Ladenburg. Herr Schmutz, Ladenburg ist immer noch eine wachsende Stadt. Wie bewerten Sie die Entwicklung?
Stefan Schmutz: Aktuell stehen wir bei 12 900 Einwohnerinnen und Einwohnern - ein Wachstum von knapp zehn Prozent in den vergangenen fünf Jahren. In den kommenden Jahren wird sich diese Entwicklung fortsetzen. Das zeigt: Ladenburg ist eine der attraktivsten Städte im Rhein-Neckar-Kreis. Diese positive Entwicklung ist ein Beleg dafür, dass wir es ganz gut gemacht haben.
Sie meinen damit die Steuerung des Wachstums?
Schmutz: Durch die Neubaugebiete holen wir eine Entwicklung nach, die andere Kommunen schon vor uns gemacht haben, nämlich, dass wir Wohnraum für junge Familien schaffen. Außerdem haben wir die Kinderbetreuung massiv ausgebaut, denn es reicht nicht, den jungen Familien nur Wohnraum zu bieten. Wir konnten in den vergangenen Jahren 200 zusätzliche Kita- und Krippenplätze schaffen und sind jetzt in der angenehmen Situation, jeder Familie ein Betreuungsangebot machen zu können.
Zur Person - Stefan Schmutz
- Geboren: 13. Januar 1978 in Mannheim.
- Studium der Politik- und Erziehungswissenschaften,Universität Mannheim.
- Berufliche Laufbahn: 2010 Leiter Abteilung Bildungsplanung und Schulentwicklung, Mannheim. 2013 parlamentari-scher Berater der SPD-Fraktion im Landtag. 2016 Abteilungslei-ter Qualitätsentwicklung Tageseinrichtungen für Kinder Mannheim. Seit 2017 Bürger-meister von Ladenburg.
Welche Auswirkungen hat die aktuelle Konjunktur?
Schmutz: Durch die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung im Land bemerken wir auch eine gewisse Zurückhaltung bei der Bautätigkeit. Das kommt uns aber sogar etwas entgegen, da wir somit beim Ausbau der nötigen Infrastruktur, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung, mehr Zeit bekommen haben.
Ein wichtiges Neubaugebiet befindet sich in der Nordstadt, wo der Grüne Boulevard ein wichtiger Bestandteil ist. Wie ist da der Stand?
Schmutz: Hier ist in den vergangenen Wochen viel geleistet worden. Den Bolzplatz haben wir im November eröffnet. Der Eidechsenspielplatz ist fertig modelliert, die Pflanzen müssen nur noch anwachsen und Teile des Boulevard sind auch schon angelegt. Im kommenden Jahr wird der Boulevard fertig und in seinen wesentlichen Zügen nutzbar.
Wie ist der Stand beim Mehrgenerationen-Wohnprojekt in der Nordstadt? Wann kommt es zum Grundstückserwerb?
Schmutz: Ich gehe fest davon aus, dass der Kaufvertrag 2025 abgeschlossen wird. Es gibt einen großen politischen Willen, dass das Projekt umgesetzt wird. Auch die Stadt hat bereits viel Arbeit hineingesteckt.
Wir haben viel über Neubaugebiete gesprochen. Was ist aber mit den Bestehenden, zum Beispiel mit der Altstadt?
Schmutz: Die Altstadt ist das Identifikationsmerkmal schlechthin. Durch das integrierte Stadtentwicklungskonzept Ladenburg.2035 haben wir die Möglichkeit, die Altstadt als Sanierungsgebiet auszuweisen und so Fördermittel zu bekommen.
Könnte von diesen der Brunnen auf dem Marktplatz profitieren?
Schmutz: Der Brunnen ist 50 Jahre alt und undicht. Er braucht eine Zukunft, über die wir mit dem Heimatbund in engem Austausch stehen. Wir müssen uns nur im Klaren darüber sein: Das wird Geld kosten, deshalb brauchen wir Fördermittel und eine Gesamtkonzeption für den Marktplatz.
Sie haben federführend den offenen Brief an die MVV verfasst, in dem Sie den Gasausstieg 2035 kritisieren. Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern ist doch eigentlich etwas Gutes, oder?
Schmutz: Es ist absolut klar, dass es einen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen geben wird und geben muss - und er soll so schnell wie möglich passieren. Das Problem ist, dass die MVV, ohne sich mit uns in irgendeiner Weise vorher abzustimmen, den Ausstieg nach außen kommuniziert hat, ohne zu sagen, wo die Wärme stattdessen herkommen soll.
Die Kommunale Wärmeplanung kann hier aber Wege aufzeigen.
Schmutz: Das ist richtig, aber sie steht noch lange nicht, was vor allem daran liegt, dass das Land sehr lange gebraucht hat, um uns die Fördermittel zu bewilligen. Zweitens ist die Kommunale Wärmeplanung nur ein Plan, der zeigt, wie es gehen kann. Was man umsetzt und wie viel das kostet, darüber sagt sie nichts.
Was könnte eine Flusswärmepumpe für Ladenburg bringen?
Schmutz: Wir beschäftigen uns intensiv mit alternativen Energieformen. Die Flusswärmepumpe könnte ein Baustein sein. Es gibt aber mehrere Fragezeichen. Eine Wärmepumpe senkt die Wassertemperatur im Fluss: Was macht das mit dem Ökosystem, wenn alle das machen? Ein weiterer Punkt: Was bringt eine Energiequelle, wenn man kein Netz hat, in das man die Wärme einspeisen kann? Ladenburg verfügt aktuell nicht über ein solches Netz. Wo erhalte ich ersatzweise Energie her, wenn die Flusswärme nicht ausreicht? Das muss alles beachtet werden.
Stichwort Klimaneutralität: Das Freibad wird in den kommenden Jahren saniert. Sie bekommen dafür mehr als 2,7 Millionen Euro Fördermittel. Steht das Projekt weiterhin - trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage?
Schmutz: Ja, wir halten an der energetischen Sanierung des Freibads fest. Es ist die beliebteste Freizeiteinrichtung und hat auch eine soziale Funktion. Wir bieten dem Bad eine Perspektive, weil wir das Energiekonzept umkrempeln. Es wird in Zukunft weniger Energie verbrauchen. Und die Energie, die es braucht, die erzeugen wir selbst. Wir reduzieren so die Betriebskosten. Die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der neuen Dreifeldsporthalle produziert den Strom für die Pumpen im Bad.
Wann ist die neue Halle fertig?
Schmutz: Ich gehe davon aus, dass die Vereine die neue Halle ab erstem Quartal 2026 nutzen können. Sie ist Grundvoraussetzung, dass die Lobdengauhalle saniert werden kann.
Wie geht es mit der Lobdengauhalle genau weiter?
Schmutz: Wir werden alles versuchen, diese vorhandene Halle in eine neue Zukunft zu führen. Die Sanierung können wir aber nicht komplett aus dem Haushalt bezahlen, wir brauchen dafür Fördermittel. Der Fokus liegt aber erst einmal auf dem Neubau der Dreifeldsporthalle am Römerstadion. Dann wenden wir uns der Sanierung der Lobdengauhalle zu. So lange bleibt diese auch in Betrieb. Wir werden daher 2026 voraussichtlich das erste Mal über zwei Dreifeldsporthallen verfügen.
Aktuell läuft die Sanierung der Werkrealschule Unterer Neckar. Wann wird sie fertig?
Schmutz: Das ist ein anspruchsvolles Projekt. Ich habe großen Respekt vor der Schulgemeinschaft, die zu vielen Kompromissen bereit war. Wir wollen ihr das Gebäude zum Schuljahr 2025/2026 wieder übergeben.
Die Kommunen müssen ab 2026 den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule umsetzen. Kann Ladenburg das?
Schmutz: Bereits heute nehmen mehr als 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler ein Betreuungsangebot wahr. Wir haben also schon eine Infrastruktur. Doch der Rechtsanspruch wirft natürlich Fragen auf, zum Beispiel, wie viel zusätzliche Personalkapazitäten und Geld es braucht. Hier ist es ernüchternd, dass das Land uns hängen lässt.
Ein Muster, das sich durch mehrere Bereiche zieht?
Schmutz: Ja, es ist wichtig, Kommunen richtig auszustatten. Wir reden viel über Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Städte und Gemeinden sind dafür die Basis. Hier befinden sich die Grundfeste der Gesellschaft. Es darf nicht sein, dass Bund und Land immer mehr Aufgaben durchreichen, ohne die Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Das überfordert uns und gefährdet auf lange Sicht die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz unserer Demokratie.
Wie bewerten Sie denn die Ladenburger Finanzsituation?
Schmutz: Wir haben in den vergangenen acht Jahren zwei Dinge geschafft, die in Zukunft nicht mehr möglich sind. Wir haben die Verschuldung reduziert und gleichzeitig Rekordinvestitionen getätigt. Wir werden weiter investieren, aber langsamer und wir werden deutlich stärker von Fördermitteln abhängig sein. Auch über Schulden wird zu reden sein, unter der Voraussetzung, dass es sich um Investitionen handelt, die in die Zukunft weisen.
Vor einem Jahr sagten Sie, bei der Flüchtlingssituation sei der Druck „enorm hoch“. Wie ist es aktuell?
Schmutz: Der Druck ist weiter hoch, aber wir bekommen es gerade so hin. Die Frage ist: Können wir den Menschen Wohnraum zur Verfügung stellen? Die Chancen für gute Integration verschlechtern sich, wenn sie auf immer engerem Raum zusammenwohnen müssen.
Kommen wir kurz noch zum Thema Schulmensa. Wie geht es hier weiter?
Schmutz: Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie liegen der Verwaltung seit Kurzem vor. Wir haben gemeinsam mit der Elterninitiative entschieden, dass wir uns im Januar treffen und darüber sprechen.
Thema Glasfaser: Wann geht es mit dem Verlegen der Kabel los?
Schmutz: Ich rechne mit einem Beginn der Arbeiten Ende Februar oder Anfang März. Im Januar wird der Anbieter die Ausbaupläne im Technischen Ausschuss vorstellen. Wichtig ist: Wir haben in Ladenburg Verantwortung im archäologischen Bereich, die Baufirma steht dazu im Austausch mit der Denkmalschutzbehörde. Die Bauzeit kann am Ende zwischen eineinhalb und drei Jahren liegen.
Wie geht es mit dem ABB-Gelände weiter, das ab 2030 frei wird?
Schmutz: Es ist eine riesige Chance für Ladenburg, eine so große Fläche in zentraler Lage zu entwickeln. Die Bürgerbeteiligung beginnt 2025, bisher konnten wir in verschiedenen Formaten testen, in welche Richtung der Weg gehen könnte. Das Gute ist: Wir als Stadt haben es zu 100 Prozent in der eigenen Hand, was daraus wird.
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