Ludwigshafen. Der Teppich ist komplett entfernt, ausgebaute Türen lehnen an der Wand, und über den ganzen Boden verteilt liegen Trümmerteile aus Kunststoff. Im dritten Stockwerk des Ludwigshafener Rathaus-Centers, wo einst das Stadtplanungsamt untergebracht war, läuft der Rückbau auf Hochtouren.
„Von außen mag man nichts vom Abriss bemerken, aber im Innenbereich läuft derzeit die Schadstoffsanierung“, berichtet Klaus Möller, bei der Bauprojektgesellschaft (BPG) zuständig für den Rückbau des Rathaus-Centers. Am Donnerstag führt er gemeinsam mit Bauleiter Peter Oehm und Bastian Herrmann, Geschäftsführer der WPW Geoconsulting Südwest GmbH, durch das leerstehende Gebäude, um den aktuellen Stand der Arbeiten zu zeigen.
Grundsätzlich laufen die Arbeiten zwar nach Plan, berichten die drei Fachleute. Das Wahrzeichen im Norden der Ludwigshafener Innenstadt soll weiterhin bis Ende 2025 dem Erdboden gleich gemacht werden. Dennoch gibt es aktuell einen Rückschlag zu verkraften. „Wir haben mit einem Vandalismusschaden zu kämpfen“, berichtet Möller.
Alle Aufzüge ausgefallen
Vor etwa fünf Wochen sind Unbekannte in die durch einen Bauzaun gesicherte Baustelle eingebrochen und haben einen massiven Wasserschaden verursacht. Sie überwanden den Zaun, verschafften sich über eine Glastür Zutritt zum Gebäude und lösten im Inneren dann einen Schlauch der neu installierten Wasserleitung. 100 Liter pro Minute laufen dort hindurch. „Der Schaden wurde erst nach rund 36 Stunden bemerkt, zu diesem Zeitpunkt waren bereits mehr als 200 000 Liter ausgelaufen“, sagt Möller.
Mit einem gewöhnlichen Wasserschaden sei das nicht zu vergleichen. Wasserfallartig wurden sämtliche Stockwerke überflutet. „Im Keller stand das Wasser rund 40 Zentimeter hoch, auf den anderen Stockwerken bis zu zehn Zentimeter“, erläutert Bauleiter Oehm.
Das wirklich Gravierende: Die Wassermassen ergossen sich auch über die Aufzüge, Elektronik und Platinen waren komplett nass. „Alle Aufzüge sind ausgefallen“, so Oehm. Für die derzeit laufenden Arbeiten im Turm seien diese aber zwingend erforderlich. „Wir brauchen drei Aufzüge, ohne die bekommen wir das Material nicht nach unten“, beschreibt Herrmann, der die Arbeiten als Schadstoffgutachter begleitet.
Schaden im sechsstelligen Bereich
Inzwischen ist zumindest ein Aufzug wieder in Betrieb. Die Verantwortlichen hoffen, dass bis April alle Geräte wieder einsatzfähig sind. Allein die Beschaffung der Ersatzteile habe rund 50 000 Euro gekostet. Der Gesamtschaden durch den Vandalismus wird auf einen sechsstelligen Betrag geschätzt. Möller geht davon aus, dass die Einbrecher mit ihrer Aktion für eine Verzögerung von bis zu drei Monaten gesorgt haben. „Wir müssen versuchen, das an anderer Stelle wieder reinzuholen.“
Der Vorfall im Februar war nicht der erste dieser Art. „Zuvor haben Einbrecher auch schon mal die komplette Bauleitung leer geräumt“, berichtet Oehm. Im vergangenen Jahr kam es im C-Tunnel zu einem Brand an einer Baumaschine.
„Vandalismus ist ein Problem“, sagt der Bauleiter, ordnet aber auch ein: „So ein großes Areal kann nicht 100-prozentig überwacht werden.“ Ein Sicherheitsdienst, der rund um die Uhr auf Patrouille sei, koste zudem viel mehr Geld als die entstandenen Schäden.
Fassadenrückbau noch 2023?
Eine Sicherheitsfirma wird bald dennoch für Ordnung sorgen. „Die Vergabe soll demnächst erfolgen“, sagt Oehm. Denn der Baustellenzaun, der nach einer Erweiterung im kommenden April rund 1,3 Kilometer lang ist, reiche allein nicht aus. Trotz einer Höhe von bis zu 2,5 Metern.
Trotz der Einbrüche laufen die Arbeiten weiter. Bis zum Jahresende sollen fast alle Aufträge für sämtliche Arbeiten vergeben sein, haben sich die Verantwortlichen als Ziel gesetzt. Die Schadstoffsanierung soll etwa im September dieses Jahres zum Abschluss kommen.
Wenn alles nach Plan läuft, werden die Arbeiten auch in diesem Jahr schon nach außen sichtbarer. Gegen Ende 2023 soll nämlich der aufwendige Rückbau der Fassade des Hochhauses beginnen. Sie besteht aus 1750 Elementen, die einzeln abgebaut und zum Boden gebracht werden müssen.
Komplizierter Fassadenrückbau
Ein Gerüst kann um den Rathaus-Turm jedoch aus statischen Gründen nicht aufgebaut werden. Laut Oehm muss voraussichtlich mit Arbeitsbühnen hantiert werden, die entweder vom Boden aus hochgefahren oder von oben an Seilen heruntergelassen werden. Die Experten rechnen damit, dass täglich 20 bis 25 Fassadenteile abgenommen werden. Vier bis sechs Monate würde der Rückbau dauern.
Erst wenn vom Gebäude nur noch das Betongerüst ohne Fassade steht, können die kleinen Abrissbagger mit einem Kran auf die oberste Ebene gesetzt werden. Von dort aus sollen sie sich etagenweise nach unten „knabbern“. Im unteren Bereich des Centers wird planmäßig mit Longfront-Baggern gearbeitet. Die rund 100 000 Tonnen Beton, die bei dem Projekt abgebrochen werden, sollen für den Bau der ebenerdigen Stadtstraße bereitgestellt werden.
150 bis 200 Bauarbeiter zeitgleich
In der Spitze werden laut Möller zwischen 150 und 200 Arbeiter auf der Baustelle tätig sein. Die Anlieferung erfolgt schwerpunktmäßig über den Warenhof West. Dort wurde eine 50 Zentimeter starke Betonplatte gegossen, damit die schweren Maschinen später den darunter gelegenen Hauptsammler nicht beschädigen.
Eine besondere Herausforderung ist die Entsorgung der Schadstoffe. „Gesammelt werden diese auf den Flächen des ehemaligen Saturn im östlichen Teil der Mall“, berichtet Herrmann. Was dann nach der Entsorgung mit dem belasteten Abfall passiere, sei unterschiedlich. Einiges komme auf Deponien, anderes werde verbrannt und wieder anderes unterirdisch gelagert. Die Abfuhr des Materials wird streng dokumentiert.
Es tut sich also einiges hinter der gläsernen Fassade des Rathaus-Centers. Das ist auch die Nachricht, die die Verantwortlichen an diesem Tag vermitteln wollen. „Wir bekommen ja oft zu hören, dass sich nichts tut. Von außen nicht, das stimmt. Aber innen umso mehr“, sagt Möller.
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