Lampertheim. Das Einsparen von Energie und der Einbau neuer Heizungen sind nach wie vor ein Dauerthema – auch wenn sich die Situation in diesem Winter nicht mehr so dramatisch darstellt wie im Jahr zuvor. Mancher schaut dabei auch in die Vergangenheit zurück, als selbst Kinder morgens als Erstes auf die Eisblumen an den Fenstern blickten, denn das Heizen von Räumen, die nur dem Schlafen dienten, wäre niemandem in den Sinn gekommen.
Der Alltag in Lampertheim war lange vom Hungerwinter 1946/1947 geprägt
Viele Lampertheimer hatten gewiss noch den kalten Hungerwinter 1946/1947 in Erinnerung, als es fast nichts gab, keine Lebensmittel und keine Heizmöglichkeiten. Die Großstädte, in denen immer noch viele Häuser durch die Bombardierungen unbewohnt waren, traf es härter als das Land. Und hier wiederum war vor allem der Norden Deutschlands besonders betroffen. Da war es eine Selbstverständlichkeit, dass man auch noch Jahre später sehr sparsam mit den vorhandenen Ressourcen umging.
Das fing schon beim Heizen an. Auch wenn die Keller inzwischen gut mit Eierkohle, Briketts und Holz gefüllt waren, wäre niemand auf die Idee gekommen, ein ganzes Haus zu heizen. In den Schlafzimmern gab es noch nicht einmal einen Ofen. Man betrat das Schlafzimmer ja nur zum Schlafen, den kurzen Moment, bis man das Bett erreichte, hielt man die Kälte aus. Im Bett waren ein Federbett und Kissen, die Wolldecke wurde durch ein Überschlagtuch vor Verschmutzung und Schweiß geschützt.
Und wenn man zu kalten Füßen neigte, konnte man ja den unteren Teil mit einer Bettflasche oder einem warmen Ziegelstein mollig warm bekommen. Noch Jahrzehnte später hatten Heizungsbauer ihre liebe Müh‘ und Not, ältere Kunden vom Anbringen eines Heizkörpers im Schlafzimmer zu überzeugen.
Gebadet wurde immer nur am Samstag
Gas wurde in Lampertheim lange Zeit selbst produziert. Vor 115 Jahren war das Gaswerk in Betrieb genommen worden, das die Haushalte und vor allem die Straßenlaternen mittels Kohlevergasung versorgte. Am 2. Juli 1973 wurde das Ortsnetz auf Erdgas umgestellt, die Lampertheimer Gasometer wurden demontiert.
Die ganze Familie hielt sich zumeist in der Küche auf, denn dort war es immer warm. Schließlich wurde hier gekocht. Da wurde auch gemeinsam das Gemüse geputzt, es wurde Radio gehört, die Kinder erledigten am Küchentisch ihre Hausaufgaben.
Auch das Wohnzimmer hatte noch einen Ofen. Doch der wurde nur zu bestimmten Gelegenheiten befeuert, etwa an Feiertagen oder wenn Gäste kamen. Später, als sich mehr Haushalte einen Fernsehapparat leisteten, wurde der Ofen immer öfter auch unter der Woche angeworfen, aber nur abends, wenn eine interessante Sendung auf dem Programm stand.
Familien, die eine eigene Badewanne hatten, waren schon fortschrittlich, bei manchen wurde noch der Waschzuber dazu umgewandelt. Gebadet wurde immer nur am Samstag. Oft stieg die ganze Familie nacheinander in das gleiche Wasser, damit nichts verschwendet wurde. Schließlich war es schwierig, so viel warmes Wasser für mehrere Personen zu produzieren.
In Lampertheim gab es feste Regeln zur Körperreinigung
Tägliches Duschen und Haarewaschen wäre damals als Verschwendung, von den älteren Lampertheimern sogar als gesundheitsschädlich angesehen worden. Unter der Woche wusch man sich am Waschstein in der Küche. Dazu gab es zwei Sorten Waschlappen, nämlich einen dunklen und einen hellen, die gleichen Farben hatten die Handtücher. Der obere Körperteil, wie Gesicht, Hals und Arme wurden mit dem hellen Lappen gewaschen und dem hellen Handtuch getrocknet. Zur Reinigung der unteren Körperhälfte dienten die dunklen Wäschestücke.
Auch mit der Kleidung wurde sehr sorgsam umgegangen. Es gab Kleider für die Arbeit an den Werktagen und die besonders gepflegte Sonntagskleidung, die man trug, wenn man in die Kirche und nachmittags zum Flanieren „auf die Platt“ ging, wie die Kaiserstraße genannt wurde.
Frauen durften sich während ihrer Periode nicht die Haare waschen
Niemand wäre auf die Idee gekommen, nach kurzem Tragen schon die Kleidung zur Wäsche zu werfen. Oft genügte es, einen kleinen Fleck mit der Hand auszuwaschen. Denn der montägliche Waschtag verlangte den Frauen viel ab, je weniger schmutzige Kleidung auf sie wartete, umso besser. Und doch wäre sich damals niemand, der Kleidung mehrere Wochen lang trug, und nur samstags badete, schmutzig vorgekommen.
Während der Menstruation durften Frauen übrigens nicht die Haare waschen – und natürlich auch nicht baden. Genauere Erklärungen gab es dafür nicht. Das schickte sich einfach nicht. Aber vielleicht lag es auch daran, dass die Haare an diesen Tagen – hormonbedingt – nicht so schön fallen wie sonst, weil sie fettiger sind.
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