Jubiläum

100 Jahre Sozial- und Lebensberatung bei der BASF - diese Themen bewegen die Mitarbeiter

Rund 34.000 Mitarbeiter hat die BASF in Ludwigshafen. Wenn diese dienstliche oder private Probleme haben, können sie sich an eine spezielle Stelle wenden. Deren Leiterin berichtet, welche die größten Themen sind

Von 
Julian Eistetter
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Mitarbeiterinnen der Werksfürsorge bei der Milchausgabe im Jahr 1953. © BASF Corporate History

Ludwigshafen. Alles beginnt im Oktober 1922. Vor 100 Jahren gründet der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF eine Werksfürsorge, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Notsituationen und schwierigen Lebenslagen unterstützen soll. Was damals ganz klein mit nur einer einzigen Frau als „Fürsorgerin“ startete, hat sich bis heute zu einem eigenen Unternehmensbereich, der Sozial- und Lebensberatung mit 18 Beraterinnen und Beratern, entwickelt. Gerade in Zeiten von globalen Krisen und Unsicherheiten sei die Notwendigkeit eines solchen Angebots immer wieder deutlich geworden, berichtet Shantala Bauer, Geschäftsführerin der BASF Stiftung, bei der die Sozial- und Lebensberatung angesiedelt ist. Die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben der Beratungsstelle zahlreiche Anfragen beschert.

Die Fürsorgerin Anneliese Lösch (l.) bei einem Beratungsgespräch 1937. © BASF Corporate History

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozial- und Lebensberatung sind Ansprechpartner für die Kollegen bei dienstlichen oder privaten Problem, bei psychischen Belastungen, finanzieller Schieflage, Fragen rund um die Pflege Angehöriger, Suchterkrankungen und vielem mehr. „Bei uns arbeiten Sozialarbeiter, Psychologen und Pädagogen“, berichtet Bauer im Gespräch mit dieser Redaktion. „Einige haben eine Zusatzausbildung zur Begleitung von Insolvenzverfahren“, sagt sie. Alle seien in der sogenannten systemischen Beratung geschult, die Probleme nicht nur isoliert betrachte, sondern das gesamte Umfeld.

Existenzielle Nöte im Fokus

Doch zunächst zurück zu den Anfängen. Zu der ersten Werksfürsorgerin kommen bald weitere dazu. Sie gehen in Familien, beraten notleidende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie Lebensmittel organisiert oder Angehörige gepflegt werden können und wie man Krankheiten vorbeugt. Bis 1935 werden hauptsächlich wirtschaftliche Notfälle bearbeitet, danach tritt vermehrt die soziale Betreuung in den Vordergrund. Mit Kriegsbeginn 1939 und dem damit verbundenen Einsatz von Frauen in den Betrieben wird die Werksfürsorge durch die Einrichtung eines Kindergartens und einer Säuglingskrippe erweitert.

Der Warteraum der BASF-Werksfürsorge im Jahr 1937. © BASF Corporate History

Existenzielle Nöte rücken in den Kriegs- und Nachkriegsjahren in den Fokus. Mit Lebensmittel- und Kleiderspenden versucht die Werksfürsorge, diese zu lindern. Mit dem Wirtschaftswunder endet diese Zeit, und es werden neue Aufgabenfelder erschlossen. Die Unterstützung von Eltern mit behinderten Kindern, Beratung bei psychischen Belastungen, Seminare und Infoveranstaltungen zum Thema Sucht erweitern das Angebot.

Am Standort Ludwigshafen kümmern sich heute nach Bauers Angaben zehn Beraterinnen und Berater um die Belange der rund 34 000 Kolleginnen und Kollegen. „Rund 1500 Hilfesuchende wenden sich pro Jahr an uns, wir führen rund 3500 Gespräche“, berichtet die 42-jährige Pädagogin und Psychologin. So sei es durchaus üblich, dass bei einem Problemfall mehrere Beratungstermine notwendig sind. In anderen Fällen reiche aber auch mal nur ein Gespräch.

Die Pandemie sei für die Sozial- und Lebensberatung ein großer Einschnitt gewesen. „Das hat sich extrem auf unsere Arbeit ausgewirkt“, berichtet Bauer. „Denn Präsenz ist eigentlich unsere oberste Maxime.“ Mit den Corona-Beschränkungen sei zunächst eine Zurückhaltung bei den Anfragen zu verzeichnen gewesen. „Jeder war mit sich selbst beschäftigt, es wurde ruhiger. Aber das war nur die Ruhe vor dem Sturm“, berichtet die Mutter von vier Kindern. Denn als die Pandemie etwas abflachte, seien einige Themen ans Tageslicht gekommen. „Teilweise richtig heftige. Gewalt in Familien oder Isolation bei Alleinstehenden, denen durch die Lockdowns alles weggebrochen ist“, sagt Bauer.

Geschäftsführerin der BASF Stiftung



  • Die Werksfürsorge der heutigen BASF wurde im Oktober 1922 gegründet.
  • Heute ist die Sozial- und Lebensberatung Teil der BASF Stiftung und hat 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
  • Shantala Bauer ist seit 2019 Geschäftsführerin der BASF Stiftung. Bei der BASF SE ist sie seit 20 Jahren beschäftigt, zuvor im Bereich Human Resources und Kommunikation.
  • Die 42-Jährige hat vier Kinder im Alter von drei bis 15 Jahren und lebt in Ludwigshafen.
  • Mehr Informationen zur BASF Stiftung gibt es unter folgendem Link: https://on.basf.com/3sgYBJ6

Mit der Zeit habe es dann aber auch wieder Raum für die „normalen Probleme“ gegeben, so Bauer. Beispielsweise Ärger im Team, Auseinandersetzungen mit Führungskräften oder Schwierigkeiten in der Beziehung. Dann kam der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und löste bei einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BASF erneut Unsicherheit aus. „Für viele war das nicht wirklich greifbar, aber auch nicht umgehbar. In Teilen löste es ein Panikgefühl aus“, berichtet die Leiterin der Sozial- und Lebensberatung.

Pflege-Themen immer wichtiger

Generell seien dominierende Themen die Pflege von Angehörigen, bedingt durch den demografischen Wandel. „Viele Mitarbeiter haben sowohl kleine Kinder, müssen aber auch ihre Eltern pflegen. Das kann eine enorme Belastung sein“, sagt Bauer. Psychische Probleme durch die Pandemie und hybrides Arbeiten, das dauerhafte Präsentsein, der damit verbundene Druck seien ebenfalls ein beherrschendes Thema. Die 42-Jährige erwartet zudem durch die stark steigenden Preise in sämtlichen Lebensbereichen, dass das Thema Überschuldung in den kommenden Monaten viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreffen könnte.

Und auch neue Felder werden erschlossen. So unterstütze die Beratungsstelle Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter in Fragen sexueller Orientierung, etwa beim Outing oder auf dem Weg zu Geschlechtsumwandlungen. Die Sozial- und Lebensberatung der BASF, das wird ganz deutlich, ist immer ein Spiegel der Zeit.

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Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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