Lampertheim. 9 Uhr, Regen: Inge Netscher setzt sich die dunkelblaue Schirmmütze auf. Die 81-Jährige ist mit Ute Striebinger verabredet – Seniorenbeiratsvorsitzende, Geopark-vor-Ort-Begleiterin und nun auch Rikscha-Pilotin. Pünktlich wartet Striebinger vor der Haustür, um Inge Netscher abzuholen. Letztere ist Premieren-Fahrgast bei der Aktion „Radfahren gemeinsam neu entdecken“, ein Gemeinschaftsprojekt von Stadtmarketing und Seniorenbeirat, in Kooperation mit dem Turnverein Lampertheim.
„Ich freue mich wie Bolle“, sagt Netscher und lacht. Angeregt durch einen Zeitungsartikel über das Hofgut in Kirschgartshausen, hat sie sich dieses Ziel ausgesucht. Und ihren Wunsch erfüllt Striebinger prompt. Inge Netscher war selbst jahrelang Mitglied im Seniorenbeirat, ist Sicherheitsberaterin für Senioren und Kopf der Kreativgruppe der Seniorenbegegnungsstätte.
Wer sich für eine Tour im Rahmen der Aktion "Radfahren ...
Bevor die Entdeckungstour in der Doppelsitz-E-Rikscha beginnt, mummelt die Pilotin ihren Passagier in eine wasserdichte, aber an der Unterseite flauschige Decke ein. Dagegen schützt die Elektroradlerin nur ein Regencape vor dem Niederschlag. Ihr mache das Nass von oben nichts aus, sagt sie gut gelaunt.
Die 68-Jährige ist eine dynamische Fahrradfahrerin und hält sich durch regelmäßiges Joggen fit. Zudem engagiert sich Striebinger ehrenamtlich. Sie hatte auch die Idee, eine Rikscha nach Lampertheim zu holen. Nicht nur Senioren soll das Gefährt dienen, sondern auch mobilitätseingeschränkten Menschen.
Striebinger bewegt erst einmal mit Muskelkraft die Pedale, doch bald unterstützt der Elektromotor die Fahrt. Als es durch eine Straße mit kleinen Schlaglöchern geht, rumpelt die Rikscha. Wenn Striebinger abbiegt, gibt sie Handzeichen. Dann hält sie an einer roten Ampel. Absteigen muss die Rikscha-Pilotin dort allerdings nicht, denn das Spezialfahrzeug ist ein Dreirad.
Sicher lenkt die sportliche Frau das Gefährt Richtung Damm. Auch so manche Steigung überwindet sie. Nur beim Rückwärtsfahren muss Striebinger schieben.
Feiner Nieselregen weht den Frauen an diesem Morgen ins Gesicht. Bei dem Regenwetter sind nur wenige Passanten unterwegs. „Schade“, meinen die beiden. Sie hätten gerne mehr Zuschauer bei ihrer abenteuerlichen Fahrt gehabt.
Viel Wissenswertes auf dem Weg
Egal ob Straßenarbeiter, Walkerinnen oder Hundebesitzer, die mit ihren Tieren Gassi gehen: Die vorbeifahrenden Frauen grüßen alle, denen sie begegnen freundlich. Inge Netscher fühlt sich königlich. Die Wahllampertheimerin Striebinger kennt sich in der Spargelstadt gut aus, da sie zeitweilig auch für die Seniorenbegegnungsstätte die Fahrdienste übernimmt.
Des Weiteren kennt sie sich mit Fauna und Flora aus und kann Wissenswertes erklären. Auf Höhe des Altrheingebiets sind Graureiher und Weißstörche zu beobachten und die Wiesen blühen. Ute Striebinger versteht es, ihren Fahrgast für die Landschaft zu begeistern. Obendrein steuert sie einen Schuss Humor bei und erhöht damit noch die Freude von Inge Netscher an der Tour.
Die Rikscha-Pilotin hat sich auf den Ausflug sehr gut vorbereitet und erklärt am Ziel ihrem Fahrgast die Geschichte des Weilers Kirschgartshausen sowie seiner Gebäude.
Nach fast zwei Stunden ist die Jungfernfahrt zu Ende. „Bei schönem Wetter kann jeder“, witzeln die Frauen. Beide sind glücklich. Das gemeinsame Erlebnis und die Gespräche haben ihnen gut getan.
Bevor Striebinger die Rikscha in der Garage parkt, die die Stadt Lampertheim zur Verfügung stellt, reinigt sie das Gefährt noch. Damit es für die nächste Tour gleich wieder startklar ist.
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