Pandemie

In Ludwigshafen läuft der längste durchgängige Corona-Einsatz der Bundeswehr

Von 
Julian Eistetter
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Ludwigshafen. Intensivpatienten pflegen, testen, Kontakte nachverfolgen – in der Corona-Pandemie sind die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr an vielen Stellen unverzichtbare Helfer geworden. In ganz Deutschland wurde die Truppe in der Krise für Einsätze angefordert, weil Kommunen, Behörden und Krankenhäuser überlastet waren. Auf Ludwigshafen trifft das in ganz besonderem Maße zu, wie Werner Parlow, Leiter des hiesigen Kreisverbindungskommandos, bei einer Online-Veranstaltung zur Bilanz der mehr als einjährigen Amtshilfe in der Chemiestadt am Mittwochabend verdeutlicht. „In Ludwigshafen läuft der längste durchgehende Corona-Einsatz in der Bundesrepublik“, sagt der Oberstleutnant: Seit 25. März 2020 sind Mitglieder der Bundeswehr ununterbrochen in der Infektionsambulanz des Klinikums eingesetzt.

Insgesamt rund 1000 Soldatinnen und Soldaten haben seither in der Chemiestadt gemeinsam mit der zivilen Seite das Coronavirus bekämpft, sagt Parlow bei der vom Bundestagsabgeordneten Torbjörn Kartes (CDU) organisierten Veranstaltung. „Zur Spitzenzeit rund um Weihnachten waren 72 Kameraden in Ludwigshafen zur Amtshilfe eingesetzt“, berichtet er. Als Telefonisten in der Infektionsambulanz. Als Pfleger in den Intensiv- und den Post-Covid-Stationen des Klinikums und des St. Marienkrankenhauses. In der Kontaktnachverfolgung beim Gesundheitsamt. Und zum Testen in Alten- und Pflegeeinrichtungen.

Dabei musste es teilweise auch sehr schnell gehen. Corona-Ausbrüche bei Mitarbeitern von Klinikum und St. Marienkrankenhaus brachten die Einrichtungen an ihre Grenzen. Die Bundeswehr unterstützte kurzfristig mit Fachpersonal. „Normalerweise ist die Bundeswehr ein Supertanker. Das dauert, bis man den in eine Richtung gelenkt hat. Hier gelang es uns aber, innerhalb von 36 Stunden Hilfe zu organisieren“, berichtet Parlow.

„Wir hatten einfach nur Angst“

Für Annette Schweickert war es ein Weihnachtswunder. Mitte Dezember infizierten sich 35 Krankenhausmitarbeiter und viele Patienten. „Es war der Höhepunkt der zweiten Welle, und wir wussten nicht, wie wir das regeln sollen“, sagt die Chefärztin der dortigen Pneumologie. „Auch das Klinikum war zu diesem Zeitpunkt nicht aufnahmefähig, und wir hatten einfach nur Angst. Angst, nicht mehr für unsere Patienten sorgen zu können, Angst, unsere Kollegen zu verlieren. Wegen Krankheit oder Überlastung“, erinnert sich Schweickert.

Über den Krisenstab der Stadt sei ein Hilfeleistungsantrag gestellt worden. Und als die Not am größten war, seien quasi über Nacht drei Rettungssanitäter und drei Krankenpfleger der Bundeswehr in dem Krankenhaus einmarschiert. „Wir haben uns vorher allein gelassen gefühlt. Aber das hat etwas mit dem Team gemacht, neue Energie freigesetzt“, so die Medizinerin. Freundschaften seien entstanden. „Ich persönlich nehme die Bundeswehr in einem ganz neuen Licht wahr.“

Für Werner Parlow ist genau das eine wichtige Erkenntnis aus der Pandemie. „Ich habe das Gefühl, in der Bevölkerung wurden einige Vorbehalte gegenüber der Bundeswehr abgelegt“, sagt er. Die Stadt Ludwigshafen habe beispielsweise eine Patenschaft für das Sanitätsregiment 2 in Rennerod übernommen, von wo die größte Anzahl der Soldatinnen und Soldaten zur Hilfe kam. Auch die zu behandelnden Patienten hätten die Anwesenheit der Bundeswehr positiv wahrgenommen, so Chefärztin Schweickert.

Noch 40 Kameraden vor Ort

Aktuell sind noch 40 Soldaten in Ludwigshafen im Einsatz, alle im Klinikum oder beim Gesundheitsamt des Rhein-Pfalz-Kreises, das auch für die Stadt zuständig ist. Im Verlauf des Sommers wird laut Parlow mit einer weiteren Entspannung der Corona-Lage gerechnet, die Bundeswehr könnte abziehen. Fest stehe das aber noch nicht. „Vielleicht bleiben wir mit einer Rumpftruppe vor Ort“, so der Oberstleutnant. Nach Angaben von Annette Schweickert hängt das auch maßgeblich davon ab, „wie wir uns in den kommenden Wochen benehmen, wir müssen weiter aufpassen“. Die Helfer von der Bundeswehr will sie am liebsten gar nicht mehr hergeben.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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