Ludwigshafen. Der Abriss des Ludwigshafener Rathaus-Centers läuft auf Hochtouren. Bis der Rathaus-Turm abgerissen werden kann, müssen aber noch einige Vorarbeiten erledigt werden. Währenddessen laufen die Abrissarbeiten im ehemaligen Einkaufszentrum weiter. Auch hier ist schon viel passiert, es gibt aber noch einiges zu tun. Bei einem Rundgang konnten sich Medienvertreter am Dienstag einen Eindruck über den Stand der Arbeiten machen – einen schweißtreibenden Aufstieg bis auf das Dach des Turms inklusive.
Bauschutt wird der Untergrund der neuen Ludwigshafener Stadtstraße
„Wir rechnen damit, dass der Abriss des Turms im September beginnen kann und bis zum Jahresende nur noch zwei oder drei Stockwerke übrig sein werden“, informiert Stadtsprecher Christophe Klimmer, der beim Rundgang mit von der Partie ist. Erster Halt ist die Ruine des ehemaligen TK-Maxx im Rathaus-Center. Von hier offenbart sich der Blick auf einen riesigen Schutthaufen. Früher war dieser Geröllhaufen mal das Parkdeck. Doch der Bauschutt wird nicht einfach auf große Lastwagen geladen und abtransportiert – er wird zum Teil eine neue Verwendung in der Stadt finden. Nachdem große Bagger Beton und Eisenteile getrennt haben, kann das Metall recycelt werden.
Abriss nach 45 Jahren
Das 15-stöckige Rathaus-Center wurde 1979 eröffnet und Ende 2021 geschlossen.
Die Stadt hatte 2019 die Immobilie gekauft, um den Abriss der Hochstraße Nord und Bau der Stadtstraße vorantreiben zu können.
Eine Generalsanierung war laut Gutachtern wirtschaftlich nicht mehr vertretbar .
Der Abriss des Rathaus-Centers kostet rund 80 Millionen Euro .
Der Beton hingegen wird pulverisiert. „Das Material wird von einem Brecher zerkleinert, bis nur noch sogenanntes RC-Material mit einer Körnung bis maximal 45 Millimeter übrig bleibt“, erklärt Bastian Herrmann, Fachbauleiter Schadstoffe bei der PMO ProjektManagement GmbH. Mit RC-Material sind Baumaterialien gemeint, die aus aufbereiteten Bau- und Abbruchabfällen gewonnen und wiederverwendet werden können. „Das Material, was wir so aufbereiten, wird beim Bau der neuen Stadtstraße eingesetzt“, blickt Herrmann voraus. Durch seine unterschiedlich großen Teilchen „verkante“ das Material beim Verdichten sehr gut und sei so ideal für den Unterbau der neuen Straße.
Oberfläche der Parkdecks am Rathaus-Center in Ludwigshafen muss mühsam abgeschliffen werden
Recycling spielt beim Abriss ohnehin eine große Rolle. Eine Etage höher zeigt Herrmann den „Zerlegebetrieb“ – einen Raum hinter einer Schleuse, in dem Unterdruck herrscht. In diesem Schwarzbereich wird das Material von Schadstoffen - oft Asbest - getrennt, um es recyclen zu können. „Asbest befindet sich unter anderem in bestimmten Dichtungen, Flanschen oder Rippenheizkörpern“, erklärt der Schadstoffexperte.
Das alles zu zerlegen und zu reinigen koste zwar Zeit, spare am Ende aber tatsächlich sogar Geld. Denn das so behandelte Material müsse eben nicht als teurer Sondermüll entsorgt werden. Für das Rathaus-Center habe er noch keine Zahlen. Verglichen mit anderen Projekten geht Herrmann aber davon aus, dass man so rund eine halbe Million Euro an Kosten einspare.
Hochgradig belastet ist auch die Beschichtung der Parkdecks und der dazugehörigen Auffahrspindeln. Der Belag muss vor dem Abriss mühsam abgefräst werden. „Das ist eine Art Epoxidharz mit unterschiedlicher Dicke. Da reicht einmal abschleifen meist nicht aus, um das ganze Material zu entfernen“, weiß Herrmann. Eine schweißtreibende, langwierige Arbeit. „Und diesen ,Spaß' hatten wir auf allen Parkdecks“, berichtet der Schadstoffexperte. Diese Arbeit sei aber nötig, weil es sich bei dem Material um „gefährlichen Abfall“ handele, der gesondert entsorgt werden müsse. Rund drei Viertel der Schleifarbeiten habe man aber mittlerweile geschafft.
Apokalyptische Atmosphäre im einstigen Ludwigshafener Einkaufszentrum
Im Inneren des ehemaligen Einkaufszentrums bietet sich ein bizarrer Anblick. Zwischen Baumaschinen und zum Abtransport getrennten, aufgehäuften Materialien sind hier und da noch die Schaufenster von Geschäften erhalten. Eine Atmosphäre, die an Endzeit-Kinostreifen erinnert. Es scheint beinahe so, als hätte sich hier Apokalyptisches abgespielt.
Während der Turm mittlerweile von oben nach unten komplett entkernt wurde, laufen die Arbeiten im ehemaligen Rathaus-Center von unten nach oben. Das Erdgeschoss ist hier auch schon entkernt, in den darüberliegenden Etagen laufen noch die Arbeiten wie die Entfernung belasteter Materialien.
Im September sollen Minibagger dann anfangen, den Turm von oben herab „abzuknabbern“. Erst ab dem 9. Stock übernehmen sogenannte Longfront-Bagger den Abriss vom Boden aus. Damit der starten kann, wird rund um den Turm gerade ein Gerüst gebaut. Dafür müsse jetzt noch eine Brücke weichen, die den Turm mit den Parkdecks verbunden hat. Danach kann auch an dieser Seite das Gerüst gestellt werden. Ist das Gerüst komplett aufgebaut, sollen laut Klimmer große Kräne die Minibagger auf das Dach hieven, damit diese sich dort an die Arbeit machen können.
Für die Medienvertreter steht zum Abschluss noch der kräftezehrende Aufstieg auf das Dach des Turms an. 16 Stockwerke und keine Aufzüge – die sind nämlich bereits außer Betrieb. Oben angekommen, bietet sich aber ein toller Rundum-Blick über Ludwigshafen. Ein kleiner Wermutstropfen schwingt beim Blick über die Stadt allerdings mit. Denn außer den Bauarbeitern wird diesen Blick künftig niemand mehr erleben können, wenn das einstige Wahrzeichen der Stadt nun Stück für Stück den Baggern zum Opfer fällt.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ludwigshafen_artikel,-ludwigshafen-letzte-stunde-des-ludwigshafener-rathaus-turms-rueckt-naeher-_arid,2317959.html