Bildung

Ludwigshafener AfD will Eltern von Grundschülern zur deutschen Sprache zwingen

Die Grundschule Gräfenau im Hemshof, wo 40 Erstklässer sitzen bleiben sollen, sorgt für Debatten. Nun äußern sich AfD und Linkspartei - beide kritisieren die Landesregierung, unterscheiden sich aber in ihren Inhalten

Von 
Stephan Alfter
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Schulleiterin Barbara Mächtle hat eine Debatte losgetreten. © dpa/Uwe Anspach

Ludwigshafen. Innerhalb von wenigen Tagen ist die Grundschule Gräfenau im Ludwigshafener Hemshof in der ganzen Republik bekannt geworden, weil dort im Sommer wohl 40 Erstklässer nicht in die nächste Stufe versetzt werden können. Medien sendeten auf allen Kanälen, und weiterhin gibt es Reaktionen.

Der Grund für den Alarm: Den Kindern fehlen Fähigkeiten in sämtlichen Bereichen, und sie bringen nach Darstellung von Rektorin Barbara Mächtle vor allem riesige sprachliche Defizite mit.

Aus dem Kinderzimmer in die Schule

Viele haben keine Kita besucht und kommen direkt aus dem heimischen Kinderzimmer in die Schule. Anklagende Stimmen gegen die Mainzer Landesregierung gibt es nun aus allen politischen Lagern - auch von weit rechts. Der AfD-Kreisverband Ludwigshafen macht das grundlegende Problem in der Existenz von nicht-deutschsprachigen Parallelgesellschaften aus.

Die AfD-Fraktion im Landtag möchte sich der Stellungnahme des Kreisvorsitzenden Johannes Thiedig zufolge dafür einsetzen, dass eine „Teilnahme am Regelunterricht erst dann erfolgen kann, wenn ausreichend Deutschkenntnisse vorhanden sind.“ Deutschland sei kein reiches Land mehr, schreibt Thiedig. Die einzige Lösung sei es, alle sozial und wirtschaftlich nicht integrierbaren Personen abzuschieben. Spracherwerb sei eine Bringschuld der Einwanderer. Wer jahrelang in Deutschland lebe, ohne mit seinem Kind Deutsch zu sprechen, dürfe in der Gesellschaft keinen Platz haben und müsse notfalls abgeschoben werden.

Hilfe aus Mannheim kostet Geld

Auch die Stadtratsfraktion von „Die Linke“ sieht die entscheidenden Hebel bei der Landesregierung in Mainz, die seit Jahren untätig zuschaue. Das Fehlen von 2000 Kitaplätzen in Ludwigshafen, die den Eltern vom Land versprochen worden seien, räche sich nun in den Grundschulen. Kinder aus bildungsfernen Familien müssten das ausbaden, schreibt Bernhard Wadle-Rohe.

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Mit Recht forderten jetzt viele Fraktionen mehr Lehrpersonal und mehr Sozialarbeiterinnen, so die Linksfraktion. Aber das allein sei wenig kreativ, denn was nun helfe, seien schnelle und unbürokratische Lösungen, die die Eltern aktiv mit ins Boot holten. Aus der Bevölkerung heraus müssten sich beispielsweise Rentner freiwillig bereitfinden, Nachhilfe zu geben oder als Lesepate zur Verfügung zu stehen.

Der Hilfeschrei der Gräfenauschule soll nach Meinung der Linksfraktion am Stadtrat „nicht ungehört vorbeigehen.“ Er sei Ausdruck einer „skandalösen Hilflosigkeit unserer Gesellschaft und unseres Schulwesens“.

Personalmangel Hauptthema

Reaktionen auf die Zustände an der Grundschule im Hemshof gibt es auch aus dem Mannheimer Zentrum für empirische Mehrsprachigkeitsforschung (MAZEM). Kerstin Mehler ist Teamleiterin in der gemeinnützigen GmbH. Im Jahr 2012 habe die Grundschule Gräfenau als einer der ersten am Projekt „Sprache macht stark - Grundschule“ teilgenommen. Das Projekt sei damals von der BASF finanziert worden. Es sei um die Entwicklung zusätzlicher Sprachfördermaßnahmen gegangen.

Mehler kommt heute zu dem Fazit, dass inhaltliches Arbeiten aufgrund personeller Engpässe in Schulen kaum mehr möglich sei. Aktuell seien bei MAZEM vor allem Projekte nachgefragt, die zusätzliche Ressourcen in Form von externen Sprachförderkräften mitbrächten. Dazu müsse sich jemand finden, der diese bezahlt. BASF tue sich da in Ludwigshafen und Speyer hervor. Eigentlich, so räumt Mehler ein, sei das aber Aufgabe der Politik.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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