Ordnung

Illegaler Müll: Ludwigshafen startet Videoüberwachung gegen "Dreckspatzen"

Mit Kameras gegen Müllsünder: In Ludwigshafen startet ein einmaliges Pilotprojekt. Wann es losgeht und warum der Landesdatenschutzbeauftragte die Gefahrensituation in der Stadt als besonders hoch einstuft

Von 
Julian Eistetter
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Hinweisschilder bringen längst nichts mehr: Die Probleme mit illegalen Müllablagerungen in Ludwigshafen – hier im Hesmhof – werden immer schlimmer. © Günther Baier

Ludwigshafen. Mit einem ausgemusterten Fahrzeug aus der eigenen Flotte geht die Stadt Ludwigshafen in den kommenden sechs Monaten auf die „Jagd“ nach Müllsündern. Drei Überwachungskameras wurden in den Kofferraum des Gefährts montiert, das im kommenden Halbjahr abwechselnd an vier Abfall-Hotspots in der nördlichen Innenstadt abgestellt wird, um „Dreckspatzen“ zu überführen, wie Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) die Verursacher wilder Müllhalden bei einem Pressegespräch am Donnerstag bezeichnet. Los geht das Pilotprojekt am kommenden Donnerstag, 15. August. Drei Jahre Vorlaufzeit hat es benötigt.

Einmaliges Projekt in Rheinland-Pfalz - und wohl auch bundesweit

Landesweit sei das Vorhaben definitiv einmalig und auch auf Bundesebene habe er noch von nichts Vergleichbarem gehört, berichtet Dieter Kugelmann, als Landesdatenschutzbeauftragter von Rheinland-Pfalz eigens aus diesem Anlass nach Ludwigshafen gereist. Verwunderlich ist das nicht, sind doch die Hürden für eine Videoüberwachung generell sehr hoch. „Eine Videoüberwachung bedeutet immer einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht“, so Kugelmann. Die Stadt Ludwigshafen habe jedoch ein schlüssiges Konzept vorgelegt, mit dem Ziel, im öffentlichen Raum für Sicherheit und Ordnung zu sorgen.

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„Die Gefahrenlage in Ludwigshafen durch illegalen Abfall ist besonders hoch“, ordnet der Datenschutzbeauftragte die Ausgangslage ein. Insbesondere dort, wo Kinder spielen, sei das Verletzungsrisiko durch Sperrmüll groß. Und auch hygienische Probleme ziehen Abfallberge nach sich, wenn etwa Ratten angezogen werden. Die Videoüberwachung sei hier quasi das letzte Mittel, da die Stadt schon viel probiert habe im Kampf gegen die Verursacher.

Auf zahlreiche Plakatkampagnen in verschiedenen Sprachen sowie den Einsatz von Müll-Sheriffs verweist auch Steinruck. Die Überwachung mit Kameras sei nicht das Mittel, dass sie sich gewünscht habe. „Daran sieht man ein bisschen die Hilflosigkeit der Verwaltung“, erklärt sie. Andere Möglichkeiten habe es schlichtweg nicht mehr gegeben, um der „massiven Müllablagerungen“ Herr zu werden. „Es gibt so viele Dreckecken in der Stadt. Wir hoffen, dass wir mit dem neuen Instrument jetzt ein bisschen weiterkommen“, sagt sie - betont aber auch, dass es nur eines von vielen sei. Prävention sei weiterhin ein wichtiger Baustein, denn jeder verursachte Abfall ziehe hohe Kosten nach sich.

Oberbürgermeisterin Steinruck zur Videoüberwachung: „Wir hoffen auf einen abschreckenden Effekt“

Präventive Wirkung soll nun nach Vorstellung der Verantwortlichen auch die mobile Videoüberwachung im Stadtgebiet entfalten. „Wir hoffen auf einen abschreckenden Effekt“, sagt Steinruck. Denn an den zunächst vier Standorten, die im Vorfeld nicht genauer kommuniziert werden sollen, müssen Hinweisschilder angebracht werden. Das ist eine der Vorschriften seitens des Landesdatenschutzes.

Die Überwachung darf zudem nur äußerst engräumig erfolgen, schildert Sandra Knörr, Projektleiterin bei der Stadt. Das Videomaterial sei grundsätzlich verpixelt. Entpixelt wird es nur, wenn die Software einen verdächtigen Vorgang erfasst - und auch dann nur nach dem Vier-Augen-Prinzip, also nach Rücksprache zweier Mitarbeiter.

Projektleiterin Sandra Knörr demonstriert beim Pressetermin die Software für die Videoüberwachung gegen Müllsünder. © Julian Eistetter

Filmen die Kameras in dem Fahrzeug eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat und wird daraufhin ein Verfahren eingeleitet, darf das Material als Beweismittel gespeichert werden. Ansonsten werden alle Aufzeichnungen nach 30 Tagen automatisch gelöscht, erläutert Knörr. „Wenn wir also nicht schnell genug sind, haben wir Pech gehabt.“ Auch bei anderen Straftaten, die nichts mit Müll zu tun haben, wird die Stadt übrigens aktiv. „Sollte etwas aufgezeichnet werden, geben wir das Material an die Polizei weiter.“

Kameras gegen Müllsünder in Ludwigshafen: Andere Kommunen haben bereits angefragt - Mannheim aber nicht

In der Pilotphase von sechs Monaten wird nur an den vier im Vorfeld ausgewählten Orten gefilmt. Dabei wird das Überwachungsfahrzeug flexibel zwischen den Orten pendeln und immer mindestens 24 Stunden stehenbleiben. Dass sich die Plätze irgendwann herumsprechen könnten, ist den Verantwortlichen bewusst. Und auch das Fahrzeug sei zu erkennen, wenn man genau hinschaue. „Es aufzubrechen, nachdem man beim Abladen von Müll gefilmt wurde und das Auto dann bemerkt, bringt aber nichts. Das Material wird nämlich in Echtzeit auf die Server gespielt“, sagt Knörr.

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Wie es dann nach den ersten sechs Monaten weitergeht, wird sich zeigen. Zunächst sollen die Auswirkungen der Überwachung ausgewertet werden. Das werden dann auch andere Kommunen mit Interesse verfolgen, aus ganz Deutschland habe es Anfragen zu dem Projekt gegeben, berichtet Knörr. Aus Mannheim, wo es neuerdings ebenfalls Mülldetektive gibt und wo die Probleme ähnlich groß sind, habe sich allerdings bislang noch niemand gemeldet.

Bereit wäre die Stadt Ludwigshafen auf jeden Fall, ihr gesammeltes Wissen und ihre Erfahrungen mit dem Pilotprojekt weiterzugeben, so OB Steinruck. "Da muss die öffentliche Hand zusammenarbeiten. Und beim nächsten mal muss es ja nicht wieder drei Jahre dauern", sagt sie mit Blick auf die große Vorlaufzeit seit der ersten Idee Ende 2020.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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