Jubiläum

Lampertheimer Lebenshilfe hilft Kindern mit Beeinträchtigung - und muss selbst Hürden meistern

Die Kita Schwalbennest und die Frühförderstelle der Lebenshilfe haben viel für Kinder mit Beeinträchtigung erreicht. Doch ihre Wartelisten sind lang.

Von 
Daniela Hoffmann
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Sabine Graupner (v.l.), Jan Schäfer, Lebenshilfe-Vorsitzende Birgit Schmidt und Tim Langbein bereiten mit Kindern der Kita Schwalbennest die Jubiläumsfeierlichkeiten vor. © Berno Nix

Lampertheim. Kindern mit Beeinträchtigung zu einem möglichst guten Start ins Leben zu verhelfen, ist keine einfache Aufgabe. Dieser widmen sich in Lampertheim zwei am Altrhein gelegene Institutionen: die Interdisziplinäre Frühförder- und Beratungsstelle, die seit 40 Jahren besteht, und die Kindertagesstätte Schwalbennest, die es seit 50 Jahren gibt. Beide feiern ihre Jubiläen gemeinsam am 20. September, dem Weltkindertag. „Wir konnten viel erreichen, doch etliche Herausforderungen bleiben – besonders die finanzieller Art“, sagt Jan Schäfer, Geschäftsführer der Lebenshilfe Lampertheim und Ried, die Träger von Förderstelle und Kita ist.

Herausforderungen für Eltern eines Kindes mit Beeinträchtigung

Die Geburt eines behinderten Kindes stellt Eltern vor viele Herausforderungen. „Damit sie und ihr Baby von Anfang an Unterstützung bekommen, gibt die Geburtsklinik oder der Kinderarzt oft die Empfehlung, sich an uns zu werden“, erläutert Tim Langbein, Leiter der Frühförderstelle im Gespräch mit unserer Redaktion. Häufig kommt die Empfehlung aber auch erst aus der Kindertagesstätte, wenn die Kinder drei Jahre oder älter sind.

In einem offenen Beratungsgespräch klären die Mitarbeiter dann mit Mutter und Vater, wo das Lampertheimer Team entsprechend des Behandlungsplans ansetzen kann. In der Spargelstadt wird für Kinder mit Handicap etwa Logotherapie und Ergotherapie angeboten. Weitere Angebote machen spezialisierte Praxen, die einen Kooperationsvertrag mit der Lebenshilfe haben. „Zudem besuchen wir Kinder und Eltern einmal die Woche zu Hause“, erörtert Langbein.

140 Familien stehen auf der Warteliste der Frühförderstelle

Um derzeit 120 Familien kümmert sich das interdisziplinäre Team, zu dem neben Ergotherapeutinnen und Logopäden auch Heilpädagoginnen und Sozialpädagogen gehören. „140 weitere Familien stehen auf unserer Warteliste – oft zwölf bis 14 Monate, wobei für die Entwicklung des Kindes wertvolle Zeit vergeht“, bedauert Jan Schäfer.

Die Lampertheimer Lebenshilfe ist Anlaufstelle für alle Einwohnerinnen und Einwohner des Kreises Bergstraße mit entsprechendem Bedarf. „Und für den Kreis stellt deren Förderung eine Pflichtaufgabe dar“, betont der Geschäftsführer.

Er sieht neben mangelnder Kapazitäten vor allem die langen Fahrstrecken als Problem, wenn Familien beispielsweise aus Wald-Michelbach, Fürth oder Rimbach bis ins Ried kommen müssen. „Zum Teil können wir das auffangen, weil ein paar Kollegen im Odenwald wohnen“, sagt Tim Langbein. „Eigentlich aber bräuchten wir im östlichen Kreisgebiet eine Zweigstelle.“ Verhandelt werde darüber gerade mit dem Jugendamt.

Einen nahtlosen Übergang in die Kita Schwalbennest kann es geben, wenn Mädchen und Jungen drei Jahre alt sind. In drei Gruppen spielen und lernen dort jeweils 15 Kinder – fünf mit besonderem Förderbedarf und zehn ohne.

Die Feierlichkeiten zum Jubiläum

Die beiden Jubiläen, 40 Jahre Interdisziplinäre Frühförder- und Beratungsstelle und 50 Jahre Inklusive Kindertagesstätte Schwalbennest werden, am Samstag, 20. September, von 14 bis 18 Uhr gefeiert.

Das Fest haben die Verantwortlichen auf den Weltkindertag gelegt.

Die Feierlichkeiten beginnen mit einem Sektempfang und kurzen Grußworten .

Danach folgt ein buntes Programm für Groß und Klein . So tritt das Inklusive Ensemble „Musik für alle“ aus Lampertheim und der 15-jährige Keyboarder Mika Mai auf , der mit seinen Liedern berührt, in denen es um das Leben mit Autismus geht.

Außerdem gibt es Kinderschminken, eine Hüpfburg, Stockbrot-Grillen, Riesenseifenblasen, Torwandschießen und Führungen durch die beiden Einrichtungen. off

„1969 entstand in Lampertheim eine erste Sonder-Kita, die damals in der Carl-Lepper-Straße war“, berichtet Jan Schäfer von den Wurzeln der Einrichtung. 1975 folgte die heilpädagogische Kindertagesstätte Schwalbennest – schon am jetzigen Standort in der Saarstraße, zunächst allerdings nur für Kinder mit Behinderung beziehungsweise für von Behinderung bedrohte Jungen und Mädchen. Für Knirpse ohne Beeinträchtigung öffnete sich das Schwalbennest 1990.

„Hier wird jeder mit seinen Stärken und Besonderheiten geschätzt“, macht Kita-Leiterin Sabine Graupner den Grundsatz der Arbeit ihres Teams deutlich. „Alle werden so angenommen, wie sie sind, und es ist toll, zu sehen, wie die Kinder miteinander umgehen.“ Vom inklusiven Ansatz der Kita profitierten alle, betont sie. „Die Kinder lernen bei uns viel fürs Leben. Normen. Werte. Und, dass es einen eigenen Platz im Leben gibt.“

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Doch auch fürs Schwalbennest besteht eine lange Warteliste. Anfragen kommen aus Bürstadt, Viernheim und anderen Gemeinden.

Ein weiteres Problem ist das Alter des Kita-Gebäudes. Es ist ebenfalls 50 Jahre – so alt wie die Kindertagesstätte selbst, und es besteht ein Renovierungsstau. „Die Heizung müsste ausgetauscht werden, Deckenteile erneuert, ein Bad saniert werden“, sagt Jan Schäfer. Die Stadt als finanzieller Träger der Einrichtung zahlt zwar Miete an den Verein Lebenshilfe. Doch diese Einnahmen reichen bei Weitem nicht aus.

Football-Team streicht unentgeltlich Kita-Wände

Dafür ist die gesellschaftliche Unterstützung in Lampertheim und darüber hinaus groß. So hat das Football-Team Gernsheim Gladiators Anfang des Jahres unentgeltlich die Wände gestrichen. „Auf solche Aktionen sind wir angewiesen“, betont der Geschäftsführer.

In Lampertheim bieten verschiedene Akteure außerdem inklusive Angebote für die Jüngsten. So gehört beim Kanu-Club ein inklusives Schwimmtraining und beim TVL ein inklusives Fußballtraining zum Programm. Die Musikschule hat inklusive Gruppenkurse im Rahmen der elementare Musikerziehung eingerichtet.

Befreundte Institutionen sind auch bei den Festlichkeiten zu den Jubiläen am Samstag mit von der Partie – sie feiern mit und helfen mit. „Ein gutes Zeichen für die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigung in dieser Stadt“, findet Jan Schäfer.

Redaktion

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