Gesundheit

Mut zur Stimme: Was Lampertheimer Senioren von Sängerin Barbara Boll lernen

Sich Gehör verschaffen, Kraft finden, gemeinsam singen: Sängerin Barbara Boll zeigt in Lampertheim, wie viel Lebensenergie in der eigenen Stimme steckt.

Von 
Rosi Israel
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Barbara Boll referiert in Lampertheim über die Bedeutung der Stimme und hat auch praktische Übungen mitgebracht. © Rosi Israel

Lampertheim. Ein Senior fragt Barbara Boll, ob eine Überbelastung der Stimme durch vieles Reden passieren könne und eine Seniorin möchte wissen, ob stetiges Singen die Stimmbänder reizt. „Im Gegenteil“, antwortet die Sängerin und selbstständige Gesangslehrerin. Eine „Einsamkeitsstimme“ sei bedenklich, wenn eine Person alleine lebt und nur wenig rede. Boll hat zuvor in der Seniorenbegegnungsstätte (SBS) Alte Schule einen Vortrag zu „Die Stimme, ein wichtiges Instrument“ gehalten.

Die Gäste freuen sich über das Referat, denn Boll ist als Vollblutmusikerin bekannt. Nun lernen sie die Gäste auch als Fachfrau für die Stimme kennen, die sich auf die Ausbildung, Pflege und Verbesserung selbiger spezialisiert hat. Nur zum Vortrag ist sie nicht so richtig bei Stimme, denn: „Ich habe am Vorabend im Freien gesungen.“

Ihre Maßnahmen am Morgen danach, zum Aufwärmen der Stimmbänder, waren deshalb, beim Aufwachen im Bett, auf dem Rücken liegend, herzhaft zu gähnen, bewusst zu atmen und dann im Bad zu brummen wie ein Bär. „Ihr könnt auch summen, all solche Töne sind erlaubt“, erläutert Boll. Sie fügt hinzu: „Nicht vergessen, das Luftholen durch den Mund.“ Und ergänzt: „Die Stimme braucht acht Minuten Pflege, das geht am besten im feucht-warmen Bad.“ Die Heizungswärme und der Nebel, der beim Duschen mit warmen Wasser entsteht, seien gut für die Stimme. Wärme entspanne die Muskulatur und der Wasserdampf bringe Feuchtigkeit für die Stimme. Darum sei auch reichlich trinken eine Option.

Barbara Boll empfiehlt Stimmübungen mit dem Blubberschlauch

Außerdem habe Boll geblubbert. Das tue sie auch vor Bühnenauftritten. Da einige Seniorinnen und Senioren ungläubig gucken, führt Boll die Anwendungsweise mit einem speziellen Blubberschlauch vor, der in einer Flasche mit Wasser steckt. „Mit dem Schlauch blasen wir Luft ins Wasser. Die Stimme wird entspannt und trainiert“, sagt Boll. Sie macht es vor, atmet ruhig durch die Nase ein und durch den Mund über den Blubberschlauch ins Wasser aus. Dabei entsteht das Blubbergeräusch, das die Stimmlippen massiert.

Den Schlauch hat die Referentin im Internet gekauft. Da manche Gäste keinen Zugang haben, erklärt sich die Sozialarbeiterin Stephanie Rapp, vom Fachdienst Soziales der Stadt Lampertheim, bereit, eine Sammelbestellung von solchen Schläuchen aufzugeben. Boll und Rapp freuen sich über das Interesse der Zuhörenden.

Die Cafeteria ist bis auf den letzten Platz besetzt. Die Besucherin Anja Hilsheimer kann es nach dem Kaffeetrinken, das die Blauen Engel der SBS ermöglicht haben, kaum erwarten, dass Bolls Workshop beginnt. „Seitdem ich die Ankündigung gelesen habe, freue ich mich darauf. Ich singe schon über 20 Jahre im Chor Mosaik. Ich in gespannt, welche Atemübungen und Trainings für die Stimmbildung, für die Ausbildung der Stimme zum Singen und Sprechen, Barbara Boll bringt“, so Hilsheimer.

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„Die Stimme funktioniert nur dann, wenn richtig geatmet wird. Es ist ein wichtiges Organ und dafür muss etwas getan werden“, motiviert Boll die Anwesenden. Die Stimmpflege werde besonders im Alter manchmal stiefmütterlich behandelt. Eben deshalb, weil einige Ältere zu Hause keinen Ansprechpartner haben und deshalb wenig sprechen.

„Die Muskulatur um den Kehlkopf herum ist von Haus aus faul und benötigt Aktivierung“, erklärt Boll. Die Kehlkopfmuskeln steuerten die Stimmbänder und die Stimmritze. Und diese wiederum seien entscheidend für die Atmung und Stimmbildung. Das sagt Boll auch im Hinblick auf das Volksliedersingen, das regelmäßig in der SBS stattfindet. Ein Räuspern sei übrigens für die Stimme kontraproduktiv. „Da klatschen die Stimmbänder aneinander. Besser ist, ein Gutzel zu lutschen oder zu husten“, gibt Boll die Tipps.

Die Cafeteria der Seniorenbegegnungsstätte in Lampertheim war gut besucht. © Rosi Israel

„Dieser Vortrag von Barbara Boll ist für mich ein kostbares Geschenk. Ich nehme viele Impulse für meine Stimme mit, die ich einfach und individuell anwenden kann. Und er hat mich darin bestärkt, dass ich selbst etwas tun kann, um meine Atemqualität zu verbessern. Schließlich kann ein tieferer Atem Balsam für meine Seele sein“, schlussfolgert die Sängerin Pia Mehler-Diehlmann.

Auch die Besucherinnen der Lampertheimer Begegnungsstätte haben Tipps

„Ein weiterer wichtiger Aspekt neben der Muskulatur ist der Vagusnerv, der den Kehlkopf durchzieht“, verdeutlicht Stephanie Rapp. Dieser Nerv sei einer der zwölf Hirnnerven und im Körper für Prozesse wie die Atmung verantwortlich. „Durch das bewusste Summen kann der Nervenstrang aktiviert werden. Der Körper kommt in eine Entspannung und somit auch automatisch in eine tiefere und ruhigere Atmung, die essenziell für die Gesundheit ist“, weiß Rapp.

Ein nicht reguliertes Nervensystem könne sich also auch auf die Stimme auswirken. Zudem berichtet Rapp, dass jedes Organ und jeder Mensch seine eigene Frequenz habe, in der er schwingt. Wenn diese Frequenz aus dem Takt gerate, entstünden im Körper Störungen. Ein Beispiel für wohltuende Frequenzen seien Solfeggio-Frequenzen, die im elften Jahrhundert oftmals in Mönchsgesängen eingesetzt wurden, aber später wegen der ungeklärten Wirkung nicht mehr erlaubt waren. „Mitte 1970 wurden sie wiederentdeckt und werden bewusst für Entspannung und Wohlbefinden eingesetzt. Jede Stimme und jeder Mensch kann diese Frequenzen summen oder singen und seinem Körper somit etwas Gutes tun“, erklärt sie.

Freie Autorin

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