Porträt

Die Oberfelds in Lampertheim produzieren seit 100 Jahren Eis

Die Lampertheimer Eisdiele Oberfeld gehören zu den ältesten Eis produzierenden Familienbetrieben der Bundesrepublik. Zum Jubiläum gibt’s ein zweitägiges Fest zum Mitfeiern.

Von 
Daniela Hoffmann
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Mit traditionellen Spachteln portionieren Kurt und Karin Oberfeld in ihrer Lampertheimer Eisdiele das Eis. © Berno Nix

Lampertheim. Die schwarzen Haare zurückgekämmt, auf Festen Adriano-Celentano-Lieder schmetternd und leidenschaftlich Eis verkaufend. Viel italienischer kann die Beschreibung eines Mannes wohl kaum sein. Dabei kommt Kurt Oberfeld aus einer alt eingesessenen Familie in Lampertheim. Diese betreibt seit 100 Jahren eine Eisdiele. Ihr Geschäft gehört damit nach eigenen Angaben zu den ältesten Eis produzierenden Familienbetrieben der Bundesrepublik. Das Jubiläum soll jetzt gefeiert werden.

„Morsche Kurt“, grüßt ein Gast im Pavillon, der zum Eiscafé gehört. Obwohl dieser Sommermorgen wolkenverhangen und eher kühl ist, sind um 11 Uhr schon etliche Tische belegt. „Oberfeld“ ist schon lange Treffpunkt nicht nur für Lampertheimer, sondern auch für viele Ausflügler aus der Region. „Dabei hat alles klein angefangen“, sagt der Inhaber bescheiden. „Mit einer Bretterbude.“

„Das Eismachen war anfangs ein echter Knochenjob.“

Die Familie hatte sich eigentlich dem Konditorhandwerk verschrieben. So hatte Kurt Oberfelds Großvater Karl in einem Café in Worms gelernt, ging nach der Lehre nach Mannheim, um sich dort in zwei Schokoladenfabriken „Neues anzueignen“.

Das Wissen brachte er nach Lampertheim. Dort betrieb seine Mutter ein Geschäft für Schiefertafeln und Griffel direkt neben der Schillerschule. Karl schloss daran eine kleine Backstube an, wo er vor allem Kaffeestückchen und Schokolade produzierte. „Natürlich gehörten die Schüler schnell zum Kundenstamm“, erzählt Kurt Oberfeld schmunzelnd. „Und weil im Sommer mit Schokolade eher wenig los war, kam mein Großvater auf die Idee mit dem Eis.“

Kurt Oberfeld (Junior) zeigt Redakteurin Daniela Hoffmann alte Fotos aus der Geschichte von Eisdiele und Schokoladenhaus. © Berno Nix

Damit war er früher dran als die meisten italienischen Gelaterien hierzulande. Diese etablierten sich vor allem in den 1930er Jahren, als sich viele Italiener - vor allem aus den Dolomiten - auf die Herstellung von Speiseeis spezialisierten und nach Deutschland auswanderten. So kamen auch die Fontanellas, die berühmten Erfinder des Spaghetti-Eises, 1933 nach Mannheim.

Doch wieder zurück ins benachbarte südhessische Ried. „Das Eismachen war für meinen Großvater noch ein echter Knochenjob“, betont Kurt Oberfeld. „Denn eine elektrische Maschine hatte er dafür noch nicht.“ Vielmehr wurden Eisstangen von einer Brauerei geliefert, dann zerkleinert und um den Rand eines Kessels geschüttet. In dessen Inneres wurde schließlich die Masse für das Speiseeis gegeben und so lange gerührt, bis sie die Kühle vom Behältnis angenommen hatte. Die ersten Sorten waren Vanille und Schokolade. Eine Portion kostete 5 Pfennig.

Kurt Oberfeld (Senior) um 1940 als Kind in der Bretterbude. © Berno Nix

Der Verkauf in der Bretterbude lief gut an und selbst in den Kriegsjahren blieb sie geöffnet. Danach wurden amerikanische Soldaten in der Schillerschule einquartiert, was das Geschäft wiederum beflügelte. Denn die USA zählten schon damals zu den Nationen mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Speiseeis.

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Mit den Wirtschaftswunderjahren kamen auch Neuerungen im Eisverkauf. Beispielsweise wurde die Eismasse nicht mehr auf eine flache Waffel „geschmiert“ und anschließend mit einer zweiten Waffel obendrauf wie ein Sandwich verkauft. „Vielmehr wurden ab den 50ern die Eistüten verwendet“, so Oberfeld. Das Eis selbst gibt die Familie allerdings bis heute mit dem traditionellen Spachtel in die Tüten. Ein Stück Nostalgie, das den Betrieb ausmacht.

Dazu kommt eine Mischung aus Geschäfts- und Gemeinschaftssinn. Als der Vater - ebenfalls mit Namen Kurt - die Geschäftsführung übernahm, richtete dieser für Lampertheims Jugend in dem Gebäude, in dem sich auch die Eisdiele befindet, eine „Spielhalle“ ein. „Für Unterhaltungs-, nicht für Glücksspiele“, macht der heutige Inhaber deutlich. Darin standen Flipper, Tischfußball und Billardtisch. „Da haben sich die jungen Leute abends getroffen, bevor sie in die Disco weiterzogen“, erzählt Oberfeld. Und währenddessen hat der eine oder die andere natürlich auch ein Eis gekauft.

Feierlichkeiten zum Jubiläum

  • Das 100-jährige Bestehen der Eisdiele und des Schokoladenhauses Oberfeld wird am Freitag, 15. August, und Samstag, 16. August, gefeiert. Für beide Tage hat Familie Oberfeld ein buntes Programm mit etlichen Akteuren aus Lampertheim und der Region auf dem Kleinen Schillerplatz organisiert.
  • Freitag, 15. August: 11 Uhr Live-Musik der Zwoa Spitzbuam, 14 Uhr Platzkonzert der Katholischen Kirchenmusik Mariä Verkündigung, 15 Uhr Konzert der Musiker-Initiative Lampertheim (MIL) mit Helmut Wehe, 20 Uhr Groove Generation, n ach Einbruch der Dunkelheit Feuerwerk auf dem Großen Schillerplatz.
  • Samstag, 16. August: 12 bis 18 Uhr Kindersommerfest auf dem Hof der Schillerschule mit Kinderzug und -karussell, verschiedenen Hüpfburgen, einem Enten-Rodeo, einer Hindernisbahn und einem Kettenkarussell. Ab 19.30 Uhr spielen Hermann und die Superhelden auf dem Kleinen Schillerplatz.
  • An beiden Tagen wird Pizza, Bratwurst und natürlich Eis angeboten. Dazu gibt es einen Getränkestand und eine Sektbar.

Das gesellschaftliche Engagement ist geblieben. Jedes Jahr veranstaltet Kurt Oberfeld (Junior) inzwischen zum Ende der Sommerferien beispielsweise ein Kinderfest in Kooperation mit der Stadt. Seine Familie und er sind mit Eisdiele und dem dazugehörigen Schokoladenhaus Bestandteil jedes Festes und fast jeder Aktion in der Innenstadt. An Fronleichnam hat der bekennende Katholik außerdem früher zur Prozession Geschäftshaus und Eiscafé mit weiß-gelben Fähnchen geschmückt, wie ein Bild im Familienalbum zeigt. „Der Kurt ist einfach einer von uns“, hört man in Lampertheim immer wieder. Am 15. August erhält Oberfeld die Silberne Stadtplakette.

Neben dem „Nah-an-den-Leuten-sein“ bedarf es jedoch auch Innovationsgeist. Als der mittlerweile 70-jährige jetzige Chef vor 30 Jahren den Betrieb von seinem Vater übernahm, kaufte er die erste Eistheke für den Verkauf. Zunächst eine für nur neun Sorten, die heutige beinhaltet 24 Sorten.

Neue Herausforderungen für den Betrieb

Der Bekanntheitsgrad über die Grenzen Lampertheims hinaus wuchs, als die Oberfelds zum Hessentag 1984 den ersten Spezialbecher anboten, einen Erdbeerbecher. Derzeit haben sie 30 verschiedene Becher im Angebot.

Das Eiscafé und Schokoladenhaus der Oberfelds im Herzen Lampertheims. © Berno Nix

„Das Eismachen heute bringt neue Herausforderungen“, sagt Kurt Oberfeld. Gestiegene Kosten für Rohstoffe, Strom und Löhne. „Ich aber habe Glück, weil ich Karin geheiratet habe, die das alles mitträgt, und, weil die ganze Großfamilie anpackt.“ Eines der Enkelkinder habe sogar schon Interesse angedeutet, den Betrieb weiterführen zu wollen. Die Eisproduktion in Lampertheim wird also wohl weitergehen.

Redaktion

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