Hirschberg. Eigentlich helfen Bettina Morlock und Andreas Hüller lieber anderen Menschen. Sie zieren sich, selbst Hilfe anzunehmen. Was sie allerdings seit Freitag an Hilfsbereitschaft erfahren haben, rührt und überwältigt sie zutiefst.
An diesem Morgen gegen 3 Uhr ändert sich das Leben des Paares schlagartig. Ihr achtjähriger Hund „Dancer“, ein Kurzhaariger Ungarischer Vorstehhund, wurde unruhig. Der 56-jährige Hüller spürte dies und wurde wach. Als er die Tür zum Wohnzimmer öffnete, schlugen ihm bereits die Flammen entgegen. „Ich habe meine Lebensgefährtin geweckt und gesagt: nix wie raus.“
Ohne lange nachzudenken, geschweige denn etwas mitzunehmen, rannten sie auf die Straße. Er hatte nicht einmal ein T-Shirt an, sie war barfuß. Der Dachstuhl von Hüllers Elternhaus in der Bahnhofstraße 18 stand in Flammen. Die Feuerwehren aus Hirschberg, Schriesheim, Heddesheim und Weinheim, das Deutsche Rote Kreuz und das Technische Hilfswerk rückten an, um Schlimmeres zu verhindern (wir berichteten). Verletzt wurde bei dem Großbrand zum Glück niemand, denn der Mann aus der unteren Wohnung war zum Zeitpunkt des Brandes nicht da und das Immobilienbüro im Erdgeschoss war ebenfalls leer.
Freundin ruft umgehend Spendenaktion ins Leben
Vier Tage nach dem Dachstuhlbrand treffen wir Bettina, Andreas und Jennifer Geißler. Letztere hat schon am Freitag eine Spendenaktion ins Leben gerufen, für die inzwischen bereits mehr als 10.000 Euro eingezahlt wurden. Vor dem Haus befindet sich ein metallenes Absperrgitter mit rot-weißem Band. Die Eingangstür ist mit einem Brett verschlossen. Als das Paar über den Brand am Freitag ganz offen redet, spüren beide, was für ein Glück sie gehabt haben.
„Die ersten Tage waren sehr schwer. So langsam realisieren wir, was passiert ist“, sind sich Bettina und Andreas, die bislang sehr viel Solidarität erfahren haben, sicher. „Schon am Freitag bekamen wir Kleidung von einer Nachbarin. Wir hatten ja alles verloren. Auch ein Briefkuvert mit Geld hat mir jemand in die Hand gedrückt“, erinnert sich Hüller. Sein Neffe Rick Schwarzenberger und dessen Freundin Jennifer Geißler boten ihnen sofort Unterkunft in der Heidelberger Straße an: „Wir renovieren gerade unser Kinderzimmer. Das können sie jetzt nutzen“, erzählt Jennifer. Bettina und Andreas umarmen und drücken sie ganz fest. „Jennifer und Rick haben für uns seit Freitag so viel getan. Sie haben unzählige Telefonate für uns geführt, weil unsere Handys kaputt sind“, erläutert die 55-jährige Bettina Morlock.
Spenden
- Die Internetadresse für die Spendenaktion von Jennifer Geißler lautet: https://www.gofundme.com/f/6dy6vb-hilfe-nach-vollbrand.
- Das Spendenkonto von „Hirschberg hilft“ heißt: Betreff: Hilfe nach Vollbrand Andreas Hüller/Bettina Morlock – Spendenkonto: Volksbank Kurpfalz eG IBAN: DE92 6709 2300 0033 4856 62.
Dass Hirschberg in solchen schlimmen Fällen zusammenhält, wird seit Freitag unter Beweis gestellt. Der Verein „Hirschberg hilft“ überwies sofort Geld und stellte Handys zur Verfügung, bis das Paar wieder neue bekommt. Die Gemeinde half ebenfalls sehr unbürokratisch und schnell. „Am Freitag fuhr jemand vorbei und ich hielt meine Meldebescheinigung und meine Geburtsurkunde in der Hand“, freut sich Hüller. Denn neben Möbeln und Kleidung wurden auch sämtliche persönlichen Dokumente vernichtet. Und die bekommt man nicht innerhalb weniger Stunden ersetzt. Es dauert noch, bis das Paar wieder alles hat.
Bettina Morlock, die im Weinheimer Bodelschwingh-Heim arbeitet, freut sich auch über die Unterstützung ihres Arbeitgebers: „Die hätten uns ein Zimmer in einer WG der Anlage am Weinheimer Schloss angeboten sowie ein Auto aus dem Fuhrpark zur Verfügung gestellt.“
Der Schaden ist groß, die Hilfe überwältigend
Zu Schäden oder der Brandursache konnte das Paar nichts sagen. In ersten Schätzungen sprach die Polizei von 250.000 Euro. „Ich denke, das liegt viel höher“, meint Hüller. Das Elternhaus darf er derzeit nicht betreten. Erst wenn die Brandermittler von Polizei und Versicherung alles inspiziert haben, ist dies wieder möglich. Die Begehung sollte am Donnerstag stattfinden. Dazu sollte auch ein Gutachter kommen, der das Haus schätzt. Hüller rechnet angesichts des großen Schadens nicht damit, noch in diesem Jahr mit seiner Lebensgefährtin wieder in die Dachwohnung einzuziehen. „Eventuell ziehen wir in die untere Wohnung. Das müssen wir erst einmal abwarten.“
Morlock und Hüller äußern sich abschließend nochmals zur wahnsinnig tollen Hilfsbereitschaft: „Wir können den Einsatzkräften von Feuerwehr, dem Deutschen Roten Kreuz und dem Technischen Hilfswerk nur danken. Auch der Gemeinde sowie allen Spendern und Nachbarn sind wir sehr dankbar“, sagen sie gerührt.
Für die 30-jährige Jennifer Geißler war sofort klar, dass sie helfen muss, denn Bettina und Andreas haben fast alles verloren. Sie startete am Freitag um 10 Uhr auf der digitalen Spendenplattform „GoFundMe“ eine Aktion. „Bereits um 10.44 Uhr gab es die erste Einzahlung“, freut sie sich.
Als Spendenziel werden 20.000 Euro genannt. Mittlerweile hat auch der Verein „Hirschberg hilft“ ein Spendenkonto eingerichtet, auf welches Menschen einzahlen können, die Bettina Morlock und Andreas Hüller finanziell unterstützen wollen.
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