Lampertheim/Bürstadt/Biblis. Der Wind pfeift durch die Straßen, es nieselt in Lampertheim. Nicht nur deshalb beginnt der erste Arbeitstag des neuen Jahres für Christine Romstein mühselig. Die Riedbahn ist seit Montagabend wegen Sanierungsarbeiten lahmgelegt. „Um zur Arbeit zu gelangen, muss ich mit dem Ersatzbus an den Mannheimer Hauptbahnhof fahren“, erzählt die zweifache Mutter aus Hofheim. Während die Angestellte eines Pharma-Unternehmens normalerweise eine Stunde für den Weg zur Arbeit benötigt, dürften es in den kommenden Wochen anderthalb bis zwei Stunden werden, sagt sie.
Sperrung der Riedbahn: Derzeit nur ein Vorgeplänkel
Bis 22. Januar fällt die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim erst einmal aus. Auf der Strecke sind vorbereitende Arbeiten für eine großangelegte Sanierung in der zweiten Jahreshälfte vorgesehen. Daher ist die aktuelle Sperrung nur das Vorgeplänkel. Die Kosten für das Mammutprojekt liegen nach Schätzung der Deutschen Bahn (DB) bei etwa 1,3 Milliarden Euro. Fern-, Regional- und Güterverkehr in drei Bundesländern sind betroffen. Tausende Reisende müssen umplanen. So auch die Frau aus Hofheim. „Wenn man kein Auto hat, kann der Weg zur Arbeit beschwerlich werden“, sagt Romstein und seufzt, als der Bus einfährt.

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Erste Einschätzungen an diesem Tag geben die zuständigen Fachleute der DB am Bahnhof in Groß-Rohrheim. „Wir sind erfreut, dass bisher alles reibungslos funktioniert“, sagt etwa Berry Hempel, der Projektleiter für den Ersatzverkehr. Er weist darauf hin, dass die größte Anstrengung erst im zweiten Halbjahr bevorsteht, dann nämlich, wenn monatelang Ersatzbusse Pendler und Schüler möglichst pünktlich zu ihren Zielen chauffieren sollen. Geplant sind 1000 Fahrten am Tag, betont Hempel. 150 Ersatzbusse aus verschiedenen Regionen der Republik sowie etwa 400 Fahrer seien eingeplant.
Sicher, die ersten Fahrten am Dienstag hätten gut geklappt, die Nachfrage sei aber wegen der Ferien - sie dauern bis 13. Januar - noch überschaubar. Schon kommende Woche, wenn zahlreiche Menschen nach dem Weihnachtsurlaub wieder ins Berufsleben strömen, werde die Aufgabe schwieriger. „Die momentane Urlaubs- und Ferienzeit macht es uns einfacher“, räumt Hempel ein.
Mehr Reporter als Fahrgäste am Bahnhof Groß-Rohrheim
Tatsächlich sind am Dienstagmorgen mehr Reporter am Groß-Rohrheimer Bahnhof unterwegs als Fahrgäste. Die DB hat 60 Hilfskräfte im Einsatz, die an zehn Stationen Auskunft zur Sanierung, aber auch zu den Busverbindungen geben. Die Studenten Ayman Akhouaji und Huroun Cahessini sind Teil des Teams, sie tragen weiße Westen und Mützen. Beide haben ihren Dienst um 5 Uhr in der Früh begonnen. Der Ansturm Reisender habe sich bisher in Grenzen gehalten, sagen sie.
Wolfgang Weinhold leitet die neu gegründete Infrastrukturgesellschaft der Bahn, DB InfraGo. Die ist aus der für Bahnhöfe zuständigen Bahn-Tochter DB Station&Service und der DB Netz hervorgegangen. „Der Ersatzverkehr ist rechtzeitig da und funktioniert. Wir haben heute Nacht pünktlich mit den Arbeiten begonnen“, betont er an diesem Dienstagmorgen. Es mangle weder an Material noch an Arbeitern.
Die eigentliche Nagelprobe bei der Riedbahnsperrung kommt erst noch
Tatsächlich lässt sich etwa zeitgleich am Bahnhof von Biblis beobachten, wie Dutzende Männer - gekleidet in der typischen orangefarbenen Sicherheitskleidung - Material transportieren. Riesige Baumaschinen stehen auf dem zeitweilig stillgelegten Bahnhof. Immerhin, weder Frost noch Schneefall behindern die Arbeiten. Für einen solchen Fall habe man indes ein Konzept in der Tasche und würde die Arbeit dann anders organisieren, versichert Weinhold. Nun müsse man die kommenden Tage abwarten. Traditionell gebe es Anfang des Jahres wenig Güterverkehr. Bald werde sich das ändern. Mit anderen Worten: Die eigentliche Nagelprobe kommt erst noch.
„Wenn wir nicht funktionieren, machen wir sehr viel Ärger im Leben der Menschen“, sagt Weinhold. Daher wolle man mit Kritik positiv umgehen und sei bereit dazuzulernen.
Darüber dürfte sich Dogan Kol freuen. Der Lampertheimer arbeitet bei der Diakonie in Bensheim. An diesem Morgen ist er an den Bürstädter Bahnhof gefahren, wo der Kreuzungspunkt von Riedbahn und Nibelungenbahn liegt. Da die Riedbahn nicht fährt, musste er den Bus nach Bürstadt nehmen. „Dumm nur, dass der Bus in der gleichen Minute in Bürstadt ankommt, in der auch die Nibelungenbahn nach Bensheim fährt“, sagt er.
Den Zug erreiche er daher nicht rechtzeitig und müsse eine Stunde auf die nächste Bahn warten. „Wie soll das nur werden?“, sagt Kol und blickt fragend in den wolkenverhangenen Himmel von Bürstadt.
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