Filmfestival

Filmfestival auf der Parkinsel: Im Kino wird Annes Herz wieder jung

"Familie is nich" heißt der Eröffnungsfilm des Festivals des deutschen Films, das am Mittwochabend auf der Parkinsel in Ludwigshafen eröffnet wird. Der Film passt zum Festivalort und macht in jedem Fall gute Laune

Von 
Thomas Groß
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Filmszene mit Meret Becker ( l.) und der jungen Luise Landau. © ZDF/Konietzny

Ludwigshafen. Dass diese Frau zupacken kann, zeigt schon die erste Einstellung des Films. Mit schwerem Werkzeug hantiert sie da. Dann holt sie mit eigenem Arbeitspferd mittelgroße Baumstämme aus dem Wald, wobei sie sich am Bein verletzt. Und wie sie dann im Dorf nach Wundmitteln sucht und abgewiesen wird, da zeigt sich auch: Diese Anne ist auf sich allein gestellt. Ob ihre raue Art daher kommt, oder ob die Dörfler ihr deshalb reserviert begegnen, weil sie ist, wie sie eben ist - man weiß es nicht; aber man ahnt, dass hier wohl beides der Fall ist irgendwie.

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Anne also, eine Frau Mitte fünfzig, allein auf einem Hof, von dem aus sie ihren Wald bestellt, irgendwo in der brandenburgischen Provinz. „Die vom Messi-Hof“, so wird sie später einmal genannt - und gespielt wird sie von der vielseitigen, wandlungsreichen Meret Becker. Die Schauspielerin zeigt Anne buchstäblich ungeschminkt, mit einem Gesichtsausdruck, der Überdruss, Müdigkeit, Missmut verrät - und nicht zuletzt Willensstärke und Eigensinn.

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Wie so jemand allmählich wieder auftauen könnte, erweist sich bald, als eine junge Frau mit einem Kind auf Annes Hof erscheint. Das Mädchen Tilda kennt man schon aus ein paar Szenen zuvor, die im Wechsel mit denen gezeigt wurden, in denen man Anne begegnete. Tilda (Luise Landau) lebt mit ihrer Mutter (Emma Bading) in Berlin. Die Zwei sind munter, aufgeräumt, ganz anders als Anne, aber Tildas Mutter Julia kann ebenfalls sehr dickköpfig sein, wie sich im Umgang mit ihrem Arbeitsvermittler zeigt, der ihr die Bezüge kürzt. Und weil sie dann einen misslichen Gelegenheitsjob für einen windigen Bekannten übernimmt, muss sie sogar ins Gefängnis. Julias beste Freundin hat leider auch keine Zeit für Tilda - und bringt sie deshalb zu Anne, die nämlich Julias Mutter ist, aber zu Julia ein, nun ja: schwieriges Verhältnis hat.

Eingefahren Verhaltensweisen überwinden

Dass nun Anne wieder etwas auftauen muss, wenngleich sie zu Enkelin Tilda zunächst den für den Film von Regisseurin Nana Neul titelgebenden Satz „Familie is nich“ sagt, ist klar. Und absehbar ist auch, dass diese Koproduktion der Fernsehsender ZDF und Arte durchaus bekannte und beliebte Filmmotive variiert. Eingefahrene Verhaltensweisen gilt es zu überwinden, Erfahrungen zu akzeptieren, ohne zu verbittern, den Trotz zu besiegen, den menschlichen Regungen in sich zu vertrauen. Es gibt in diesem Film Dramatik, ein paar komische Details und anrührende Momente. In der Summe ist diese Beziehungsgeschichte - denn im Besonderen geht es um das Verhältnis von Anne und Tilda und deren Annäherung, die beispielhaft ist für andere Beziehungen in der Produktion - ein Wohlfühlfilm. Das Ganze ist souverän inszeniert, vor allem von Meret Becker überzeugend gespielt und gut geeignet zur Eröffnung eines Festivals, das sich auch in seinem 20. Jahr den menschlichen Geschichten in vielen Facetten verpflichtet fühlt.

Ein gutherziger Pfarrer und der von Florian Lukas verkörperte gutwillige Dorfbürgermeister Holger, dem Anne ziemlich sympathisch ist, helfen nach Kräften mit, dass Anne auftauen kann und die allgemeinen Zeichen auf Versöhnung stehen. Einer stimmigen Festivaleröffnung sollte also nichts im Wege stehen, zumal neben anderen Beteiligten der Produktion auch Meret Becker zur Premiere kommen will.

Redaktion Kulturredakteur, zuständig für Literatur, Kunst und Film.

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