Wahlkampf - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßt Förderung für Hochstraße Nord / 1500 Menschen bei Rede auf Theaterplatz

Zwischen Hype und Hass

Von 
Julian Eistetter
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Ludwigshafen. Um kurz vor 18 Uhr steht Angela Merkel gestern auf der Bühne vor dem Pfalzbau und singt die deutsche Nationalhymne. Eingerahmt ist sie von Oberbürgermeisterin Eva Lohse, Bundestagskandidat Torbjörn Kartes, der Landesvorsitzenden Julia Klöckner und anderen lokalen CDU-Parteifreunden. Gerade hat die Bundeskanzlerin ihre rund einstündige Wahlkampfrede vor 1500 Ludwigshafenern beendet. Eine Ansprache, die sich zu einem regelrechten Galopp durch die politische Agenda entwickelte. Themen waren der Dieselskandal, Europa, Steuersenkungen, Familie, Innere Sicherheit und Flüchtlinge.

Es ist ein Abend, an dem Zuneigung und Verachtung sehr nah beieinander liegen. Während vorne schwarz-rot-goldene Plakate mit der Aufschrift "Voll muttiviert" und dem Namen der Kanzlerin in die Höhe gereckt werden, ertönen von hinter der Absperrung gellende Pfiffe und Schmähungen. Rund 20 Demonstranten skandieren immer wieder "Hau ab" oder "Heuchlerin". Auf Pappschilder haben sie "Merkel muss weg" oder "Merkel wählen = Leichen zählen" geschrieben. Nach Angaben der Polizei kommt es aber zu keinen Zwischenfällen.

"Eine tolle Frau"

Einer der jungen Männer steht nach der Veranstaltung auf sein Schild gestützt auf dem Theaterplatz. "Wir müssen der Kanzlerin zeigen, dass die Jugend nicht schläft", sagt er. "Sie muss sehen, dass sie Gegner hat." Bei der Wahl will der Demonstrant, der anonym bleiben möchte, die AfD unterstützen. Vor allem das Familienprogramm überzeuge ihn. "Außerdem werden die Grenzen dann geschlossen", hofft er. Angela Merkel hält er für eine Lügnerin. "Unter ihr werden die Arbeitslosenzahlen beschönigt", behauptet der Ludwigshafener: "Sie muss weg."

Eine komplett andere Meinung von der Bundeskanzlerin haben Lana Almurabet und ihr Bruder Tarek. Während der Rede stehen sie vor den Sitzenden in der ersten Reihe und fiebern regelrecht mit. Die 21-jährige Syrerin muss sich sogar die eine oder andere Träne aus den Augen tupfen.

"Angela Merkel ist eine tolle Frau", sagen die Geschwister aus Waldsee (Rhein-Pfalz-Kreis) im Anschluss. Die beiden sind vor rund einem Jahr vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Deutschland geflohen. "Sie hat uns viele Chancen gegeben, wir sind Deutschland sehr dankbar, dass wir hier sein dürfen und wollen etwas zurückgeben", sagt der 23-Jährige. "Für mich war es fast wie ein Traum, sie hier zu sehen. Ein ganz tolles Gefühl", schwärmt seine Schwester. Die beiden Asylbewerber hoffen, dass Merkel noch weitere vier Jahre im Amt bleiben kann.

Aufruf zum Wählen

Merkel selbst äußert diesen Wunsch ganz zum Schluss ihrer Ansprache und fordert die Menschen gleichzeitig auf, wählen zu gehen. "Wir brauchen jede Stimme für eine vernünftige und starke Politik - auch die kritischen", sagt sie mit einem Blick hinter die Absperrung zu den Demonstranten.

Inhaltlich geht sie unter anderem auf den Dieselskandal ein. "Man muss die Frage stellen, was mit der Automobilindustrie los ist, und die Fehler klar benennen", sagt sie. Dennoch kämpfe sie vehement gegen Fahrverbote. "Wir brauchen moderne Dieselautos - mindestens, bis der Übergang zu neuen Technologien erfolgt ist", betont sie. Es müsse dafür gesorgt werden, dass "Made in Germany" in der Automobilbranche eine Marke bleibe.

Auch mit einem lokalen Verkehrsthema versucht Merkel bei den Ludwigshafenern zu punkten. "Die Hochstraße Nord ist ein wichtiges Vorhaben, und es ist gut, dass sich der Bund mit der Förderung dafür einsetzt", sagt sie. Das Projekt sei ein Beispiel dafür, wie der Bund sich für Kommunen engagiere, um sie lebenswerter zu machen. Generell ist Ludwigshafen ihrer Ansicht nach in der Amtszeit von Oberbürgermeisterin Eva Lohse auf einen guten Weg geführt worden. "Eva Lohse ist eine hervorragende Mutter für die Stadt. Ich hoffe, dass Peter Uebel in ihre Fußstapfen tritt und ein ebenso guter Vater wird", richtet sie auch an den OB-Kandidaten der CDU noch unterstützende Worte.

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Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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