Pandemie

Corona-Impfungen durch Hausärzte: Allein 300 erlösende Pikse im Haus der Gesundheit

Von 
Julian Eistetter
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April 2021: Sabine Benz verabreicht Karl Magiera im Haus der Gesundheit in der Gartenstadt den langersehnten Impfstoff. Mittlerweile sind die Praxen am Anschlag. © Pressefotoagentur Thomas Tröster

Ludwigshafen. „Rechtshänder oder Linkshänder?“, fragt Sabine Benz mit FFP2-Maske vorm Gesicht und aufgezogener Spritze zwischen den Fingern. „Rechts“, antwortet Karl Magiera und krempelt den linken Ärmel seines T-Shirts hoch. „Dann den Arm ganz locker hängen lassen. Achtung, jetzt wird es kurz kalt“, sagt die Medizinische Fachangestellte. Dann pikst sie die dünne Nadel in Magieras Oberarm und injiziert das Serum. „So, das war’s.“ Abtupfen. Pflaster drauf. Fertig.

Karl Magiera, 78 Jahre alt, ist einer der ersten 100 Patienten, die am Mittwoch im Haus der Gesundheit gegen das Coronavirus geimpft werden. In dem Komplex in Ludwigshafen-Gartenstadt sind Praxen für Allgemeinmedizin, Augenheilkunde, Gastroenterologie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Physiotherapie untergebracht. Seit Mittwoch steht der Betrieb jedoch wie in vielen Praxen in Deutschland ganz im Zeichen der Pandemie.

„Bis einschließlich Freitag werden wir rund 300 Impfungen vor Ort und bei Hausbesuchen durchführen“, sagt Internist Peter Uebel im Gespräch mit dieser Redaktion. Er und zwei seiner Kollegen sind an diesem Tag für die Aufklärungsgespräche zuständig. Die Patienten wurden nach Prioritätenliste einbestellt, holen sich ihre Formulare am Empfang ab, nehmen im Wartezimmer platz, werden dann von den Ärzten gebrieft und erhalten anschließend in einer kleinen Kabine ihre Impfung.

Priorisierung berücksichtigt

Bei Karl Magiera dauert das Aufklärungsgespräch keine zwei Minuten. Er kommt seit mehr als 20 Jahren ins Haus der Gesundheit und vertraut den Ärzten. Dass er das Vakzin von Biontech erhält, ist dem alteingesessenen Gartenstädter egal. Er hätte sich auch mit AstraZeneca impfen lassen. „Hauptsache geimpft“, sagt er. In seinem Freundeskreis sei er der erste, der den langersehnten Piks erhält, berichtet er grinsend. „Die anderen sind bestimmt neidisch.“

In der Praxis von Hausarzt Andreas Werling im Stadtteil Süd werden am Donnerstag die ersten Patienten geimpft. „Wir haben insgesamt 36 Dosen bekommen und verabreichen heute und morgen jeweils 18“, berichtet der Mediziner. Die Warteliste umfasse rund 150 Personen, die nach Eintreffen des Impfstoffs abtelefoniert worden seien. „Dabei haben wir natürlich die Priorisierung beachtet“, so Werling. Diese bevorzuge vor allem über 70-Jährige, Menschen mit Vorerkrankungen sowie enge Kontaktpersonen. „Vordrängler“, die versuchen, in der Praxis einen früheren Impftermin zu bekommen, als er ihnen zusteht, hat Werling kaum erlebt. „Unsere Patienten wissen, wann sie an der Reihe sind, und akzeptieren das auch.“

Da hat Uebel im Haus der Gesundheit auch schon andere Erfahrungen gemacht. „Es gibt sehr viele Nachfragen und wir mussten auch schon den ein oder anderen unberechtigten Patienten abweisen“, berichtet er. Ansonsten sei der Ablauf aber reibungslos. „Das Team ist motiviert und die Patienten dankbar und glücklich“, sagt er. Sabine Benz und andere Kollegen haben bereits im Impfzentrum in der Walzmühle ausgeholfen und kennen die Abläufe deshalb schon gut. „Diese Erfahrung hilft hier natürlich“, sagt sie.

Etwas mehr Aufwand bedeutet die Impf-Organisation für Werling und seine Einzelpraxis. Weil dort nicht so viel Personal zur Verfügung steht, nehmen Aufklärung, Vorgespräch und das Aufziehen des Impfstoffs mehr Zeit in Anspruch. Auf eine zweistündige Impfaktion komme eine Stunde Vorbereitungszeit. Daneben sei es holprig losgegangen, da der Impfstoff bei der Apotheke habe abgeholt werden müssen, anstatt dass er wie vereinbart geliefert wurde. Finanziell wird für die Ärzte pro Dosis abgerechnet. „Für eine Impfung gibt es 20 Euro. Da ist alles drin, auch Aufklärung und Nachbetrachtung“, so der Hausarzt.

Vorfreude auf Kontakt mit Tochter

Karl Magiera ist zufrieden. „Ich habe überhaupt nichts gemerkt. Die Nadel ist so dünn“, sagt er, nachdem er von Sabine Benz zur Beobachtung in das Wartezimmer geschickt wird. Für den 78-Jährigen ist die Impfung ein Hoffnungsschimmer. Er hat eine schwerbehinderte Tochter, mit der der Kontakt in der Corona-Pandemie nur sehr eingeschränkt möglich war. Bei ihr sei die Impfung leider bereits zweimal verschoben worden. „Aber wenn wir dann beide geimpft sind, dann können wir endlich wieder richtig Kontakt haben“, freut sich Magiera. In sechs Wochen kommt er zum zweiten Termin wieder.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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