Kino

Festival des deutschen Films zeigt 16 Filme aus aller Welt

Von französischen Komödien bis zu iranischen Dramen - das Festival des deutschen Films in Ludwigshafen bietet eine vielfältige Auswahl an internationalen Beiträgen

Von 
Hans-Günter Fischer
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In „Liebesbriefe aus Nizza“ findet ein pensionierter General (André Dussolier) 40 Jahre alte Liebesbriefe seiner Frau (Sabine Azéma) und begibt sich auf eine absurde Rachemission nach Nizza. © Neue Visionen Filmverleih

Der Herr General, längst pensioniert, erleidet einen Schock: Ein anderer hat offenbar den Venushügel eingenommen und auf dieser prominenten Position die Stellung tadellos gehalten. Auf dem Venushügel seiner Frau - die jetzt auch noch Flaubert liest, „Madame Bovary“. Es ist zum Rasend-eifersüchtig-Werden. Allerdings: Den Seitensprung entnimmt der General nur einem angestaubten, 40 Jahre alten Briefwechsel. Er schreitet dennoch unbeirrt zur Tat und reist nach Nizza, um den Nebenbuhler tüchtig zu vermöbeln. Was natürlich schiefgeht, auch ein letzter Attentatsversuch mit einem Grillspieß scheitert. Wäre ja auch schade drum gewesen: Für das Mittagessen wird der Spieß gebraucht.

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Das alles klingt fast lustiger, als „Liebesbriefe aus Nizza“ wirklich ist. Würde der Film von Ivan Calbérac vor der recht ruhmreichen französischen Komödientradition bestehen, ließe sich verschmerzen, dass die nachgeholte Eifersucht des Generals arg konstruiert erscheint, im Psychologischen wie Dramaturgischen. Doch auch die Pointen bleiben häufig stecken, wie in einem rostigen Gewehrlauf, und die Standardbausteine des Kinolustspiels werden eher lieblos aufgeschichtet. Dabei ist der Film in seinen Hauptrollen höchst prominent besetzt: mit Sabine Azéma und André Dussolier (als General sehr hölzern).

Azéma war Ehefrau des großen Regisseurs Alain Resnais, für den sie auch oft spielte, Dussolier filmte mit Claude Chabrol, Éric Rohmer und Jacques Rivette. Natürlich darf man auch mal eine flockige Komödie drehen. Aber hier agieren die zwei Stars unter Niveau, und auch die ziemlich schale Schlusspointe hebt es mitnichten.

Großteil der internationalen Beiträge stammt aus Frankreich

Auf dem Festival des deutschen Films in Ludwigshafen läuft der Schwank im Rahmen einer umfangreichen Sonderreihe, die sich Gastbeiträgen aus dem Ausland widmet. Es sind 16 Stück, ein halbes Dutzend davon kommt aus Frankreich, dafür keiner aus den USA. Im Hinblick auf die Filmauswahl den viel zitierten „roten Faden“ aufzufinden, fällt nicht leicht. Wurde gebucht, was die Verleihfirmen gerade anzubieten hatten? Festivalchef Michael Kötz sieht das natürlich anders, er betont, dass Filme, „die gerade einem Trend entsprechen, aber nicht gelungen sind“, nicht angenommen worden seien. Vielmehr liefen solche, „die wir uns auch selbst ein zweites oder drittes Mal gern ansehen“.

Die internationalen Beiträge

  • „Andrea lässt sich scheiden“ (Produktionsland: Österreich);
  • „Die leisen und die großen Töne“ (Frankreich);
  • „Ein kleines Stück vom Kuchen“ (Iran, Frankreich, Schweden, Deutschland);
  • „Geliebte Köchin“ (Frankreich);
  • „Gloria!“ (Italien, Schweiz);
  • „Ich Capitano“ (Italien, Belgien);
  • „La Chimera“ (Italien, Frankreich, Schweiz);
  • „Liebesbriefe aus Nizza“ (Frankreich);
  • Louise Violet“ (Belgien, Frankreich);
  • „Mit einem Tiger schlafen“ (Österreich);
  • „Morgen ist auch noch ein Tag“ (Italien);
  • „Oh la la - Wer ahnt denn sowas?“ (Frankreich);
  • „Perfect Days“ (Japan);
  • „Tandem - In welcher Sprache träumst du?“ (Frankreich, Deutschland, Belgien);
  • „Üben, Üben, Üben“ - a Ove“ (Norwegen);
  • „Was will der Lama mit dem Gewehr?“ (Bhutan, Taiwan, Frankreich, USA).
  • Unter www.fflu.de ist Näheres zu finden.

Und ja, es stimmt: Auch diese Filme gibt es in der Sonderreihe. Schön, wenn dabei auch das Lachen nicht verboten ist, wie in „Andrea lässt sich scheiden“, Josef Haders zweitem Langspielfilm in eigener Regie. Er zeigt bisweilen markerschütternd komisch Schuld und Sühne in der niederösterreichischen Provinz. Bevölkert wird sie von tieftraurigen, in ihrer Trunksucht förmlich eingesperrten Männern. Dass die Frauen da gern rauswollen, versteht sich. „Weise bin i ned, i red‘ nur g’scheit daher“, sagt Josef Hader. Und alleine schon für diesen Satz muss man ihn rühmen.

„Tandem“ beleuchtet deutsch-französische Freundschaft

Da wir auch gegen das Filmland Frankreich keine Ungerechtigkeit begehen wollen, weisen wir auf „Tandem“ hin, eine Coming-of-Age-Geschichte über eine Austauschschülerin aus Straßburg, die nach Leipzig reist. Der Film von Claire Burger wirbt indirekt für die doch leicht erkaltete französisch-deutsche Freundschaft, und auch Nina Hoss spielt mit. Während Juliette Binoche, berühmt aus „Chocolat“, nach langer Zeit wieder französische Genüsse zubereitet: in „Geliebte Köchin“, unter der Regie von Tran Anh Hùng („Der Duft der grünen Papaya“). Und mit ruhigen, schwelgerischen Bildern.

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Manchmal freilich würde schon „Ein kleines Stück vom Kuchen“ reichen, wie der Witwe Mahin im Iran. Der Film hat auf der diesjährigen Berlinale Aufsehen erregt, nicht bloß, weil dem Regieteam Maryam Moghaddam/Behtash Sanaeeha die Sanktion des Reisepass-Entzugs zuteilwurde. Die Witwe, hinreißend gespielt von Lily Farhadpour, kämpft für ihr Recht auf spätes Liebesglück, in einem Film, der traumhaft sicher Komödiantisches mit Rührendem und Tragischem verwebt. Und manchmal dringt ein Grünstich in die Bilder, toxisch fast. Es ist die Farbe des in diesem Fall zum Fundamentalismus neigenden Islams.

Den Weisheitslehren aus dem Fernen Osten nahe arrangiert dagegen Altmeister Wim Wenders seine „Perfect Days“. „Auf dieser Welt gibt es so viele Welten“, sagt der Regisseur. Selbst jene, die Herr Hirayama (Koji Yakusho) bewohnt: Er reinigt Edelabtritte in Japans Hauptstadt Tokio. Doch mit höchster Hingabe und ritueller Strenge, wie ein Buddha vom Designer-Klo die Schönheit im Alltäglichen herausputzend. Für Japan ging Wenders mit „Perfect Days“ ins Oscar-Rennen. In die Endausscheidung kam er, doch gewonnen hat er letztlich nicht. Der Film ist dafür „leider“ einen Tick zu leise. Und zu unpolitisch.

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