Natur

Ladenburger Stadtjäger rücken Nilgänsen, Waschbären und Co. auf den Leib

Ralph Böhm und Benjamin Linke sollen den Bestand an invasiven Arten reduzieren. Vor allem ein eingewandertes Nagetier macht Probleme

Von 
Peter Jaschke
Lesedauer: 
Vorerst bis Dezember sind die Mannheimer Stadtjäger Benjamin Linke (l.) und Ralph Böhm auch mit Dackel Anton und Wüstenbussard Frida in Ladenburg tätig. Das Freibad ist bereits frei von Wildgänsen. © Peter Jaschke

Ladenburg. Was schon seit mehr als zehn Jahren wünschenswert erscheint, wird jetzt angepackt. So ist rechtzeitig zur diesjährigen Eröffnung des Ladenburger Freibads voraussichtlich am 11. Mai die Liegewiese dort schon frei von Wildgänsen und deren Hinterlassenschaften. Diese erste Erfolgsmeldung haben Ralph Böhm (62) und sein Sohn Benjamin Linke (35) zu bieten. „Die Neckarwiesen werden wir auch frei oder wesentlich freier von Gänsen bekommen“, sagt Böhm. Dabei helfen zunächst keine Gewehre, sondern Rauhaardackel Anton und Wüstenbussard Frieda. Wir sind auf Pirsch mit den beiden Stadtjägern aus Mannheim in Ladenburg.

„Wir zeigen den Gänsen, die sehr gut sehen, den gezähmten Greifvogel und fast jeden Tag macht ihnen der Hund das Leben unangenehm“, erklärt Böhm das Vorgehen. Vergrämen heißt es in der Fachsprache. Momentan sind vor allem Kanada- und Graugänse zu sehen. „Die Nilgänse sitzen noch auf ihren Nestern, brüten aber bis zu dreimal im Jahr“, so Böhm. Es wird also Zeit zu handeln. „Geh’ voran“, ruft Böhms Sohn Benjamin dem Dackelrüden zu. Der folgsame Vierbeiner läuft los und scheucht die ersten Gänse mitsamt Jungen ins Wasser. Das genügt den Stadtjägern schon. Zupacken würde Anton nicht. Als noch dazu der nur knapp einen Kilogramm schwere, habichtartige Raubvogel an der langen Leine aufflattert, fliegt die ganze Herde auf und davon. Sie landet auf Feldern außerhalb, was das Hauptziel der Aktion ist, oder am Neckarhäuser Ufer.

Vertreiben, Fallen aufstellen und in Ausnahmefällen auch Schießen

„Dort müsste man am besten auch Stadtjäger beauftragen, um effektiver zu sein“, sagt Böhm. Er weiß aber: „Wir werden sie nie ganz wegbekommen, selbst wenn ein Abschuss die Abschreckungsdauer auf Wochen zu erhöhen vermag.“ Vertreiben, Fallen aufstellen und in Ausnahmefällen auch Schießen: Dazu sind die beiden Stadtjäger befugt. Vater und Sohn sind Jäger seit 2010 und außerdem Falkner. Vor gut einem Jahr hatten sie sich als zwei der ersten zu nebenberuflichen Stadtjägern fortgebildet. „Diesen knapp einjährigen Lehrgang gibt es noch nicht lange“, erklärt Böhm. Im Gegensatz zu herkömmlichen Jägern, die nur außerhalb des sogenannten befriedeten Bezirks jagen dürfen, ist es anerkannten Stadtjägern seit kurzem erlaubt, innerhalb des engeren Siedlungsraums bestimmten Tierarten nachzustellen. In Ladenburg zunächst bis Ende Dezember. Böhm glaubt jedoch, „dass die Aufgabe hier länger dauert“.

Bestand von Wildgänsen, Nutrias, Waschbären und Madern soll verringert werden

Den Bestand an Wildgänsen, Nutrias (Bibern ähnlich sehenden Nager mit Rattenschwanz statt Kelle hinten), Waschbären und Mardern spürbar zu verringern, dazu sind die Stadtjäger seit April beauftragt. Der Grund sind die gesundheitlichen Gefahren, die von diesen eingewanderten Arten ausgehen, sowie die ökologischen und materiellen Schäden, die sie anrichten können. Eine Wildgans setzt täglich zwei Kilogramm Kot ab. „Da kommt bei der Menge Gänse auf den Neckarwiesen ordentlich was zusammen, wobei auch gesundheitsschädliche Salmonellen und Würmer ausgeschieden werden“, führt Böhme aus.

Er berichtet von einem Fall, in dem Waschbären, die häufig Spul- und Bandwürmer sowie Räude haben, ein Haus unbewohnbar gemacht hatten. „Wir konnten helfen, indem wir in der Nachbarschaft 13 Tiere gefangen haben“, sagt Linke.

Mehr zum Thema

Beteiligung

Von Party bis Sport - Was sich Jugendliche in Ladenburg wünschen

Veröffentlicht
Von
Peter Jaschke
Mehr erfahren
Gärtnergepflegte Grabfelder

Schöne Parkgefühle auf Friedhöfen zwischen Neckar und Bergstraße

Veröffentlicht
Von
Peter Jaschke
Mehr erfahren
Tourismus

Von Andreaskreuz bis Zapfenschloss: Ladenburg liegt jetzt an der Deutschen Fachwerkstraße

Veröffentlicht
Von
Peter Jaschke
Mehr erfahren

Im Ladenburger Freibad haben die Stadtjäger kürzlich mit einer Kastenfalle und Schokolebkuchen als Köder je einen Marder und einen Waschbären gefangen. Diese Tiere dürfen nach einer EU-Richtlinie nicht freigelassen, sondern müssen getötet und entsorgt werden, weil sie eine invasive Art sind. Linke zeigt an einem Baum im Bad auf die Reste von gerissenen Graureiher-Küken aus der Lido-Kolonie. „Das waren Waschbären, auf die unsere heimische Vogelwelt nicht eingestellt ist“, sagt der Stadtjäger. Auch der etwas größere Marderhund soll schon gesichtet worden sein. Sein Vorkommen könne man für Ladenburg zwar noch nicht bestätigen. Würde es ihn geben, dann würde man ihn mitbejagen.

Stadtjäger: „Wir sind gut ausgebildet und keine Rambos oder Tierhasser“

Als weitere Problemtierart gelten sich stark vermehrende Nutrias, die laut Böhm im seichten Bachwasser eine unangenehme Art von Blutegeln verbreiten können. Die Biberratten fällen keine Bäume, unterhöhlen aber Uferböschungen und Dämme. Aktuell droht im Gewann Am Wasserbett eine Wiese zu versumpfen. Dort stellen die Stadtjäger deshalb dieser Tage eine Kastenfalle auf. Diese müsse aus Blech sein, weil Nutrias Holz innerhalb von 20 Minuten zernagen würden. So lange brauchen die Männer nach Ladenburg, nachdem die Lebendfalle bei den Stadtjägern in Mannheim einen Handyalarm ausgelöst hat.

„Wenn einmal geschossen werden muss, informieren wir vorher die Polizei, sperren das Gebiet ab und suchen es mit Wärmebildkameras ab“, führt Böhm aus. Bislang ist es ihrerseits in Ladenburg zu keinem Schuss gekommen. „Und natürlich laufen wir nicht in der Altstadt herum und schießen Marder“, betont Böhm. Er weiß: „Das ist ein heikles Thema, aber wir sind gut ausgebildet und keine Rambos oder Tierhasser.“ Die Hauptaufgabe bestehe im Fangen und Vergrämen. Dass sich Passanten interessiert zeigen und oft den bildschönen Wüstenbussard bewundern, bestätigt sich an diesem Nachmittag mehrfach. Die Stadtjäger sagen: „Die Mehrheit akzeptiert unsere Maßnahmen.“

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke