Ludwigshafen. Sie sehen zwar putzig aus, durchwühlen aber häufig Beete und Mülltonnen und richten viel Unordnung in Gärten an. Bei der Nahrungssuche sind sie nicht wählerisch, sie vertilgen gerne Fallobst wie Äpfel und Kirschen, holen aber auch Eier aus Vogelnestern. In den vergangenen Wochen häuften sich Meldungen über Waschbären in Ludwigshafen - in Gärten und Hinterhöfen. Viele Hinweise kommen nach Angaben der Stadtverwaltung aus dem Stadtteil Süd. Die Behörde wurde bereits aktiv und verteilte Hunderte von Infozetteln an Anwohner.
Hat sich eine größere Zahl der Tiere in der Stadt gemütlich eingerichtet? Dafür gibt es indes bislang keine Hinweise. Zudem fehlen gesicherte Erkenntnisse, wie viele Waschbären derzeit in der Chemiestadt unterwegs sind. „In den vergangenen vier Monaten sind etliche Meldungen dazu eingegangen. Ob es sich dabei um ein oder mehrere Tiere handelt, wissen wir nicht“, sagt ein Sprecher der Stadtverwaltung auf Anfrage.
Am Lutherplatz hielt ein Waschbär die Anwohner auf Trab
Der Ortsvorsteher des betroffenen Stadtteils Süd, Christoph Heller, sieht bislang noch keine dramatische Entwicklung. Er wurde jedenfalls noch nicht von Anwohnern auf die lästigen Tiere angesprochen. Gleichwohl will er das Thema nicht kleinreden. „Waschbären sind sehr intelligent, verlieren rasch ihre Scheu und können schnell zu einem großen Problem werden.“
Eine Nachfrage beim ehrenamtlichen Naturschutzbeauftragten der Stadt, Klaus Eisele, bringt mehr Klarheit. Demnach hatte ein Waschbär vor Monaten die Anwohner am Lutherplatz in der Innenstadt auf Trab gehalten. Das Tier stöberte in Müll und anderen Hinterlassenschaften. „Es kletterte auch am Fallrohr hoch auf einen Balkon im ersten Obergeschoss und riss dort deponierte Gelbe Säcke auf. Zudem leerte er die Gelege von Vögeln“, berichtet Eisele. Daraufhin wurden die Anwohner gebeten, keinen Abfall oder auch Vogelfutter rauszustellen und generell eine Vermüllung zu vermeiden. Handlungsbedarf bestand auch deswegen, weil der Waschbär durch Essensreste auf einem benachbarten Kinderspielplatz angezogen wurde.
Nachdem die Anwohner die unfreiwilligen Futterstellen beseitigt hatten, verließ der Waschbär sein Versteck. Damit hatte sich das Problem aber nicht erledigt. Wochen später wurden Bürger gut einen Kilometer weiter in der Schützenstraße im Stadtteil Süd von Waschbären genervt, erzählt Eisele weiter.
Dass sich diese Tiere mitten in dicht bebauten Städten aufhalten, ist nicht so selten. Ein besonders spektakuläres Nachtquartier hatte sich ein Waschbär im Dezember 2020 in der Heidelberger Innenstadt ausgesucht. Er war in ein Modegeschäft in der Fußgängerzone Hauptstraße eingebrochen und schaute gegen 6.30 Uhr aus einem Schaufenster heraus. Eine völlig erstaunte Passantin informierte die Polizei, die die Tierrettung Rhein-Neckar verständigte. Deren Mitarbeiter konnten den Waschbären widerstandlos einfangen. Das Tier war durch eine Deckenplatte in die Verkaufsräume eingedrungen.
Schon drei Stunden zuvor hatte es den Sicherheitsdienst auf Trab gehalten, ohne entdeckt zu werden. Es hatte die Bewegungsmelder im Modehaus ausgelöst. Wachleute kamen vor Ort, entdeckten jedoch niemanden. Kurz nach 5 Uhr schlugen noch mehrmals Bewegungsmelder an. Aber auch da hatte sich das Tier gut versteckt.
In Ladenburg berichtete ein Stadtjäger im April von einem Fall, bei dem Waschbären, die häufig Spul- und Bandwürmer sowie Räude haben, ein Haus unbewohnbar gemacht hätten. In der Nachbarschaft seien danach mehrere Tiere gefangen worden. Vor zwei Jahren teilte die Untere Jagdbehörde mit, dass auch in Mannheimer Außenbezirken wie Sandhofen und Seckenheim Waschbären häufiger aufgetaucht seien. Auch im Main-Tauber-Kreis, wo sich diese Tiere rasant vermehrten, ist dies ein Thema. Weil sich Waschbären nur sehr schwer vertreiben lassen, müssten speziell ausgebildete Stadtjäger eingreifen, so das Landratsamt.
Essensreste im Müll sind für Waschbären eine Einladung
So weit ist es in Ludwigshafen bislang nicht. „Bisher musste noch kein Auftrag erteilt werden, ein Tier einzufangen“, berichtet der Stadtsprecher auf Nachfrage. Er verweist darauf, dass Waschbären den Standort wechseln würden, wenn sie nachhaltig gestört werden. Deshalb sollten die Bürger vor allem darauf achten, dass keine Nahrungsquellen leicht zugänglich sind. Denn Essensreste im Müll oder gefüllte Futternäpfe für Haustiere kommen für Waschbären einer Einladung gleich. Weil sie Deckel problemlos öffnen können, sollten Töpfe, Mülleimer oder Komposter am besten verschlossen werden. Auch gekippte Kellerfenster oder Katzenklappen sind für Waschbären als gute Kletterer keine Hindernisse. Gelbe Säcke sollten erst am Morgen des Abholtages bereitgestellt werden, weil sie sonst über Nacht aufgerissen werden, so eine weitere Empfehlung der Ludwigshafener Stadtverwaltung.
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Wer einen Waschbären entdeckt, sollte keinesfalls versuchen, ihn einzufangen, zu töten oder verletzen, rät die Umweltbehörde. Dies sei nicht nur gefährlich, sondern auch verboten. Vielmehr sollten die Tiere mit einer kurzen Beschreibung der Situation dem Bereich Umwelt und Klima unter der E-Mailadresse umwelt@ludwigshafen.de gemelden werden.
Neben Waschbären, die zu den invasiven Arten zählen, gibt es laut Eisele auch andere Tiere, von denen man es in Ludwigshafen nicht vermuten würde. „Es gibt im weiteren Innenstadtbereich mehr Füchse als Waschbären“, so seine Beobachtungen. „Sehr erstaunlich ist auch, dass sich mitten auf dem BASF-Werksgelände drei Wanderfalkenhorste angesiedelt haben.“
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