Ludwigshafen. Für Geld verwandelt Matthias sich in ein menschliches Chamäleon. Denn gegen Bezahlung schlüpft er in ständig neue Rollen. Mal spielt er einen kunstbeflissenen Begleiter bei einem Konzertbesuch, der kenntnisreich über Neue Musik plaudert. Mal schindet er als vermeintlicher Vater eines Schülers in der Uniform eines Flugzeugkapitäns mächtig Eindruck. Oder er mimt den braven Sohn eines Unternehmers, dem er bei einer Feier ehrerbietig rhetorische Kränze flicht. Der Mitarbeiter einer Mietagentur steht im Mittelpunkt der österreichisch-deutschen Produktion „Pfau – Bin ich echt?“, die beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen für den Rheingold-Publikumspreis nominiert ist.
Albrecht Schuch brilliert als Hauptdarsteller, zeigt in einer eindrucksvollen Tour de Force den Mann der vielen Identitäten stets aufgeweckt, interessiert und höchst eloquent, verleiht seiner Figur aber auch die seelenlose Aura eines Androiden. Denn im privaten Umgang mit seiner Freundin wirkt er emotionslos, schweigsam, kalt. Er lebt mit ihr in einem sterilen, smarten Haus – bis sie ihn verlässt und in eine Lebenskrise stürzt.
Was ist echt und was ist vorgetäuscht?
Bernhard Wengers Regiedebüt kreist um die Frage, was in unserer Welt gespielt ist und was echt. Doch wie seine Hauptfigur findet auch der Film keine eindeutige Identität, er windet sich ziellos zwischen den Genres – Komödie, Tragikomödie, Gesellschaftssatire, Melodram –, ohne stringent zu sein. Dabei besticht er durchaus mit pointierter Ironie, wenn er die starren Konventionen des Zusammenlebens und die Unfähigkeit zur Kommunikation entlarvt. Aber letztlich lässt er den Zuschauenden etwas ratlos zurück.
Identität ist auch das Thema von Stefan Bühlings „Berühmt sein für Anfänger“, der ebenfalls um den Rheingold-Publikumspreis konkurriert. Auch wenn Christian Berkel und Andrea Sawatzki die Rollen des griesgrämigen Autors und der idealistischen Taxifahrerin voller Spielfreude mit Leben füllen, sind die heimlichen Stars des Films die Drehbuchschreiber David Ungureit und Marc Terjung. Ihre geschliffenen Dialoge und temporeichen Pointen erinnern in Witz und Drive an klassische Screwball-Komödien aus Hollywood. Kostproben gefällig? Als Gregor vor Elkes Taxi springt, fast überfahren wird, sagt sie: „Sie hätten auf der Straße liegen und aus den Ohren bluten können.“ – „Ich fürchte, das könnte passieren, wenn Sie nicht diese grauenhafte Musik ausmachen“, kontert Gregor. Oder als sie versucht, einen Polizisten zu becircen: „Können Sie nicht ein Auge zudrücken?“ – „Ja, aber dann sehe ich noch immer ein Parkverbotsschild.“
So geht das munter überdreht 88 kurzweilige Minuten lang. Und auch wenn es am Ende platt und kitschig wird: Man unterhält sich einfach prächtig.
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