Ilvesheim. Heute, wo wieder „Widerständler und jegliche Opposition in Russland eliminiert werden“, werde es „sehr deutlich spürbar und grausam erlebbar, wie wichtig es ist, gegen Unrecht und Verbrechen die Stimme zu erheben.“ Regina Hertlein, Vorstandsvorsitzende des Caritasverbands Mannheim, zog bei der feierlichen Namensgebung für das Haus Theodolinde in Ilvesheim einen ganz aktuellen Vergleich. Ähnlich wie beim Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geschahen auch zur Nazizeit viele Grausamkeiten gegen Menschen. Ganz besonders waren Kritiker gefährdet. So wie Schwester Theodolinde (1918-2000), die mit bürgerlichem Namen Katharina Katzenmaier hieß.
Sie arbeitete während der Nazizeit als Seelsorgehelferin und Religionslehrerin. Wegen ihrer Ablehnung der Euthanasie und ihrer Kritik am Nazi-Regime wurde sie 1943 von der Gestapo verhaftet und ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück gebracht. Sie überlebte das Lager und den Todesmarsch nach dessen Auflösung im Frühjahr 1945. 1949 trat sie dem Orden der Benediktinerinnen der Heiligen Lioba (Freiburg) bei. 1973 kam sie nach Mannheim und unterrichtete an verschiedenen Schulen Religion, auch in Ilvesheims Schloss-Schule.
Caritas-Chefin Regina Hertlein zeigte sich dankbar, dass mit der Namensgebung „eine mutige, manchmal auch einsame und zugleich tief religiöse Frau und Ordensschwester geehrt“ werde. Schwester Theodolinde habe dem grausamen Tod tagtäglich ins Auge geschaut, so Hertlein weiter. Als Arzthelferin habe sie verwundete, hasserfüllte Soldaten gepflegt. Sie sei nicht an der Frage zerbrochen, warum Gott dieses Leid zugelassen habe. Der Orden, so Hertlein, gab ihr Stärke und Zuversicht. Auch im Tageshospiz sollen die Besucher, deren Lebenstage gezählt seien, Kraft schöpfen und an dem Leid der Endlichkeit nicht verzweifeln, sondern hoffnungsvoll gehen, führte die Vorstandsvorsitzende aus.
Die Feier in der Vetter-Villa wurde musikalisch von Marlene Edler und Christian Krämer mit Querflötenbeiträgen umrahmt. Antje Geiter hatte die Gäste begrüßt. Unter diesen weilte auch die Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer (Grüne). Geiter erwähnte, dass die Vetter-Stiftung das barrierefreie Gebäude baue, das im Erdgeschoss ein Tageshospiz mit acht Plätzen beherbergen werde. Im Obergeschoss gebe es seniorengerechte Wohnungen. Die Einrichtung sei die erste ihrer Art in Baden-Württemberg, so die Sprecherin. Im letzten Drittel des Septembers sei sie fertig, versicherte sie. Pächter und Betreiber ist der Caritasverband Mannheim. Der Neubau steht in direkter Nachbarschaft zum Regine-Kaufmann-Haus, in dem sich das Hospiz St. Vincent Süd befindet. Die gesonderte Veranstaltung werde der Bedeutung und der Wirkung der Ordensschwester gerecht, führte Geiter aus.
Künstlerischer Nachlass
Projektleiter Hartwig Trinkaus, der sich im „Unruhestand“ um den Bau des Gebäudes kümmert, stellte die künstlerische Ader von Schwester Theodolinde vor. In ihrem 80. Lebensjahr malte sie eine 18-teilige Bilderserie zum Thema Kreuzweg. Vor allem vor dem Hintergrund der Lebensgeschichte der mutigen Frau gewinne das meditative Nachvollziehen des Kreuzwegs Jesu eine besondere Bedeutung, war den Worten von Trinkaus zu entnehmen. Die Vetter-Stiftung, so der Sprecher weiter, habe zwölf Stationen ausgewählt, die in einer großen Reproduktion genutzt werden, um mit Bewohnern des Regine-Kaufmann-Hauses in der Karwoche eine Kreuzwegandacht zu halten. Bei der Enthüllung des Namensschildes zu Ehren von Schwester Theodolinde war auch Priorin Schwester Magdalena (Kloster St. Lioba) präsent. Im Anschluss an die Feier rezitierte Helen Heberer aus Theodolindes Buch „Vom KZ ins Kloster“.
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