Ludwigshafen. Ein Beitrag der SWR-Sendung „Report Mainz“ brachte alles ins Rollen. Im November 2020 war das, und damit in einer Hochphase der Corona-Pandemie. Der Film warf die Frage auf, ob unter anderem am Ludwigshafener Klinikum Zehntausende fehlerhafte Schutzmasken des Typs KN95 aus China zum Einsatz gekommen waren. Der Maximalversorger reagierte sofort und zog die betroffenen Mund-Nasen-Bedeckungen aus dem Verkehr.
Später bestätigte sich der Verdacht: Viele der Masken hatten eine deutlich zu hohe Durchlässigkeit. Viren hätten sich problemlos verbreiten können. Das Klinikum klagte gegen mehrere Firmen, die im Verlauf des Jahres schlechte Masken geliefert hatten.
Termin vor dem Frankenthaler Landgericht
Rund zweieinhalb Jahre später ist die juristische Aufarbeitung nun vollständig abgeschlossen. In einem Zivilverfahren vor dem Frankenthaler Landgericht einigten sich das Klinikum und eine der Lieferfirmen am Donnerstag auf einen Vergleich. Sie zahlt dem Klinikum Ludwigshafen einen Betrag von 75 000 Euro und verpflichtet sich, die restlichen rund 30 000 von einst 50 000 gelieferten Masken aus dem Lager des Krankenhauses abzuholen.
Bereits im Frühjahr 2022 hatte das Klinikum am Landgericht Mannheim mit einem weiteren Lieferanten einen Vergleich getroffen, der 100 000 fehlerhafte Masken geliefert hatte. Dieser Vergleich war nicht monetärer Art, sondern sah eine umfangreiche Lieferung echter FFP2-Masken eines anderen Herstellers vor.
Richter rät zu Einigung
Verklagt hatte das Klinikum die Lieferfirma im aktuellen Fall auf die Zahlung von rund 146 000 Euro. Man einigte sich also etwa auf die Hälfte.
Eine gütliche Lösung hatte zuvor der Vorsitzende Richter Jörg Wiederhold dringend empfohlen. „Es stellt sich die Frage, ob wir das jetzt hier durchentscheiden mit allen verbundenen Kosten, oder ob es eine wie auch immer geartete Lösung gibt“, sagte er. Dabei empfahl er einen Vergleichsbetrag, der unter 50 Prozent der vom Klinikum geforderten Summe liegt. Denn das Klinikum sei in der Beweispflicht und müsse nachweisen, dass es durch die Firma arglistig getäuscht worden sei und der Lieferant seinerseits überhaupt von den Mängeln der Masken gewusst habe.
Thomas Nägele, der als Rechtsanwalt das Klinikum vertrat, betonte, dass die Dramatik aus heutiger Sicht gar nicht mehr richtig nachvollziehbar sei. „Dafür müssen wir drei Jahre zurückgehen“, sagte er. Die Pandemie habe in Deutschland gewütet, Masken seien auf dem inländischen Markt nicht mehr verfügbar gewesen. „Es ging um Leib und Leben“, so der Rechtsanwalt. Dass eine Lieferung mit fehlerhaften Masken in dieser Situation unzumutbar gewesen sei, könne gut begründet werden.
"Viele Dinge vorgetäuscht"
Und auch das arglistige Vorgehen könne dem Lieferanten nachgewiesen werden, zeigte sich Nägele überzeugt. „Es sind viele Dinge vorgetäuscht worden. Und es wurde etwas angeboten, das vorher nicht überprüft worden war.“
Da sei es nachvollziehbar, dass die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat des Klinikums einige Monate später die endgültige Entscheidung getroffen hätten, keine Geschäfte mehr mit dem Lieferanten machen zu wollen - und ihm somit auch nicht die Chance zu geben, besseres Material nachzuliefern. Diese Möglichkeit der Nachfristsetzung sieht der Gesetzgeber eigentlich vor, im Ausnahmefall könne sie aber umgangen werden. Vertrauensverlust, wie er vom Klinikum im Zusammenhang mit der Lieferfirma vorgebracht wurde, könne laut Richter Wiederhold so eine Ausnahme rechtfertigen.
Vertrauen nachhaltig beschädigt
Eine Nachlieferung von Masken zum jetzigen Zeitpunkt lehnte das Klinikum als Vergleichsmöglichkeit von vorne herein ab. „Wir sind diesbezüglich gut ausgestattet bis zum Jahresende, es gibt keinen Bedarf“, sagte Nägele. Zudem habe sich an der Vertrauenssituation dem Lieferanten gegenüber nichts geändert, weshalb man auf eine finanzielle Kompensation poche.
Für die beklagte Firma willigte Rechtsanwalt Uwe Beutel schnell ein und bot eine Zahlung von 75 000 Euro an. „Im Unternehmen gab es einen Generationenwechsel, und wir wollen die Sache vom Tisch haben.“ Erschienen war er mit dem neuen Geschäftsführer der Firma.
Verursachte Infektionen nicht auszuschließen
Ob die fehlerhaften Masken im Klinikum damals zu Infektionen führten, ist nicht bekannt. „Wir haben keinen Hinweis darauf, können dies aber in Einzelfällen nicht ausschließen“, hatte schon damals eine Sprecherin gesagt. Die Masken wurden unter anderem in der Infektionsambulanz und auf den Intensivstationen eingesetzt.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ludwigshafen_artikel,-ludwigshafen-fehlerhafte-corona-schutzmasken-am-klinikum-ludwigshafen-lieferant-muss-zahlen-_arid,2056850.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/ludwigshafen_artikel,-ludwigshafen-klinikum-zieht-zehntausende-masken-aus-dem-verkehr-_arid,1724390.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html