Festival des deutschen Films

Festival-Intendant Kötz: Wir möchten in Hochstimmung versetzen

Das Festival des deutschen Films feiert Jubiläum - am Mittwochabend wird auf der Ludwigshafener Parkinsel die 20. Ausgabe eröffnet. Festivalintendant Michael Kötz blickt im Gespräch zurück und schaut auch voraus

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Thomas Groß
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Leitet das Festival und hat es initiiert: Michael Kötz. © Arthur Bauer

Ludwigshafen. Anfangs galt das Ludwigshafener Festival des deutschen Films als „kleine Schwester“ des damals vom gleichen Team geleiteten Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg. Nun ist die Veranstaltung, deren 20. Ausgabe an diesem Mittwochabend auf der Parkinsel eröffnet wird, an den Zuschauerzahlen gemessen das zweitgrößte Filmfestival Deutschlands nach der Berlinale. Über das Jubiläum und die aktuelle Festivalausgabe spricht Festivalintendant Michael Kötz im Interview.

Herr Kötz, das Festival des deutschen Films wurde von Ihnen initiiert und anfangs von der BASF maßgeblich unterstützt. Bei der ersten Ausgabe 2005 wurden 7500 Zuschauer verzeichnet, inzwischen sind es weit über 100 000. Wie fühlt sich diese Erfolgsgeschichte für Sie im Rückblick an?

Michael Kötz: Gut, sehr gut. Wir sind sehr glücklich darüber, nicht nur meine Frau und ich, auch das ganze Festivalteam. Zugleich ist es ein Ansporn, denn es soll ja so weitergehen – das Publikum soll weiterhin so gerne zu uns kommen und auch die Fachleute aus der Branche, auch die müssen bei ihrer hohen Wertschätzung für uns bleiben. Wir leben ja davon, dass es so ist.

Was war die größte Herausforderung in den vergangenen 20 Jahren, vor die Sie sich gestellt sahen?

Kötz: Im Grunde war es vor allem der Wechsel vom Subventionsempfänger zum Unternehmer. Anders als beim Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg, das man wie üblich zu 80 Prozent subventioniert, mussten wir ab 2006, spätestens 2007 lernen, unser Budget selber zu erwirtschaften, erst zu einem Viertel, dann zur Hälfte und heute sogar zu drei Viertel.

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Man muss plötzlich viele Tickets verkaufen und eine attraktive Bewirtung anbieten. Man fängt an, anders zu denken, man kann sich nicht mehr damit begnügen, ein Festival für einen Kreis mit „special interests“ zu machen, und muss auch für Sponsoren zunehmend attraktiv sein. Das sind ja primär keine Wohltäter, sondern Geschäftsleute. Aber ich liebe es inzwischen, auf diese Weise ein Unternehmer im gehobenen Kulturbereich zu sein.

Als Freiluftveranstaltung hat das Festival besondere Schwierigkeiten erlebt – es gab anfänglich Kritik von Anwohnern wegen der Besucherströme und Parkplatzproblemen; wegen Hochwassergefahr wurde der Termin von Frühjahr in Spätsommer verlegt, und Naturschützer meinen noch immer, aus Rücksicht auf die Parkinsel, den Boden und die Bäume sollte das Festival besser anderswo stattfinden. Was sagen Sie dazu?

Kötz: Wir finden in der Nähe eines noblen und besonders ruhigen Wohngebietes statt. Also war von Anfang an klar, wir müssen den Anwohnern helfen. Sie sollen nicht unnötig mit Lärm belästigt werden oder durch Besucher, die dort einen Parkplatz suchen. In Zusammenarbeit mit der Stadt und der RNV und ihrem Bus-Shuttle ist das gut gelungen. Außerdem haben wir nachjustiert, haben sicherheitshalber Emissionsmessungen zum Lärmschutz machen lassen, mit sehr gutem Ergebnis. Und wir tun jedes Jahr sehr viel für die Bäume dort. Vermutlich nirgendwo auf der Welt geht es städtischen Platanen besser als bei uns. In allen Städten Europas werden die ja sonst gnadenlos zubetoniert.

Aber einigen – und es sind wirklich sehr wenige Anwohner – hat das nicht gereicht, sie wollten uns loswerden nach dem Motto „Das ist unsere Insel“. Dazu haben sie sich, weil das ja heute gut geht, auf den Naturschutz berufen. Dabei haben sie übersehen, vielleicht eben auch übersehen wollen, dass ein städtischer Park kein Biotop sein kann und dass diese Parkinsel schon 1910 als Treffpunkt für die Menschen der Stadt angelegt worden ist. Ganze Schwimmbäder und Großveranstaltungen gab es auf dieser Insel. Sie ist eben für alle da. Vor zwei Jahren haben wir übrigens einmal eine Umfrage gemacht und da hat sich eine überwältigende Mehrheit der Anwohner zum Festival bekannt, manche haben sogar regelrecht ihre Liebe gestanden zu einem Filmfestival direkt vor der Haustür.

In den Anfangsjahren war der Anspruch, die besten Filme eines Jahrgangs zu zeigen. Auf welchen Nenner würden Sie das Festivalprogramm jetzt bringen?

Kötz: Immer noch darauf, dass wir die besten deutschen Filme des Jahres präsentieren, soweit möglich. Dass wir aber zugleich ein großes Spektrum an Filmkunst zeigen – von ,klassisch erzählt’ bis ,stilbewusst’ und ,eigensinnig’. Dass wir außerdem etwa 15 000 Menschen pro Festival dazu bringen, oft stundenlang mit den Machern der Filme bei den „Filmgesprächen“ zu diskutieren. Das ist ja absolut einmalig in Deutschland. Wir finden es toll, dass dieses Festival zugleich auch ein „Weinfest mit Film“ ist, eine wunderbare Gelegenheit zum Zusammenkommen, wo Menschen sich sozusagen um Geschichten herum versammeln – und das auch dann, wenn es ernste Geschichten sind – und dass sie dabei ihr Leben genießen.

Aufhorchen lässt in Zeiten erhöhten Spardrucks in öffentlichen Haushalten der Umstand, dass das Festival drei Viertel seines Etats durch Einnahmen aus Kartenverkauf und Verzehrmöglichkeiten bestreitet. Was meinen Sie: Könnten, sollten andere Veranstalter sich daran ein Beispiel nehmen?

Kötz: Das ist eine gefährliche Frage. Niemand im Kulturbereich will es sich mit den Kolleginnen und Kollegen verscherzen, die fast völlig von der Unterstützung durch Subventionen abhängen. Hohe Subventionen sichern ja auch oft die Qualität in der Kunst. Aber die Sache hat einen Preis, der gern übersehen wird: Es fehlt bei hohen Subventionen das Motiv, das Publikum auszuweiten. Im Gegenteil: Hätte man plötzlich mehr Publikum, wäre die Subvention infrage gestellt. Denn dann heißt es: „Sie haben das Geld ja gar nicht gebraucht, so viele Tickets, wie Sie plötzlich verkaufen.“

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Jede Form von Kreativität beim Erschließen von neuem Publikum ist in diesem Fördersystem strukturell schädlich. Unserer Kulturförderung ist strukturell ungefähr so reformbedürftig wie unser Steuersystem. Denn wenn man sicherheitshalber immer beim Alten bleibt, dann wird das sozusagen systematisch belohnt. Eigentlich kann das so nicht mehr lange gut gehen. Denn das bestehende System setzt volle öffentliche Kassen voraus, ja sogar Kassen, die immer voller werden. Außerdem ist es, wenn auch ohne Absicht, von seiner Struktur her elitär.

Wagen Sie eine Prognose, wie sich das Festival weiterhin entwickeln wird?

Kötz: Fröhlich weiterentwickeln wird es sich, aber weniger quantitativ als mehr qualitativ. Die Menschen, die teilnehmen, sollen noch mehr wirklich etwas erleben, das wichtig ist in ihrem Leben, sollten in eine Hochstimmung versetzt werden, auch neue Einsichten gewinnen, es also substanziell genießen, bei uns zu sein. Daran arbeiten wir alle – und wir lieben sie sehr, unsere Arbeit.

Redaktion Kulturredakteur, zuständig für Literatur, Kunst und Film.

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