Ludwigshafen. Schon seit zehn Jahren geht es bei der Baustelle am ÖPNV-Knotenpunkt der Ludwigshafener Innenstadt nicht voran. Ein immenses Loch am Berliner Platz, in dem meterhoch das Wasser steht, nervt Anwohner, Passanten und Kommunalpolitiker gleichermaßen. Das Hochhaus-Projekt eines Karlsruher Investors war mit einem Insolvenzverfahren gescheitert. Der 73-jährige Investor Hans-Peter Unmüßig aus Freiburg bietet mit einem deutlich kleineren Vorhaben eine neue Perspektive. Das Projekt eines siebengeschossigen Büro- und Geschäftshauses nahm die erste Hürde im Stadtrat. Bei einer Gegenstimme und neun Enthaltungen wurde ein vorhabensbezogener Bebauungsplan eingeleitet.
Stadt Ludwigshafen: Zeitfenster ist nicht allzu lange offen
Vorangegangen war eine lebhafte Debatte, weil es einigen Fraktionen nun doch zu schnell geht. Die FWG hatte beantragt, den Tagesordnungspunkt abzusetzen, da die Bürger beim „interessantesten Bauvorhaben der Zukunft“ nicht ausreichend beteiligt würden. „Nach jahrelangen Versprechungen und zuletzt fatalen Fehleinschätzungen der Mehrheit des Stadtrats soll nun in übertriebener Eile das nächste Projekt übers Knie gebrochen werden“, kritisierte FWG-Fraktionschef Rainer Metz. In allen Wahlprogrammen der Fraktionen werde eine qualifizierte Bürgerbeteiligung gefordert, diese müsse nun auch tatsächlich erfolgen. „Wir müssen aus Fehlern der Vergangenheit lernen.“
Auch die Fraktion Grünes Forum und Piraten sah die sehr schnelle Entscheidungsfindung kritisch. „Die Ideen des Investors haben zwar Charme. Aber bei dem wichtigen Projekt, das die Bürger beschäftigt, muss es Mitspracherechte geben“, forderte Heinz Zell ein Pflichtenheft. Dabei sollten Vorgaben in puncto Klima und sozialer Gestaltung gemacht werden, etwa eine helle, begrünte Fassade oder Sitzgelegenheiten in der Umgebung.
Die Grünen im Rat plädierten für einen mobilen Gestaltungsbeirat mit drei Experten, die von der Architekturkammer Rheinland-Pfalz benannt würden. „Wir wollen eine neutrale, unabhängige Unterstützung für das Projekt“, so Fraktionschef Hans-Uwe Daumann. Im Laufe der Debatte zog er jedoch seinen Antrag zurück. Stadtplaner Joachim Magin hatte darauf verwiesen, dass das „Zeitfenster für Entscheidungen nicht allzu lange offen“ sei. Der Insolvenzverwalter wolle den Notarvertrag bis zum Jahresende. Der Investor brauche Planungssicherheit vor dem Grundstückskauf. Die Einberufung eines Gestaltungsbeirats könnte sich indes hinziehen. CDU-Fraktionschef Peter Uebel erachtete ein solches Gremium für nicht nötig. „Beim renommierten Architekten Max Dudler sehen wir das Projekt in guten Händen“, merkte er an. Zumal es seit Langem Pläne für eine Bebauung des Areals gebe.
Dezernent verspricht zweistufige Bürgerbeteiligung
Baudezernent Alexander Thewalt (parteilos) versprach eine zweistufige Bürgerbeteiligung, bei der alle Beiträge dokumentiert und abgewogen würden. „Das letzte Wort hat der Stadtrat“, stellte er klar. Im Juli soll nach Magins Angaben die Bürgerbeteiligung mit einer Ausstellung des Vorentwurfs starten. Danach folge ein Erörterungstermin zu den Anregungen. Fachgutachten würden beauftragt. Im September/Oktober sei die Offenlage der Pläne vorgesehen.
Neuer Investor aus Freiburg
- Die vor 75 Jahren gegründete Unmüßig Bauträgergesellschaft Baden mbH (Freiburg) zählt zu den führenden Projektentwicklern Deutschlands.
- Sie bereitet nach eigenen Angaben derzeit Projekte mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Milliarden Euro vor.
- In der Rhein-Neckar-Region hat sie 2013 den Bürokomplex „Stadttor Heidelberg“ errichtet.
- Am Berliner Platz soll ein fünf- bis siebengeschossiges Büro- und Geschäftshaus (Architekt: Max Dudler) mit maximal 26,5 Metern Höhe entstehen.
- Im Erdgeschoss sind Gastronomie und Einzelhandel vorgesehen, in den anderen Etagen Büros. Die Dächer sollen als begrünte Dachterrassen ausgeführt werden.
- Die Bruttogeschossfläche beträgt 13 000 Quadratmeter. Damit ist das Gebäude nur etwa ein Drittel so groß wie das 67 Meter hohe Metropol-Hochhausprojekt, das eine Gesellschaft des Karlsruher Investors Günther Tetzner bauen wollte.
- Auf dem Gelände am Berliner Platz stand jahrzehntelang die vierstöckige „Tortenschachtel“, die als Kaufhaus genutzt wurde. 2014 wurde das markante Gebäude am Ludwigshafener ÖPNV-Knotenpunkt abgerissen.
- Der neue Investor Hans-Peter Unmüßig hatte übrigens die Debatte online verfolgt, sich aber nicht aktiv eingeschaltet. ott
Heftige Kritik äußerte Bernhard Wadle-Rohe (Fraktion Vernunft & Gerechtigkeit/Freie Linke). Das Gebäude wirke wie ein Fremdkörper und beflügle die Tristesse der Innenstadt. Zudem soll die Entscheidung dem Stadtrat in einer neuen Zusammensetzung überlassen werden.
Dem widersprach Christoph Heller (CDU). „Die Pläne des Investors sind dem am ähnlichsten, was die Bürger wünschen. Sie wollen ein kleineres Projekt als das Hochhaus.“ In Zeiten, in denen der Neubau praktisch tot sei, stufte er das Vorhaben als Glücksfall ein. Es gebe viele Regelungen, etwa zur Energieeffizienz, die der Investor einhalten müsse. „Lasst ihn machen und sehen, was er drauf hat“, so sein Appell, mit dem er nicht alle überzeugte.
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