Ludwigshafen. Seit etwas mehr als einer Woche sind in Deutschland die Jobcenter zuständig für die Geflüchteten aus der Ukraine. Der sogenannte Rechtskreiswechsel hat auch in Ludwigshafen jede Menge Verwaltungsaufwand mit sich gebracht. Schließlich galt und gilt es, rund 500 in der Stadt gemeldete Ukrainerinnen und Ukrainer vom Asylbewerberleistungsgesetz in die Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch überzuleiten, wie Anja Winnefeld, Geschäftsführerin des Jobcenters Vorderpfalz, am Donnerstag im Sozialausschuss berichtete. Neben Ludwigshafen ist die Einrichtung auch für Speyer, Frankenthal und den Rhein-Pfalz-Kreis zuständig. Ihre Bilanz nach zehn Tagen: „Es ging sehr hektisch zu, aber wir haben es geschafft.“
Anspruch wird geprüft
Das bezieht sie insbesondere auf die große Herausforderung als solche. Denn ganz geschafft ist es noch nicht. Rund zwei Drittel der etwa 500 Anträge auf Leistungen nach dem SGB II seien bislang bewilligt worden. Die übrigen müssen noch abgearbeitet werden. Dafür wurde laut Winnefeld beim Jobcenter eine Arbeitsgruppe mit erst 15 und später 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgestellt. „Wegen der ganzen erforderlichen Unterlagen ist der zeitliche Aufwand sehr hoch“, berichtete die Geschäftsführerin. Wegen fehlender Dokumente seien zahlreiche Folgetermine notwendig. Und auch die Tatsache, dass viele der Geflüchteten kein nutzbares Konto haben, erschwere die Abläufe. „Wie soll ein Zahlungslauf stattfinden, wenn wir keine Kontonummer haben?“ Die eigentlich schon längst abgeschaffte Barauszahlung sei in Teilen wieder reaktiviert worden.
Ukrainer in Ludwigshafen
- Zum Stichtag 12. Mai waren in der Stadt Ludwigshafen insgesamt 619 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die meisten von ihnen kamen über private Initiativen in die Stadt.
- In städtischen Wohnungen sind 58 Ukrainerinnen und Ukrainer untergebracht, in Unterkünften 33. 18 neue Mietverträge wurden zur Unterbringung der Geflüchteten abgeschlossen. Der Großteil der Menschen kommt privat unter.
- Mit 437 Frauen und Mädchen sind 74 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine weiblich. 152 Männer und Jungen (26 Prozent) kamen in die Chemiestadt.
- 387 der Geflüchteten und damit 66 Prozent sind über 18 Jahre alt. Die Sieben- bis 13-Jährigen stellen mit 15 Prozent (87 Personen) die zweitgrößte Altersgruppe, gefolgt von den Ein- bis Sechsjährigen mit zwölf Prozent (72 Personen) und den 14- bis 17-Jährigen (43 Personen und sieben Prozent).
Voraussetzung für die Aufnahme in die Leistungen nach dem SGB II ist die Vorlage einer Fiktionsbescheinigung oder eines Aufenthaltstitels. Wie bei anderen Empfängern wird auch bei den ukrainischen Geflüchteten geprüft, ob sie anspruchsberechtigt sind oder ob sie durch anderweitige Einkommen oder Renten bereits über ausreichende finanzielle Mittel verfügen.

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Herausfordernd sei die Abwicklung vor allem gewesen, weil das Datum lange Zeit nicht festgestanden habe, so Winnefeld. Als der 1. Juni dann klar war, habe das Jobcenter alle betroffenen Ukrainerinnen und Ukrainer aus Ludwigshafen angeschrieben und eingeladen. „Die Daten hat uns glücklicherweise die Stadt übermittelt“, so Winnefeld. Informiert wurden also nur die Geflüchteten, die sich bei der Stadt haben registrieren lassen. „Wer sich bislang noch nirgends gemeldet hat, bei dem herrscht natürlich Leerlauf.“ Bei allen anderen soll der Übergang reibungslos verlaufen. Das bedeutet, dass die Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erst dann eingestellt werden, wenn die Gelder vom Jobcenter tatsächlich fließen.
Ukrainer können Fachkräftemangel nicht beheben
Einen Überblick über die Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten gab Daniel Lips, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Ludwigshafen. Er betonte, dass in Ludwigshafen mit 619 Schutzsuchenden bislang verhältnismäßig wenige Menschen aus der Ukraine aufgenommen worden seien. Das spiegele sich auch in den Zahlen bei der Agentur für Arbeit wider. Ende Mai habe die Zahl der arbeitssuchenden Geflüchteten bei 43 gelegen. „Bislang gibt es durch die ukrainischen Geflüchteten noch keine Auswirkungen auf die Arbeitsmarktzahlen. Aber das wird sich ändern“, ist er sicher.
Die Menschen aus der Ukraine würden hier derzeit auf einen „günstigen Arbeitsmarkt“ treffen. So seien im Agenturbezirk, der auch Speyer, Frankenthal und den Rhein-Pfalz-Kreis umfasst, mehr als 4000 Stellen offen. Lips betont aber, dass die Schutzsuchenden aus der Ukraine den Fachkräftemangel in Deutschland nicht beheben werden. „Und das sollte auch nicht das Ziel sein.“ Da unter den Geflohenen aber viele Menschen mit Hochschulabschluss seien, plädiert er dafür, diese auf dem Arbeitsmarkt adäquat zu vermitteln. „Eine ukrainische Betriebswirtin sollte hier nicht Taxi fahren“, sagte er plakativ.
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