Ladenburg. „Der Biber ist da, und wir müssen mit ihm leben.“ Das steht für Julian Huben von der gleichnamigen Baumschule felsenfest. Doch ebenso findet er nach der massiven Überschwemmung auf den Feldern am Ladenburger Neuweg (diese Redaktion berichtete am Freitag), dass dennoch gehandelt werden müsse. Huben will bei der Stadt dafür eintreten, „handfeste Regelungen“ zu bekommen, um Biberdämme künftig rechtzeitiger öffnen zu können, als es am Freitag der Fall war. Er habe beobachtet, dass das ansonsten seiner Ansicht nach einwandfreie Abflusstempo des Wassers im Losgraben vor allen am Biberdamm „drastisch abgesunken“ sei und es deshalb zur jüngsten Überflutung gekommen sei.
Dagegen hält es der örtliche Biberberater Dieter Nährig für „falsch, nach einem derartigen Starkregen in Altenbach primär Biberbauten als Ursache anzuführen, auch wenn diese sicherlich Abflusshemmnisse seien“. Davon gebe es auch noch andere. So sei das Abflussprofil des Bachs nicht frei, führe Treibgut zu Stauungen und ragten Gehölze in den Lauf. „Wenn in Altenbach im Odenwald so gewaltige Regenmassen innerhalb kurzer Zeit herunterkommen, kann man gar nicht so schnell reagieren und gezielte Maßnahmen ergreifen“, meint Nährig. Er fügt hinzu: „Selbst wenn wir einen Damm früher offen gehabt hätten, wäre es zu der Überschwemmung gekommen.“ Es handle sich um ausgewiesene Hochwasserflächen, die vor mehr als zehn Jahren schon einmal komplett überflutet gewesen seien, als es dort noch keine Biber gegeben habe.
Letzteres räumt Huben ein, sagt aber auch: „Damals war der Bach nicht richtig gepflegt und seitdem das ordentlich gemacht und die Brücke erneuert ist, hatten wir bei normalem Neckarpegel, also ohne Rückstau von dort, keine Probleme mehr, bis der Biber kam.“ Obwohl ihm die geschützten Nager seit zwei Jahren Tannen und Kiefern auffräsen, fordere er lediglich eine Gesprächsrunde im Rathaus mit allen Beteiligten, um Regeln für den nächsten Starkregen zu finden. Die Tiere bauten die geräumten Dämme ja immer wieder auf.
Betroffener Landwirt: "Überschwemmungen erst, seit der Biber hier Dämme hat"
Auch der ebenfalls betroffene Landwirt Steffen Linnenbach findet: „Solche Überschwemmungen gibt es erst, seit der Biber hier Dämme hat.“ Das Wasser wäre ansonsten problemlos in den Neckar abgeflossen. Seine Forderung lautet: „Dass man sich gemeinsam etwas überlegt, damit so etwas in Zukunft nicht mehr passiert“.
Dass das Wasser laut Feuerwehrkommandant Pascal Löffelhardt am Freitagmorgen teilweise 70 Zentimeter hoch gestanden hatte, ist zu Wochenbeginn kaum zu glauben. Doch auch wenn es zu zwei Dritteln zurückgegangen ist, gibt es Folgen: „Die Böden, die vorher schon gesättigt waren, sind klatschnass, auch weil es am Wochenende noch einmal 13 Liter draufgeregnet hat“, sagt Huben. Die Lage sei „immer noch ernst“ für 500 bis 1000 Jungbäume, weil Wurzeln zu faulen und abzusterben drohten. Den Schaden zu beziffern, falle schwer.
Die Bäume sollten im Herbst 2025 in den Verkauf gehen. Was dann noch dazu tauge, sei kaum voraussehbar, weil vieles von der kommenden Witterung abhänge. Eine sechsstellige Schadenssumme sei „nicht unrealistisch“. Wie hoch seine Einbußen ausfallen, vermag auch Landwirt Linnenbach nach der Überflutung von zwei bis drei Hektar Maisland noch nicht zu sagen: „Es kommt darauf an, wie der Sommer wird, aber der Schaden ist groß, zumal ich eines der Felder gerade wieder in die Reihe gebracht hatte, nachdem es vor anderthalb Jahren schon einmal überschwemmt war.“ Bei einem Totalausfall könne man von rund 1800 Euro pro Hektar ausgehen.
Betroffene Flächen liegen im Hochwasserrückzugsraum
Freilich weiß auch Linnenbach, dass sich die Flächen im Hochwasserrückzugsraum befinden, wie Ulrich Weinhold betont, der Biberbeauftragte des Regierungspräsidiums. „Doch die Überschwemmungen gibt es hier trotzdem erst, seit der Biber Dämme hat“, so Linnenbach. Laut Weinhold bremsten Biberdämme eigentlich Hochwasserspitzen. Dies könne aber bei derartigem Starkregen ein Problem sein. „Dieses Ereignis konnte keiner managen, doch den ganzen Winter über, als es viele Regentage gab, hat das Bibermanagement hervorragend funktioniert.“ Für den ehrenamtlichen Biberberater und Grünen-Stadtrat Alexander Spangenberg ist die Sache „in Ordnung gebracht“, da man den Damm geöffnet habe.
Ähnlich äußert sich Stadtbaumeister André Rehmsmeier, der am Freitag vor Ort war: Ja, der Biberdamm habe zu Rückstau geführt, doch sei die überschwemmte Fläche bei Hochwasser stets betroffen gewesen, auch ohne Biber. „Wir haben den Damm relativ schnell in Absprache mit dem Regierungspräsidium geöffnet“, sagt Rehmsmeier und betont: „Die Feuerwehr hat ganze Arbeit geleistet.“
Die Freiwilligen waren einschließlich Freitagnacht schichtweise mehr als 24 Stunden lang im Einsatz. Pumpen von Landwirt Karl Meng und benachbarten Wehren wurden benötigt, um mehrere Millionen Liter Wasser von der Ackerfläche wieder in den Bach zu bekommen. „Im Schnitt 11 000 Liter pro Minute“, so Kommandant Löffelhardt.
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