Ilvesheim. Wer in Ilvesheim von der Schlossstraße auf das ehemalige Lokal „Zur Rose“ blickt, sieht vor allem Bauzäune und Schilder. Sie sind für Außenstehende der einzige Hinweis darauf, dass in der früheren Gaststätte im Moment gebaut wird. Die Arbeiten spielen sich vor allem hinter den Mauern des alt-ehrwürdigen Gebäudes ab.
Dort errichtet das Deutsche Rote Kreuz (DRK - Kreisverband Mannheim) aktuell ein neues Familienzentrum mit angeschlossenen Schutzräumen für Frauen. „Seit April ist der Umbau in vollem Gange“, erklärt Geschäftsführerin Christiane Hammoudi. Wie der Kreisverband weiter mitteilt, handelt das DRK im Auftrag des Rhein-Neckar-Kreises. Die Einrichtung ist die erste ihrer Art im Rhein-Neckar-Kreis.
Ilvesheimer Familienzentrum mit 28 Familienplätze
Wenn alles nach Plan läuft, ist das Familienzentrum im Herbst 2025 fertig sein. „Es entstehen insgesamt 28 Familienplätze für Frauen und Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind“, erklärt Hammoudi weiter. Es gibt aber einen wichtigen Unterschied zu klassischen „Frauenhäusern“, wie sie im Volksmund genannt werden. Das Familienzentrum verfügt über zwei Teile. Im öffentlichen befinden sich eine Beratungsstelle sowie ein Begegnungszentrum. Im nicht-öffentlichen Teil sind die Schutzräume untergebracht.
Der Standort und die Nutzung der Immobilie seien nicht geheim, sagt Hammoudi über das Gebäude in der Schlossstraße 5. Die Sicherheit sei trotzdem gewährleistet, da mit „höchsten und modernen Standards dafür gesorgt wird, dass der Schutzraum für die Betroffenen gegeben ist“. Mit dem offenen Konzept wolle das DRK ein Zeichen für Sichtbarkeit und gegen Stigmatisierung setzen, so die Geschäftsführerin weiter.
Die Kosten gibt das DRK mit rund 3,5 Millionen Euro an, zwei Millionen werden von der Hector Stiftung finanziert, 1,5 Millionen kommen vom Land. „Wir sind derzeit völlig im Budget, bei gleichzeitig sehr hohen Qualitätsstandards“, erklärt Hammoudi.
Familienzentrum Ilvesheim: Für Ausstattung braucht es Spenden
Sie ist zuversichtlich, dass die Kosten nicht weiter in die Höhe gehen. In der Vergangenheit hatte der Bauherr mit enormen Preissteigerungen zu kämpfen, ausgelöst durch Pandemie und Ukraine-Krieg. Trotz Stiftung und Landesförderung gibt es eine Spendenkampagne.
„Im Budget ist nämlich keine Ausstattung enthalten“, sagt Hammoudi. Sie ist zugleich optimistisch, dass genug Geld zusammenkommt. Wer etwas beitragen möchte, kann sich unter folgendem Link informieren: bit.ly/48aXVsU. Dieser führt auf die Plattform Betterplace, wo jeder, der möchte, spenden kann.
Das DRK ist mit dem Baufortschritt zufrieden - die Abbrucharbeiten sind abgeschlossen. „Das Hinterhaus ist schon völlig entkernt, da geht es nun an den Aufbau“, berichtet Hammoudi. Zwischenzeitlich hatte man Sorge um die Statik der Nachbarhäuser. „Das ist aber alles okay und geklärt.“
Wie aus den Bauunterlagen hervorgeht, werden im rückwärtigen Bereich ein Turm mit Aufzug sowie ein Bürogebäude entstehen. „Wir mussten lange auf die Baugenehmigung vom Kreis warten, Herr Tholé aus dem Ilvesheimer Bauamt hat uns hier aber sehr gut unterstützt“, zeigt sich Hammoudi dankbar. Die Geschäftsführerin des Kreisverbands kann sich gut vorstellen, ein Richtfest abzuhalten, sobald der Rohbau abgeschlossen ist. Möglicherweise kann dann sogar die Öffentlichkeit kurz einen Blick hinter die Kulissen werden - bevor die Schutzräume ihrer Funktion übergeben werden und für die meisten Menschen verschlossen bleiben.
In einer Mitteilung beschreibt das DRK die Schutzräume so: „Frauen und Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, erhalten ein vorübergehendes Wohnangebot gemeinsam mit anderen Betroffenen und werden dabei begleitet, eigenverantwortlich ihre Lebenssituation neu zu ordnen.“ Die Nachfrage im Rhein-Neckar-Kreis sei enorm, sagt Hammoudi: „Wenn das Zentrum in Ilvesheim besteht, haben wir immer noch einen Bedarf von 20 Plätzen.“
Beratungsstelle vermittelt weitere Hilfsangebote
Zum öffentlichen Teil des Gebäudes gehört ein Begegnungszentrum. „Diese Räume können auch kleinere Vereine oder Initiativen für ihre Angebote nutzen“, sagt Springer. Man wolle „aktiv“ Begegnung schaffen. Neben dem Begegnungszentrum soll es auch eine Beratungsstelle geben. Diese kann Frauen ab 14 Jahren beraten, die von häuslicher und sexualisierter Gewalt betroffen sind. Die psychosoziale Beratung gibt unter anderem Informationen über Rechte und Hilfen und mögliche Schutzmaßnahmen, vermittelt auch an andere Angebote weiter“, heißt es in einer DRK-Mitteilung.
Als Hammoudi vor wenigen Wochen im Ilvesheimer Verwaltungsausschuss zu Gast war, gab sie interessante Einblicke - auch in die Arbeit mit Menschen, die von Gewalt betroffen sind. „Man darf nicht unterschätzen, auch Seniorinnen sind davon betroffen. Dafür braucht es ein Bewusstsein.“ Hammoudi erzählte von einer 70-jährigen Frau, die in ihrer Ehe jahrelang unterdrückt worden sei. Mittlerweile habe sie sich daraus befreit, dürfe zum Beispiel ihre Muttersprache wieder sprechen. „Sie ist wie ausgewechselt“, sagt Hammoudi und fügt hinzu: „Wenn ich so etwas sehe, da geht mir das Herz auf.“
Spenden für Innenausstattung möglich unter: bit.ly/48aXVsU
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