Ludwigshafen. Nach der Materialschlacht folgt der Papierkram. Während 2020 in Ludwigshafen der spektakuläre Abriss eines 520 Meter langen Teilstücks der Hochstraße Süd das dominierende Thema war, so steht das Jahr 2021 bezüglich des Mammutprojekts ganz im Zeichen der Planung. Der Ersatzbau für die Pilzhochstraße und die Vorbereitungen für den Abriss des Rathaus-Centers sowie der Hochstraße Nord bestimmen auch in den vergangenen zwölf Monaten die Schlagzeilen in der Chemiestadt. Mit der dauerhaften Schließung des Rathaus-Centers nach 42 Jahren an diesem Freitag, 31. Dezember, geht das Gesamtprojekt einen wichtigen Schritt voran.
Doch der Reihe nach: Nachdem die letzten Schuttberge der Pilzhochstraße aus der Innenstadt abtransportiert sind, wird es nach außen hin erst einmal einige Wochen ruhiger um das Großvorhaben. Ende März verkündet die Verwaltung dann in einer Stadtratssitzung die gute Kunde: Der Ersatzbau der Südtrasse kann in einem beschleunigten Verfahren umgesetzt werden, auf ein zeitfressendes Planfeststellungsverfahren darf verzichtet werden. „Voraussetzung dafür ist, dass wir ein Bauwerk errichten, das die gleichen Abmessungen wie die Pilzhochstraße hat“, erklärt Tiefbau-Bereichsleiter Björn Berlenbach. Die konkrete Vorplanung für die neue Brücke beginnt.
Unterdessen läuft die fieberhafte Suche nach einem neuen Standort für das Rathaus, das ab 2022 schrittweise abgerissen werden soll. Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) schlägt im April vor, Verhandlungen mit dem Investor Timon Bauregie aufzunehmen, der am Berliner Platz das Metropol-Projekt entwickelt. Ihre Idee: den Verwaltungssitz in das 67 Meter hohe Hochhaus zu integrieren. Anfang Mai erhalten diese Pläne im Stadtrat jedoch eine herbe Abfuhr. Mehrheitlich lehnt das Gremium Sondierungsgespräche ab. Zu sehr hat das Vertrauen in den Investor in den vergangenen Jahren gelitten. „Mein Wunsch war eine gemeinsam getragene Lösung, eine Entscheidung im Interesse der Bürger. Das ist heute leider gescheitert“, zeigt sich Steinruck enttäuscht. Die Entscheidung über einen neuen Rathaus-Standort ist also in das Jahr 2022 vertagt.
Stadtstraße wird zur Kohl-Allee
Klarheit gibt es im Juni darüber, welchen Namen die künftige Stadtstraße im Norden tragen wird. Auf Antrag der CDU wird der Ersatz der Hochstraße Nord nach Alt-Kanzler Helmut Kohl benannt. „Heute haben nicht nur viele Ludwigshafener, sondern auch Menschen in ganz Deutschland auf die Entscheidung und den Umgang seiner Heimatstadt mit dem Andenken Helmut Kohls geblickt“, sagt Fraktionschef Peter Uebel erleichtert. Im Jahr 2017 war ein Vorstoß, die Rheinallee in Helmut-Kohl-Allee umzubenennen, an Anwohnerprotesten gescheitert.
Mit den konkreten Plänen für einen Neubau der Hochstraße Süd müssen sich die Ludwigshafenerinnen und Ludwigshafener indes gedulden. Erst Ende Oktober, am Montag, 25., präsentiert die Verwaltung in einer Stadtratssitzung zwei Varianten: Eine Betonbrücke für 91 Millionen Euro und eine Konstruktion aus Beton und Stahl für 123 Millionen Euro. Aus Kostengründen spricht sich die Verwaltung klar für die Betonvariante aus. Die Entscheidung hat aber letzten Endes der Stadtrat, der schließlich in einer digitalen Sondersitzung am 29. November ohne Gegenstimme für die günstigere Alternative aus Spannbeton votiert. Nun müssen die Planungen präzisiert, Ausschreibungen gemacht und die Vergabe organisiert werden. Mitte 2023 sollen die Arbeiten für das neue Bauwerk beginnen, Ende 2025 soll es fertig sein.
Sobald der Verkehr im Süden wieder fließen kann, sollen die Bagger im Norden ansetzen. Und zwar am Brückenkopf im Bereich der Kurt-Schumacher-Brücke. Über Provisorien soll der Verkehr weiter abgewickelt werden können. Bereits Ende 2024/Anfang 2025 beginnt der Bau der Stadtstraße. Durch eine leichte Verschwenkung nach Süden erfolgt dieser unabhängig von der Fertigstellung der Hochstraße Süd und während der Verkehr auf der Hochstraße Nord noch rollt. Bis etwa 2030 sollen die Nordtrasse abgerissen und die Helmut-Kohl-Alle gebaut sein sowie eine neue Brücke über die Bahngleise im Westen Richtung A 650 führen.
Bauzäune kommen im Frühjahr
Für den Bau der Stadtstraße muss das Rathaus-Center weichen. Im Laufe des Jahres 2021 verlassen immer mehr Geschäfte das Einkaufszentrum - etwa Hussel oder das Reformhaus Escher. Das Stadtmuseum im ersten Obergeschoss des Centers öffnet am 2. Oktober zum letzten Mal seine Türen. Es wird gemeinsam mit dem Stadtarchiv in die Rhenushalle im Luitpoldhafen ziehen. Im Dezember unterschreiben Stadt und Hafenbetriebe dafür nach einiger Verzögerung den Vertrag.
Ab 14.30 Uhr an diesem Freitag wird das Center endgültig geschlossen sein. Dann ist auch der Durchgang von der Innenstadt in den Hemshof und umgekehrt nicht mehr möglich. Fußgänger müssen über den Europaplatz ausweichen. Die unterirdische Bahnhaltestelle bleibt in Betrieb. Anfang 2022 werden in der Mall Schadstoffuntersuchungen durchgeführt. Im Turm erfolgen diese bereits seit Wochen. Im Frühjahr werden die Flachdächer von der Bepflanzung befreit und Bauzäune aufgestellt. In der zweiten Jahreshälfte finden die ersten Rückbauarbeiten von Parkhauszufahrten und Balkonen statt. Für 2023 ist der Rückbau der Fassade avisiert, im Laufe des Jahres 2024 soll das Rathaus-Center dann verschwunden sein. Für Centermanager Christoph Feige das „Ende einer Ära“.
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