Kinderbetreuung

Wie viele Kita-Plätze braucht Lampertheim?

Lampertheimer Politik und Verwaltung streiten darüber, wie viele Kindergärten die Stadt in Zukunft benötigt. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von 
Susanne Wassmuth-Gumbel
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Die Lampertheimer Kita Europaring konnte im Sommer ihre Modernisierung feiern. Wie es mit dem Ausbau der Kinderbetreuung weitergeht, wird aktuell heiß diskutiert. © Berno Nix

Lampertheim. Seit Monaten ist die Frage, wie viele Kinderbetreuungsplätze in Lampertheim gebraucht werden, ein beherrschendes Thema in den Sitzungen der kommunalpolitischen Gremien. Wir fassen den aktuellen Stand zusammen:

Wie viele Kinder besuchen Lampertheimer Betreuungseinrichtungen?

Zum Stichtag 1. März 2025 gab es laut Erstem Stadtrat und zuständigem Dezernenten Marius Schmidt (SPD) in Lampertheim 1.300 Kinder, die eine Betreuung besuchten. 181 Mädchen und Jungen hatten einen Platz in einer Krippe, davon 153 in einer kommunalen Einrichtung. 1.119 Kinder besuchen einen Kindergarten, 501 davon einen städtischen. Von den insgesamt 1.300 Kindern in Betreuung haben laut Schmidt 55 einen diagnostizierten Integrationsbedarf. Das heißt, sie brauchen eine intensivere Betreuung und nehmen deshalb jeweils zwei Kita-Plätze in Anspruch. Gruppen mit Integrationskindern sind also nie mit der maximalen Zahl an Kindern belegt.

Bekommen alle Eltern einen Kita-Platz, die einen wollen?

Für das im August begonnene neue Kita-Jahr haben laut Schmidt 15 Familien, die einen Krippenplatz wollten, und 40 Familien, die einen Kitaplatz wollten, keine Zusage für städtische Einrichtungen bekommen. Da die Kinder nach dem Berliner Modell eingewöhnt werden, ziehen sich die Aufnahmen bis in den November hin. Deswegen gibt es zu Beginn des Kita-Jahres immer einen leichten Überhang an Plätzen. „Berufstätige Eltern können wir gut bedienen. Nicht berufstätige stellen kaum Anfragen“, so Schmidt. Bisher habe noch keine Familie den Rechtsweg beschritten, um ihren Anspruch gegenüber der Stadt gerichtlich durchzusetzen.

Wie lang müssen Familien auf eine Betreuungsplatz warten?

Spätestens im zweiten Quartal des folgenden Jahres steigt die Nachfrage nach Plätzen und es herrscht Mangel. In der Regel haben Kinder, die bis zum Herbst geboren werden, gute Chancen, mit drei Jahren einen Kita-Platz zu bekommen. Wer später im Jahr Geburtstag hat, muss meist bis zum nächsten Kita-Jahr warten. „Das bedeutet Wartezeiten von manchmal bis zu acht Monaten“, erläuterte Schmidt.

Was plant die Stadt für die kommenden Jahre?

Um diese Wartezeiten zu verkürzen und den Rechtsanspruch zu erfüllen, möchte die Verwaltung die Zahl der Kita-Plätze weiter erhöhen. Da für den U3-Bereich die Zahlen derzeit rückläufig sind, fokussiert sich die Stadtverwaltung auf den Ausbau der Kindergartenplätze für die Drei- bis Sechsjährigen. Aktuell hält die Stadtverwaltung an folgenden Plänen fest: Auf dem Charlottenhof zwischen dem Industriegebiet-Nord und Rosengarten will ein privater Investor eine Bauernhofkita errichten, für die die Stadt die Trägerschaft übernehmen würde.

Für die in die Jahre gekommene katholische Kita Mariä Verkündigung in der Lampertheimer Hagenstraße soll auf dem Kirchengrundstück (hinten im Bild) ein Neubau mit mehr Plätzen errichtet werden. © Berno Nix

Die in die Jahre gekommene katholische Kita Mariä Verkündigung in der Hagen- beziehungsweise Jakobstraße soll aufgegeben werden, wenn ein Neubau errichtet wurde. Diesen will die Stadt dort bauen, wo derzeit noch die Kirche Mariä Verkündigung steht. Die hat die katholische Pfarrei aufgegeben, sie soll abgerissen werden. Die Kita würde in katholischer Trägerschaft bleiben und eine sogenannte Nestgruppe bekommen. Bis der Neubau in Betrieb gehen könnte, werden vermutlich noch Jahre vergehen.

Außerdem plant die Stadt die Modernisierung der Kita Saarstraße, die wegen des begrenzten Außenbereichs aber keine zusätzlichen Plätze bekommen kann. Bedarf sieht die Stadt zudem im Stadtteil Hofheim, allerdings fehlt es hier noch an einer Idee, wie Abhilfe geschaffen werden kann. Eine geplante Containerlösung hatte Bürgermeister Gottfried Störmer im Zuge der Haushaltsberatungen 2024 zurück in die Schublade gelegt.

Kommt die Container-Kita Am Graben?

Die Pläne für eine Container-Kita in der Lampertheimer Straße Am Graben, Haus Nummer 37, sind vom Tisch. Wie der Erste Stadtrat Marius Schmidt in der jüngsten Sitzung des Sozial-, Bildungs- und Kulturausschusses mitteilte, kann die Stadt Lampertheim die sogenannte Villa in der Saarstraße 48 weiter nutzen.

Was ist mit der sogenannten Villa in der Saarstraße geplant?

Wie berichtet, hat der Kreis Bergstraße das Grundstück Saarstraße 48 samt Gebäude von der Stadt erworben, um es als Zufahrt für die Baustelle des neuen Lessing-Gymnasiums zu nutzen. Deswegen wollte der Kreis das Wohnhaus, in dem früher der städtische Hort untergebracht war und derzeit zwei Gruppen der Kindertagesstätte Saarstraße ausgelagert sind, spätestens im Sommer 2026 geräumt wissen. In erneuten Gesprächen konnte die Stadt nun allerdings die Frist bis Ende 2027 verlängern. Damit sind Überlegungen, wie für die beiden Kita-Gruppen relativ kurzfristig Ersatz geschaffen werden kann, vorerst obsolet.

Der Kreis wird die sogenannte Villa in der Lampertheimer Saarstraße 48 abreißen, um Platz für die Baustelle des neuen Lessing-Gymnasiums zu haben. © Berno Nix

Warum wird dann weiter über den Bedarf diskutiert?

Die Fraktionen im Lampertheimer Stadtparlament hatten die Verwaltung aufgefordert, die Zahlen noch einmal zu schärfen, die sie mit dem Kindertagesstättenbedarfsplan für das Kita-Jahr 2025/26 vor der Sommerpause vorgelegt hatte. Vor allem Mirja Mietzker von der Fraktion Bündnis90/Die Grünen hatte immer wieder angezweifelt, dass der Bedarf an zusätzlichen Plätzen wirklich so hoch ist, wie die Verwaltung ihn prognostiziert.

Was ist das Problem mit aussagekräftigen Zahlen?

Erster Stadtrat Marius Schmidt erläuterte als Dezernent für den Fachbereich Soziales und Frühkindliche Bildung l die Schwierigkeiten der Verwaltung, genaue Zahlen vorzulegen und Prognosen abzugeben. Der Kreis übermittele der Stadt mit seiner Kindertagesstättenbedarfsplanung regelmäßig Übersichten, wie viele Kinder es in der Stadt gibt und wie sich die Zahlen entwickeln. An denen orientiert sich die Stadtverwaltung für ihre Planung. Wie Schmidt erläuterte, gibt es in Lampertheim aktuellen Meldedaten zufolge 572 Kinder im Krippenalter (1 bis 3 Jahre) und 1.349 Kinder im Kindergartenalter (3 bis 6 Jahre). Diese Werte hatte der Kreis laut Schmidt zum Jahresende 2024 noch deutlich niedriger angesetzt. Das zeige, dass die Planungen ständigen Veränderungen unterworfen seien und die Meldedaten des Kreises tendenziell die realen Zahlen unterschätzen. Laut Schmidt nennt das Jugendamt des Kreises die im Lampertheimer Kindertagesstättenbedarfsplan genannten Zahlen aussagekräftig. Wie die Stadt argumentiere auch das Jugendamt mit dem geltenden Rechtsanspruch von Familien für einen weiteren Kita-Ausbau.

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Was kritisieren die Lokalpolitiker?

Mirja Mietzker vom Bündnis90/Die Grünen führt die kritische Debatte an. Sie ist der Meinung, dass Lampertheim ein bedarfsgerechtes Angebot habe und damit die Anforderungen des Gesetzgebers erfüllt. Sie ist überzeugt, dass die Stadt vor Gericht nicht verlöre, wenn eine Familie klagen würde. Die Notwendigkeit für zusätzliche Kita-Plätze sieht sie allein im Stadtteil Hofheim und im Frühsommer eines jeden Jahres. Vielleicht ließe sich für diese Monate eine andere Lösung finden, regt sie an? Für Neubauten habe die Stadt definitiv kein Geld. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres habe die Stadt für die Kinderbetreuung bereits 13 Millionen Euro ausgegeben, elf seien fürs gesamte Jahr eingeplant gewesen.

Was spricht noch gegen den Ausbau?

Aus Sicht des CDU-Stadtverordneten Alexander Rank vor allem auch der Erzieherinnen-Mangel. Es sei eine große Herausforderung, zusätzliches Personal für neue Kitas zu finden.

Und die anderen Fraktionen?

Jens Klingler, Fraktionschef der SPD, wird nicht müde, daran zu erinnern, dass all diese Diskussionen nicht geführt werden müssten, wenn nicht die anderen Fraktionen 2023 den Bau der bereits geplanten Kita Oberlache gestoppt hätten. Die SPD sieht ganz klar die Notwendigkeit für den Neubau der Kita Mariä Verkündigung. Klingler erinnerte zudem daran, dass schon in der Vergangenheit bei jedem Neubau überlegt worden sei, was mit der Kita geschehen könnte, wenn sie nicht mehr gebraucht würde. Bisher sei dieser Fall aber noch nie eingetreten. Außerdem würden die Kinderzahlen wieder steigen, wenn das Gleisdreieck bebaut würde. Die Kita Farbenfroh, die dort seit einigen Jahren in Betrieb ist, sei auch ohne das Neubaugebiet bereits komplett ausgelastet.

Redaktion Susanne Wassmuth-Gumbel ist stellvertretende Teamleiterin des Südhessen Morgen.

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