Ladenburg/Ilvesheim. Ziemlich genau ein Jahr nach seiner offiziellen Inbetriebnahme war das neue Hochwassersperrtor zwischen Ladenburg und Ilvesheim erstmals unter realen Bedingungen gefordert. Ab einem Hochwasser, das statistisch gesehen alle zwei Jahre vorkommt, soll die Barriere vor dem Neckarkanal zwischen Industriegebiet Altwasser und Kläranlage heruntergelassen werden. Bei seiner „Feuertaufe“ hatte es nun gleich mit einer zehnjährlichen Flut zu tun. Am Samstag sei es soweit gewesen, berichtet Bernd Walter, Projektkoordinator Wasserstraßen beim Wasserstraßen-Neubauamt Heidelberg, im Gespräch mit dieser Redaktion: Der massive Torverschluss sei zum Schutz vor der heranrollenden Flutwelle verschlossen worden.
Das Sperrtor bildet eine acht Meter hohe, 230 Tonnen schwere Barriere gegen die Fluten
Das Spektakel hat sich Walter persönlich vor Ort angeschaut, denn das Sperrtor an der L 542-Brücke ist gewissermaßen sein Baby. Er leitete das Bauprojekt und begleitete es bis zu dessen Abschluss über viele Jahre. „Da ist es selbstverständlich, dass ich mir den ersten Einsatz unter realen Bedingungen ansehe“, sagt er. Gefahren worden sei die Anlage am Samstag vom Leiter der Außenstelle Heidelberg des Wasserstraßen und Schifffahrtsamtes Neckar, Horst Hupe. „Er hat die Steuerung vor Ort übernommen“, so Walter. 45 Minuten habe es gedauert, bis das Tor verschlossen gewesen sei - kein Wunder, handelt es sich mit acht Metern Höhe, 48 Metern Breite und einem Gewicht von 230 Tonnen doch um einen wahren Koloss, der den Wassermassen des Neckars entgegengestemmt wird.
Von der Anlage profitieren in erster Linie die Stadt Ladenburg und die Gemeinde Ilvesheim. Das Sperrtor verhindert eine Überflutung im Industriegebiet Altwasser, wo Firmen wie Giulini, Saint-Gobain Isover oder CBL angesiedelt sind. Auf Ilvesheimer Seite bietet es insbesondere Schutz für die Wohnsiedlung entlang des Kanals. Doch auch der Mannheimer Stadtteil Feudenheim profitiert von der Barriere, wie Ladenburgs Bürgermeister Stefan Schmutz schon bei der Einweihung des Hochwassersperrtors im Juni 2023 sagte.
Hochwassersperrtor bei Ladenburg: Es hätte noch deutlich mehr Wasser kommen können
Bis relativ nah an die Oberkante des Sperrtors staute sich in den vergangenen Tagen das Wasser. Für Außenstehende und Kommentatoren in den sozialen Netzwerken machte es durchaus den Eindruck, als hätte nicht mehr viel gefehlt, und das Sperrtor wäre überflutet worden. Da kann Bernd Walter allerdings beruhigen: „Wir hatten nach oben hin etwa noch zwei Meter Luft“, erklärt er.
Bemessen sei die Anlage auf ein 200-jährliches Hochwasser, also eine Flutwelle, die statistisch nur alle 200 Jahre mal vorkommt. „Da hätte also noch einiges passieren können“, versichert Walter. Er verdeutlicht das auch an einem Zahlenbeispiel: Bei dem jüngsten Hochwasser seien 2000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde den Neckar heruntergerauscht, bei einem 100-jährlichen sind es in etwa 3000 Kubikmeter pro Sekunde - und selbst bei diesen Massen böte das Tor noch Schutz.
Massiver Verschluss bereits am Mittwochmorgen wieder geöffnet
Insgesamt bewertet Walter den ersten Einsatz als vollen Erfolg. „Sämtliche Dichtungen waren dicht, es ist kein Wasser in den Kanal gedrungen“, berichtet er. Auch technisch habe alles reibungslos funktioniert. „Wir sehen aktuell nichts, wo nachgesteuert werden müsste.“
Bereits am Mittwochmorgen konnte das Sperrtor nach Angaben des Projektkoordinators wieder hochgefahren werden. „Das geht etwas schneller als das Runterfahren“, sagt er. Auswirkungen auf den dahinterliegenden Kanal in Form einer kleinen Flutwelle hat das Hochfahren der Anlage indes laut Walter nicht. Mit Schiebern werde dafür gesorgt, dass der Wasserstand vor und hinter dem Tor in etwa gleich sei, so dass sich kein angestautes Wasser in den Kanal ergießen kann.
Das Bauwerk zwischen Ladenburg und Ilvesheim soll Blaupause für weitere Projekte am Neckar sein
Seinen Härtetest hat die moderne Anlage zwischen Ladenburg und Ilvesheim somit bestanden. Für die Fachleute dürften das weitere Argumente für dessen Modellcharakter sein. Bereits bei der offiziellen Inbetriebnahme hatte Thomas Rosenstein, Unterabteilungsleiter Management der Wasserstraßen in der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) gesagt, dass das Bauwerk kein Unikat bleiben soll. Denn entlang des Neckars gebe es - oberhalb von Heilbronn - zwei weitere Sperrtore aus den 1950er Jahren, die perspektivisch ersetzt werden sollen. Dabei soll die gleiche Konstruktion zum Einsatz kommen wie in Ladenburg. Günstig wird das nicht, denn die Anlage kostete insgesamt 31,6 Millionen Euro.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ladenburg_artikel,-ladenburg-hochwasser-am-neckar-wie-der-erste-einsatz-des-ladenburger-sperrtors-lief-_arid,2213311.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ladenburg.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ilvesheim.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg.html