bestellten Ware ist aber im Hamburger Hafen eingelagert. © Christoph Blüthner

Die Einhaltung von Qualitätsstandards ist für sie von besonderer Bedeutung. „Das Zusammenspiel mit dem Klimaschutz wird immer wichtiger, der bewusste Umgang mit Ressourcen muss das Ziel sein.“ Mohrbacher hat inzwischen mehrere bio-zertifizierte Kaffeesorten im Sortiment „Die Endkunden schauen verstärkt darauf in den vergangenen Jahren, das wird bewusster nachgefragt.“

Vor einigen Jahren treffen Rassismusvorwürfe die Rösterei Mohrbacher - das Logo wird angepasst

Doch nicht nur die angenehmen Aspekte des Zeitgeists betreffen die Traditionsrösterei. Vor einigen Jahren gerät der Betrieb ins Visier von „Antirassisten“, denn das Firmenlogo zeigt eine dunkelhäutige Frau mit roten Lippen und rotem Turban, die Kaffee serviert. Zahlreiche Hass-Mails gehen 2020 bei der Geschäftsführerin ein, die die Umgestaltung des Logos fordern - und auch die Änderung des Namens. „Eine Namensänderung kam und kommt für uns gar nicht infrage“, sagt Müller-Altmann. Dieser geht auf den gleichnamigen Bach und die Gemeinde bei Landstuhl zurück, von wo die Familie kommt.

Das in die Kritik geratene alte Logo der Kaffee-Rösterei Mohrbacher. © Manfred Rinderspacher

Das Logo lässt die Firma schließlich entschärfen, die Figur, die den Kaffee serviert, ist nur noch mit Linien stilisiert. Die große Aufregung konnte die 48-Jährige jedoch nie wirklich nachvollziehen. „Immer wenn die Delegation aus Rheinland-Pfalz ins Partnerland Ruanda fliegt, nimmt sie Mohrbacher-Kaffee mit. Und die Menschen dort waren immer stolz darauf, dass ihre Hautfarbe auf unserem Produkt abgedruckt war.“

Wie geht es mit dem Traditionsbetrieb Mohrbacher im Süden Ludwigshafens weiter?

Letztlich ist das jedoch aber nur ein kurzes von sehr vielen Kapiteln in der langen Geschichte der Rösterei. Müller-Altmanns Wunsch ist es, dass noch einige Kapitel hinzukommen. Sie selbst will noch mindestens zehn Jahre weitermachen. Wie es dann weitergehen könnte, ist noch offen. „Vielleicht ergibt sich ja noch eine vierte Generation“, sagt die Frau, die einen 14-jährigen Sohn hat. Auch ihr Bruder, 63 Jahre, hat Kinder. „Es wäre natürlich schön, wenn der Betrieb in Familienhand bleibt, aber es ist nicht zwingend notwendig.“ Auch eine externe Nachfolge sei also denkbar.

Wer auch immer den Betrieb übernimmt, muss den Kaffee leben, sagt Müller-Altmann. So wie ihre Familie es seit nunmehr 100 Jahren tut. Zum Jubiläum setzt die Firma eine neue Webseite auf. Und auch Aktionen für die Kunden soll es geben. Da lässt sich die Geschäftsführerin aber noch nichts entlocken.

Und wie ist das nun mit Angela Merkel? „Zu unseren Kunden zählen auch Prominente“, sagt Müller-Altmann. Die Namen dürfe sie aber selbstverständlich nicht sagen.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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